Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
würde. Und in der oberen Hälfte schien sich ein Fenster zu befinden.
    Er war bei 15 angekommen. Er nahm an, dass der Abstand vom Hauptgebäude ihm weniger als sechzig Sekunden ließ, bevor die Wachen ankamen. Er sprintete zur Tür, entschlossen, wenigstens einen Blick auf das zu werfen, was sich auf der anderen Seite befand.

16
    »Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig …«
    Er setzte die Uhr in seinem Kopf wieder auf null und zählte die Sekunden genauso herunter, wie er es immer bei einer Herzmassage in der Notaufnahme tat. Er machte drei große Schritte pro Sekunde und hatte 20 Meter hinter sich gebracht, als ihm plötzlich ein Krampf in die linke Wade schoss und sich seine Sehnen spannten wie auf der Folterbank.
    »Scheiße!«, schrie er und stolperte, als ob ihn jemand von hinten gestoßen hätte. Es gelang ihm, auf den Beinen zu bleiben, und er lief hinkend weiter, und als er bis 15 gezählt hatte, hatte er kaum die halbe Strecke zurückgelegt. Bei dieser Geschwindigkeit werde ich den Wachleuten nicht entkommen, dachte er, nicht, wenn sie schon unterwegs sind.
    Während er den Gang entlanghinkte, suchte er nach einem anderen Weg, der links abzweigte, in der Hoffnung, dass es vielleicht eine Abkürzung nach draußen geben könnte. Er entdeckte jedoch nichts. Tatsächlich gab es überhaupt keine anderen Ausgänge oder Korridore. Merkwürdig, dachte er. Solch ein langer Tunnel und nichts anderes als eine einsame Tür an seinem Ende. Als ob zwischen dem, was dahinter vor sich ging, und dem Hauptgebäude so viel Abstand wie möglich liegen sollte. Seine Neugier wurde riesig, er war bei 25 angekommen, und seine Schuhsohlen quietschten laut auf dem Linoleum.
    Über seinem Kopf entdeckte er ein winziges Licht, das in der Dunkelheit wie Kohlenglut rot leuchtete. Als er den Strahl seiner Taschenlampe darauf lenkte, beleuchtete er eine Kamera, die direkt auf ihn gerichtet war. Na gut, wenn die Wachen noch nicht gemerkt hatten, dass es einen Eindringling gab, dann wussten sie es jetzt. Er beschleunigte, und bei jedem Schritt verkrampfte sich der steinharte, zusammengezogene Muskel, sein Atem ging stoßweise.
    Als er sich der Tür näherte, konzentrierte er den wild umhertanzenden Strahl seiner Taschenlampe auf den Türgriff und entdeckte einen Ziffernblock. Von ähnlichen Zahlenschlössern im Krankenhaus wusste er, dass man zum Öffnen einen vierstelligen Zahlencode benötigte, und fand sich damit ab, dass es ohne die Kombination kein Hineinkommen gab. Er zog die Kamera aus der Tasche, die er am Nachmittag gekauft hatte.
    Es war immer noch nichts von Wachen hinter ihm im Gang zu hören. Vielleicht entdecken sie die Stelle, wo ich den Zaun aufgeschnitten habe, dachte er. Wenn ja, sitze ich in der Falle. Was dann? Eine Kugel in den Kopf … oder werden sie die Polizei rufen und mich des Einbruchs beschuldigen? Wenn er vorbestraft war, würde man ihm die Approbation entziehen, und er könnte nicht mehr als Arzt arbeiten. Wenn Chet nicht da wäre, lamentierte er, dann würde ich die Kugel vorziehen.
    Nach 40 Sekunden erreichte er die Tür. Die dicke Fensterscheibe schien aus Plexiglas zu sein und streute das Licht, als er den Strahl seiner Taschenlampe in dem Raum hinter der Tür herumwandern ließ. Er konnte Spinde, Bänke und einen Karren erkennen, der mit Kleidungsstücken voll gestopft war, die wie grüne Operationskittel aussahen, dazu noch Schachteln mit Einweghandschuhen aus Latex. Es sah aus wie im Umkleideraum eines Operationssaales.
    Er lenkte das Licht auf den hinteren Teil und sah Fenster auf beiden Seiten einer weiteren Tür, die ebenfalls wie ein Sicherheitsschott aussah. Wieder machte die Lichtstreuung es schwierig, etwas zu sehen, aber durch die Fenster erkannte er Labortische, Abzugshauben, Regale voller Reagenzgläser und sogar einen ofenartigen Brutschrank – dieselbe Ausrüstung, wie man sie im bakteriologischen oder virologischen Labor jedes Krankenhauses findet. Aber als er den Lichtstrahl durch das zweite Fenster lenkte, sah er einen Raum voller Röhren und Einfüllstutzen und dahinter ein drittes, luftdichtes Schott, und das war ganz anders als alle Krankenhauseinrichtungen, die er jemals gesehen hatte.
    Als er den Lichtstrahl weiter nach rechts schwenkte, erschrak er, denn im Lichtkreis entdeckte er etwas, das wie eine Reihe menschlicher Häute aussah, die schlaff an der Wand hingen. Er erkannte schnell, dass es ein Dutzend silbergrauer Schutzanzüge waren, und an jedem waren Handschuhe,

Weitere Kostenlose Bücher