Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
das Klopfen ihrer Fingerknöchel auf dem Holz lösten sich Teilchen der abblätternden Farbe von der sonnenverbrannten Oberfläche.
    Aus dem dunklen Innern kam nur Schweigen.
    Sie ging ein paar Schritte zurück und sah gerade noch rechtzeitig nach oben, um eine Hand zu sehen, die den Vorhang losließ, der sich bereits vor ein paar Minuten bewegt hatte. »Mr. Hacket?«, rief sie. »Ich bin Dr. Sullivan. Das Gesundheitsministerium hat mich gebeten, mit Ihnen zu sprechen. Ich untersuche den Ausbruch von Hühnergrippe, der sich hier vor achtzehn Monaten ereignet hat.«
    Immer noch nichts.
    Verdammt!, dachte sie und überlegte, ob sie einfach zu dem Gelände, das sich um den Hühnerstall erstreckte, gehen, ihre Proben nehmen und wieder gehen sollte. Sie war extra ein paar Tage früher zur Konferenz angereist, um solche Proben und so viele Informationen wie möglich über den Fall zu sammeln. Sie hatte es sogar arrangiert, dass sie ein genetisches Labor in der Universität benutzen und mit allem, was sie lieferte, eine Polymerase-Kettenreaktion durchführen konnte – alles in der Hoffnung, genetische Vektoren zu finden und zu demonstrieren, wie sie eine Krankheit dazu bringen konnte, die Artengrenze zu überspringen. Sie hatte sogar Azrhan, ihren Assistenten, gebeten, sie zu begleiten und ihr bei der Arbeit zu helfen, aber er hatte sie gebeten, ihm freizugeben. »Meine Eltern kommen aus Kuwait zu Besuch, und ich kann sie unmöglich in New York allein lassen«, erklärte er. Dabei klang er unglücklich, weil er die spannende Konferenz und ihre Ereignisse verpassen würde.
    Vor 18 Monaten, als bekannt wurde, dass die Hühnergrippe auf Oahu die Artengrenze übersprungen hatte, hatte sie das Planungskomitee gedrängt, sich für Hawaii als Tagungsort zu entscheiden. Es war nur ein Kandidat von mehreren, die in Betracht gezogen wurden. »Es ist immerhin ein starkes Argument, dass wir, wenn solche Überschreitungen auch durch Zufall ohne Hilfe eines genetischen Vektors stattfinden können, sicherlich die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass solche Katastrophen mit ihrer Hilfe viel leichter passieren können. Und welch besseren Weg könnte es geben, die Gefahren des horizontalen Gentransfers klarzumachen«, hatte sie damals argumentiert, »als die Kliniker und Wissenschaftler mit einzubeziehen, die die daraus entstandene Infektion so erfolgreich eingedämmt haben? Wenn man sie die Geschichte in eben der Stadt erzählen lässt, wo der tödliche Genaustausch tatsächlich stattgefunden hat, wird die abstrakte Gefahr für jeden anwesenden Delegierten erschreckend real.« Ihre Absicht, vor Ort Untersuchungen durchzuführen, behielt sie für sich, da ihr klar war, dass die UN-Körperschaft eine solche Kontroverse scheuen würde.
    Schlurfende Schritte auf der anderen Seite der Tür rissen sie aus ihren Gedanken. Sie hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte, und die Tür öffnete sich einen Spalt weit. Eine feuchte Kühle schlug ihr entgegen, begleitet von einem dumpfen Modergeruch.
    »Mr. Hacket?«
    Der Spalt öffnete sich weit genug, dass sie einen gebeugten, alten Mann mit hagerem, spitzem Gesicht erkennen konnte, der sie aus tief liegenden Augen ansah. Der anfängliche Geruch aus dem Inneren des Hauses wurde stärker: das säuerliche Aroma ungewaschener Haut, Zigarettenrauch mit einem Unterton abgestandenen Urins. »Was wollen Sie?«, fragte er mit feindseliger, hoher Stimme, die fast wie die einer Frau klang.
    »Mr. Hacket, ich untersuche den Hühnergrippeausbruch –«
    »Damit will ich nichts mehr zu tun haben. Die verdammten Nachbarn wollen nicht einmal mehr mit mir reden – sie sagen, dass ich daran schuld bin und dass alle ihre Hühner getötet worden sind. Verschwinden Sie von hier. Ich will nicht, dass Sie oder irgendwer sonst den ganzen Ärger noch mal aufrührt –«
    »Mr. Hacket, ich möchte nur ein paar Proben vom Boden und den Pflanzen rund um den Stall nehmen, wo Sie die Hühner gehalten haben –«
    »Wozu?« Seine buschigen Augenbrauen zogen sich zu Bögen zusammen wie der Rücken eines wütenden Straßenkaters.
    »Weil wir den Verdacht haben, dass irgendetwas das Virus so verändert hat, dass es Menschen angreift.«
    »Was hat es verändert?«
    Oh, Bruder, dachte sie. Wie soll ich einem Einsiedler Genetik erklären? »Also, das ist kompliziert, aber einige Firmen verändern die Genstruktur von Nahrungsmitteln, und die Vektoren, die sie verwenden –«
    »Sie meinen diesen Frankenstein-Fraß,

Weitere Kostenlose Bücher