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Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
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Kunstledersofa gesessen und auf Starks
unversehrte Rückkehr gewartet.
    „Sind Sie sicher, dass ich
nicht zuerst reingehen sollte?“, flüsterte Schönborn erneut.
    Tanja drehte sich genervt
um: „Warum wollen Sie denn unbedingt vor mir in das Haus?“
    Schönborn legte die Stirn in
Falten: „Nun ja, weil ich der Mann bin?“
    Tanja, die gut einen Kopf
größer war, als der untersetzte Biochemiker, warf ihm einen Blick zu, der
weitere Worte vollkommen überflüssig machte.
    Nachdem die
Aufgabenverteilung geklärt war, lenkte sie ihre Konzentration wieder auf das
Hausinnere. Durch den schmalen Spalt war weder etwas Ungewöhnliches zu sehen,
noch konnte sie irgendein Geräusch aus dem Haus hören.
    „Vielleicht ist er gerade
nicht da“, dachte Tanja.
    Auch die Tür nicht
ordentlich zu schließen kam gelegentlich vor, war also nichts Ungewöhnliches.
Je mehr sie darüber nachdachte, desto weniger plausibel kamen ihr ihre Gedanken
vor. Unsicherheit kroch, wie eine Horde Ameisen, an ihr hoch. Tanja führte ihre
zittrigen Finger an die Tür und drückte sie vorsichtig auf. In Windeseile ließ
sie ihren Blick durch den Raum schweifen, während Schönborn wie eine Klette an
ihr klebte. Nichts schien verändert oder gar verdächtig zu sein. Tanja zuckte
mit den Achseln und betrat das Haus. Erneut sondierte sie den Raum mit demselben
Ergebnis. Obwohl sich Tanja jetzt sicher fühlen hätte müssen, stieg das flaue
Gefühl in ihrer Magengegend immer höher. Eigentlich war sie niemand, der einem
Bauchgefühl mehr, als nackten Tatsachen und Fakten Glauben schenkte, aber
irgendetwas in ihr ließ sämtliche Alarmglocken läuten.
    Sie befand sich bereits auf
dem Weg zur Treppe in den ersten Stock, als sie abrupt innehielt. Sie schwenkte
nach links und nahm den Weg zur Küche, ohne zu wissen, was sie dorthin trieb.
Für einen Moment verharrte sie vor der cremefarbenen Falttür, bis sie sie mit
zusammengebissenen Zähnen schließlich öffnete. In dem Moment, als sie die Tür
zur Seite schob, tauchte die Unregelmäßigkeit vor ihrem geistigen Augen auf,
die sie nicht erklären hatte können, aber stets da gewesen war. Der bunte
Flickenteppich hinter der Eingangstür, in seinen grässlich bunten Mustern,
fehlte. Tanja wollte bereits kehrt machen, doch es war zu spät. Die Falttür
stand offen.
    Tanjas Augen weiteten sich
entsetzt. Brechreiz kroch in ihrer Kehle hoch. Das Summen in ihren Ohren
verhinderte es den schockierten Aufschrei von Schönborn zu hören. Tanja blickte
zu ihren Füßen. Sie stand in einer Lache geronnen Blutes. Wie Gelee legte sich
die zähe, rote Flüssigkeit über ihre weißen Sportschuhe. Um sicherzugehen,
nicht zu träumen, oder gar zu halluzinieren hob sie einen Fuß an. Rote Fäden
zogen sich vom Fußboden zu den Sohlen ihrer Schuhe. Tanja schloss für einen
Moment die Augen. Sie wagte es nicht aufzusehen. In ihrem Inneren wusste sie,
was ihr nun bevorstand, doch sie versucht mit allen Mitteln, diesen Moment noch
hinauszuzögern. Noch hatte sie das, was sie erwartete nicht gesehen. Noch
konnte es nichts weiter als eine Fehlinterpretation der Lage sein. Noch mehr,
als jetzt nicht hier sein zu müssen, wünschte sie sich Gabriel her. Er wusste
in solchen Situationen immer, was zu tun war. Wann immer sie drohte, schiffbrüchig
auf das weite Meer zu treiben, war er stets der Anker gewesen, der sie gerettet
hatte. Tanja tat einen Schritt nach vorne, setzte auch ihren zweiten Fuß
vorsichtig in der klebrigen roten Masse ab, als träte sie auf eine Miene und
blickte mit zittrigen Lippen um die Ecke. Würgend drehte sich sie weg, rutschte
in der Lache und zog mit ihrem Bein eine rote Spur über den Laminatboden. Sie
streckte ihren Arm und fasste rettend mit ihrer Hand an den Türstock. Als sie
das Gleichgewicht wieder erlangt hatte, ließ sie ihren Kopf in ihre Arme
sinken. Ihre Lungen befahlen ihr tief einzuatmen, um den beschleunigten
Kreislauf mit Sauerstoff zu versorgen, ihr Geist aber befahl ihr die Luft
anzuhalten, um den schalen Geruch des Todes nicht in ihren Körper strömen zu
lassen. Das Bildnis dessen, was sie gerade gesehen hatte, blitzte ohne
Vorwarnung vor ihr auf. Verbissen kniff sie beide Augen zusammen, nur um
abermals die ausgeweidete Leiche, ausgestreckt auf dem Küchentisch, liegen zu
sehen.
    Schönborn, der sich stets
hinter ihr gehalten hatte, schien es ähnlich zu ergehen. In das Wohnzimmer
zurückgewichen, war er dort völlig regungslos verharrt.
    Tanja zwang sich, wieder
klar zu denken,

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