Der unsichtbare Feind (German Edition)
Virologen zu, fasste den Stein und
kroch durch das winzige Loch im Zaun.
Noch im
Schutz des wild wuchernden Strauches beobachtete er den Wachmann. Der Mann in
Kampfanzug drückte ein Fernglas gegen seine Augen und spähte in die Ferne.
Genau auf
diesen Moment hatte Stark gewartet. Er nahm die fünf Meter zum Turm in drei
weiten Schritten. Direkt unter dem Holzkonstrukt verharrte er für einen Moment.
Haslauer lag noch genau an derselben Stelle, geschützt unter dem Blätterdach
des Strauches, an der er ihn zurückgelassen hatte. Mit nach oben zeigenden
Daumen sprach er Stark Mut zu.
Stark lies
seinen Blick über das Holzkonstrukt, das ihn umgab, schweifen. Die Kanzel, in
der der Mann Wache hielt, war nach allen Seiten offen, von ihr führte eine
Leiter herab, die für Stark untergeordnete Wichtigkeit besaß. Die Kanzel stand
auf vier Hauptträgern, die durch sich kreuzenden Pfosten versteift waren. Trotz
seiner Niedergeschlagenheit kletterte Stark an den gekreuzten Balken empor, bis
er an der, einen halben Meter hohen Kanzelwand, hing. Ein Blick zu Haslauer,
der das Geschehen neugierig verfolgte, reichte, um zu wissen, dass die Wache
gerade mit dem Rücken zu ihm stand. Stark nahm all seine Kraft zusammen, zog
sich mit den Armen hoch und setzte über die Wand. Der erschrockene Wachmann
fuhr mit weit aufgerissenen Augen herum. Bevor er noch zu seiner sperrigen
Waffe greifen konnte, hatte Stark den faustgroßen Stein in der Hand und
schleuderte ihn dem Mann gegen die Brust. Das Knacken der Rippen bohrte sich in
Starks Ohren. Der Mann ging, begleitet vom säuselnden Geräusch der sich
leerenden Lungen in die Knie. Stark warf sich über ihn und ließ den Stein
erneut auf ihn schnellen. Der Schlag zwischen die Schulterblätter ließ den Mann
kopfüber nach vorne schnellen, wo er reglos liegen blieb. Stark klemmte das
Kabel, das von der Funkeinheit zu den Gebäuden führte ab, und durchsuchte den
Mann nach weiteren Kommunikationsmedien. Dann nahm er denselben Weg zurück, auf
dem er gekommen war.
Mit einer
Handbewegung deutete er Haslauer nachzukommen. Der alternde Doktor kroch in
abgehackten Bewegungen durch das schmale Loch im Zaun. Er musste sich mit beiden
Händen am Boden abstützen, um wieder auf die Beine zu kommen.
„Wenn Sie
in Ihrem Gesundheitszustand bereits zu solchen, ich will fast sagen, Stunts
fähig sind, was wäre erst, wenn Sie vollkommen gesund wären?“, fragte Haslauer
überzeugt.
Stark
zuckte die Achseln. Er war bereits in die weitere Umsetzung seines Planes vertieft.
Eigentlich, so dachte Stark, war es doch ganz einfach. Sie mussten doch nur in
das Gebäude gelangen, im Labor die Dateien nach den exakten Beschreibungen von
Schönborn herunterladen und diese dem Biochemiker und Tanja überbringen. Mehr
war nicht mehr zu tun. In ein bis zwei Stunden wäre für ihn die Geschichte
erledigt und nach ein paar Tagen Genesungszeit könnte er sich dann endlich
wieder seinem eigentlichen Auftrag, dem Dreifachmord widmen.
Zweifel
überfluteten Stark: „Nach ein paar Tagen Genesungszeit“, hallte es in ihm
wieder, „Wer sagt, dass ich das überlebe? Hunderte von Menschen haben das
nicht.“
Stark
schob die wenig hilfreichen Gedanken beiseite und starrte mit bohrendem Blicken
auf das weiße Gebäude: „Es sind keine Wachen weit und breit, die uns sehen
könnten. Vorausgesetzt es sind hier nirgendwo Kameras montiert, können wir zum
Gebäude gelangen, ohne gesehen zu werden.“
„Sie
meinen einfach laufen?“, fragte Haslauer mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, was
denn sonst?“, erwiderte Stark, „Haben Sie geglaubt ich grabe einen Tunnel?“
Haslauer
schüttelte den Kopf: „Sie haben mich bisher nur immer wieder überrascht, da
dachte ich nicht an die banalste aller Möglichkeit.“
„Tja, man
lernt nie aus“, antwortete Stark wie aus der Pistole geschossen, „sind Sie
bereit Doktor?“
Haslauer
trat von einem Bein zum anderen, als wolle er sich aufwärmen: „Ja bereit“,
sagte er, „Und ich hoffe meine Hüften sind es auch“, fügte er ergänzend hinzu.
Noch ehe
Haslauer Luft holen konnte, rannte Stark los, was das Zeug hielt. Haslauer
stieß einen kehligen Schrei aus und folgte ihm. Stark war gut und gerne fünf
bis zehn Meter voran. Immer wieder ließ er seinen Blick über das Gelände
streifen, dann richtete er ihn wieder verbissen auf das Gebäude mit den grünen
Toren. Das schnaubende Geräusch hinter ihm verriet Stark, dass Haslauer nach
wie vor dicht bei ihm
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