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Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
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der
Schaufensterscheibe wieder. Er rückte den Oberlippenbart zurecht, bevor er mit
den Fingern fest darauf drückte, bis der Kleber getrocknet war: „Wie sehe ich
aus?“, wollte er wissen.
    „Der König unter den
Vagabunden“, kicherte Tanja und zupfte am Barthaarimitat an Starks Lippen, bis
es zerzaust und ungepflegt wirkte.
    Es war Starks Idee gewesen,
die Mordserie an zweiter Stelle zu reihen und stattdessen dem seltsamen Virus, das
nicht in das Geschehen passen wollte, weiter auf die Schliche zu gehen.
    Weil auch hier die
Anhaltspunkte mehr als dürftig waren, Haslauer war tot und es wurde keine
Virenprobe bei ihm gefunden, hatte er beschlossen, sich in der Obdachlosenszene
umzuhören. Der Obdachlose, von dem die Proben stammten, wurde in der Nähe des
Karlsplatzes tot aufgefunden. Dort tummelten sich die Randfiguren der
Gesellschaft gerne herum und jeder kannte jeden. Problem war nur, dass niemand
sprach. Erst recht nicht mit der Polizei. Also hatte Stark sich etwas anderes
überlegen müssen. Er hatte ein Spielzeuggeschäft und einen Altkleidercontainer des
Roten Kreuzes aufgesucht und entsprechende Outfits für Tanja und sich selbst
zusammengestellt.
    Stark zog eine Flasche aus seiner
abgewetzten Tasche und nahm einen großen Schluck. Dann reichte er sie Tanja:
„Hier Tanja, spüle deinen Mund damit aus.“
    Als Tanjas Zunge mit der
Flüssigkeit in Berührung kam, verkrampften sich sämtliche Muskeln in ihrem
Gesicht. Was auch immer ihr Stark gegeben hatte, brannte wie loderndes Feuer in
ihrem Mund. Tränenflüssigkeit schoss in ihre Augen, die sie instinktiv fest
zusammenkniff. Hüstelnd spuckte sie das Teufelszeug auf den Gehsteig: „Was ist
das?“, fragte sie angewidert.
    „Apfelkorn“, sagte Stark.
    Sein Blick fiel auf einen laufenden
Fernseher im Schaufenster des Elektronikfachgeschäftes. In die Außenwand
eingelassene Lautsprecherboxen transportierten den Ton der Sendung nach außen.
Er sah gebannt auf den Nachrichtensprecher im Fernsehen und lauschten seinen
Worten: „Eine mysteriöse Grippewelle schlägt in Wien um sich“, verkündete der Mann
in schwarzem Anzug und weißem Hemd, mit sonorer Stimme, „Alleine aus dem Wiener
AKH wurden bereits fünfundneunzig Fälle gemeldet. Dabei dürfte es sich nach
ersten Erkenntnissen um einen besonders aggressiven Erreger handeln. Wiens
Bürgermeister und Landeshauptmann Doktor Michael Pappel hält es für verfrüht
einen Krisenstab einzurichten, man müsse die Situation erst genauer beurteilen,
so das Landesoberhaupt.“
    Der Nachrichtensprecher
pausierte kurz, während er auf die Notizen vor ihm blickte: „Und nun zum Wetter
…“
    Tanja und Stark sahen
einander an. Beide wussten, dass sie nun handeln mussten. Sie mussten
herausfinden was sich hinter dem Virus, der Ermordung von Haslauer, dem
Dreifachmord in der Wiener High Society und dem schwarzen Mann verbarg, und die
Zeit drängte.
    Tanja ballte die Fäuste, bis
ihre Knöchel weiß, wie Elfenbein waren. Sie war entschlossen zu kämpfen, wenn
nötig bis zum bitteren Ende.

Kapitel 21
    „Hey Wandschrank“, zischte
ein Mann mit Bartstoppeln und langem fettigem Haar und wischte sich den
Bierschaum mit dem Ärmel seines dreckigen Shirts von den Lippen, „noch eine
Hülse!“
    Der Wandschrank, der seinen
massigen Körper auf einer Parkbank geparkt hatte, bückte sich nach unten und
griff zu einer weiteren Dose Bier.
    „Da hast du Charlie“, sagte
er und reichte sie ihm.
    Charlies hagere Silhouette
zeichnete im Licht des Vollmondes ab, als er ungeduldig mit seinen Händen
fuchtelte. Gierig verhackte er seine langen, nikotinverfärbten Fingernägel in
den Verschluss der Dose und brach sie auf. Ungeduldig führte er die kreisrunde
Öffnung an seinen Mund und trank in tiefen Schlucken. Bier rann aus seinen
Mundwinkeln über sein Kinn und beträufelte seine Brust. Während er die Dose
absetzte, braute sich ein Grollen in seiner Magengegend zusammen, das in ein
tiefes Rülpsen mündete.
    „Wenigstens bist du dafür zu
gebrauchen, Wandschrank“, sagte er.
    „Ja genau“, sagte die
Gestalt neben ihm, „Dumm wie Stroh!“
    „Aber stark wie ein Ochse“,
kicherte Charlie, „Und du tu nicht so, als hättest du ein Universitätsdiplom,
Jonny!“
    Charlie hielt sich mit dem
Zeigefinger ein Nasenloch zu, holte tief Luft und pustete durch das verbleibende.
Ein Gemisch aus Rotz und Dreck sprühte wie ein Schrotgeschoss aus seiner Nase
und ergoss sich auf der Wiese des Resselpark.
    „Oder soll ich dich

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