Der unsichtbare Killer
typisch, das.«
»Habt ihr die Smartmikrobe platziert?«, fragte Sid.
»Klar, Mann, kein Problem«, sagte Ian. »Diese kleine Cyber-Ameise ist bis hin zu seinem Schuh marschiert und hat seinen Absatz angepeilt. Was für ein Glück, dass das Café seine Meshes abschaltet, während du deine Treffen hast.«
»Ja. Ein Glück. Das haben wir auch mal nötig.«
»Wie lange lassen wir es denn laufen, bis wir etwas von Aldred herunterladen?«, fragte Eva.
»Geben wir ihm noch eine Woche«, sagte Sid. »Wenn er noch einmal mit Sherman redet, wird es bald sein. Wir werden alles gleichzeitig herunterladen und uns anschauen, was wir erwischt haben.«
»Wollen wir hoffen, dass er weiterhin diese Schuhe trägt«, sagte Eva.
»Wir haben unser Bestes getan, Schätzchen«, erwiderte Sid. »Auf die eine oder andere Weise wird das hier bald ein Ende finden.«
»Tallulah hat angerufen«, sagte Ian mit einem breiten Grinsen. »Während ihr euch da drinnen unterhalten habt, hat sie sich gemeldet. Sie sagte, sie würde sich heute Abend mit mir treffen.«
Sid legte Ian einen Arm um die Schulter und schüttelte ihn fröhlich. »Das ist gut, Mann. Wenn ihr beiden so etwas wie die letzte Nacht übersteht, hast du eine echte Chance bei ihr.«
»Also vermassle es nicht«, fügte Eva hinzu. »Wenn du heute Abend mit ihr ausgehst, sei nicht du.«
»Hey!«
»Ich meine es ernst«, sagte Eva. »Sie muss darüber reden. Lass es an diesem Abend nicht nur darum gehen, sie wieder ins Bett zu bekommen. Wenn du willst, dass das von Dauer ist, zeige Interesse an ihr.«
»Da hat sie recht«, meinte Sid grinsend. »Für den Anfang halte dich von den Orten fern, an die du üblicherweise gehst.«
»Klar, Mann«, stöhnte Ian. »Dating-Ratschläge von Verheirateten. Nur immer her damit.«
Donnerstag, 11. April 2143
Der Tau kam ebenso schnell wie unerwartet. Ein Abschnitt mit warmer Luft hatte die Rotverschiebung irgendwie überstanden, und im Laufe der Nacht auf Donnerstag strömten Sturmwinde aus dem Südwesten herein und vertrieben das Polarlicht. Zu diesem Zeitpunkt war Wärme auf dem Kontinent Brogal jedoch schon eine relative Angelegenheit.
Als die warme Luft kurz nach Tagesanbruch Wukang erreichte, waren die Schneemauern rund um die Kuppeln beinahe vier Meter hoch, und der Wind hatte sie zu beeindruckenden, überhängenden Skulpturen geformt, als versuche die Natur, die Wölbung der Bauteile nachzuahmen. Der Ausbruch wärmeren Wetters machte neue Arbeitseinsätze nötig; mit langen Stangen bewaffnet, begannen sie, glitschige Stücke rund um den Scheitelpunkt einer jeden Mauer abzubrechen. Der Schnee verwandelte sich bereits in Matsch und tropfte stark. Sie mussten schnell arbeiten, bevor alles, was überhing, herabstürzte. Dieses Gewicht würden die Bauteile der Kuppeln darunter bestimmt nicht überstehen, die bei Temperaturen unter null von einer zweiten, dünneren Dämmschicht aus Schnee eingeschlossen waren.
Außerhalb der Schneewände tauten die Verwehungen unter dem verkümmerten rosaroten Licht auf, das aus einem klaren Himmel herabschien. Es wirkte, als hätte der Schnee angefangen zu verrotten. Wer draußen unterwegs war, musste feststellen, dass er bis zu den Knien einsank. Die einzigen Fahrzeuge, die sich halbwegs erfolgreich bewegen konnten, waren die mit Ketten ausgestatteten Bulldozer. Vance Elston schickte sie sofort an die Arbeit, um die schweren Verwehungen wegzuschaffen, die sich um den Mikrofaktur-Schuppen und die Qwik-Kabinen gebildet hatten.
Nachdem die Aufräumarbeiten eingeleitet worden waren, berief er ein Treffen der hochrangigen Mitarbeiter im Mikrofaktur-Schuppen ein. In dem langen, rechteckigen Raum war alles bis auf den letzten Platz besetzt. Ophelias Team hatte durchgehend gearbeitet und den Prototyp eines Schlittens ausgedruckt, der von den Fahrzeugen gezogen werden konnte. Dann hatten sie einen dicken, V-förmigen Pflug erstellt, der an die Vorderseite der MTJs gekoppelt werden konnte. Schließlich hatten sie noch breite Reifen mit tiefem Profil entworfen.
»Die Reifen, die wir haben, sind alle zu schmal für diese Bedingungen«, erklärte Leif Davdia, der Leiter der Fahrzeugabteilung. »Die hier können wir problemlos an den MTJs und den Landrovern anbringen. Aber der Tankwagen und die Laster erfordern noch etwas Arbeit. Wenn wir einen Teil der Karosserie rund um die Radkästen entfernen, können wir, glaube ich, eine passende Größe anbringen.«
Vance stand neben einem der Reifen, die für einen MTJ
Weitere Kostenlose Bücher