Der unsichtbare Killer
eingegangen.«
Aldred schützte die Lippen. »Eine Stufe vor der Spitze, was? Du verdienst es. Du hast gute Arbeit geleistet.«
»Gibt es in deiner Abteilung immer noch einem Platz für mich? Ich wüsste eine ehrliche Antwort zu schätzen. Das verdiene ich auch, glaube ich.«
»Sid, wir sind nicht die Mafia. Ich bin immer ehrlich zu dir gewesen, das ist das Schöne an unserer Übereinkunft. Ja, bei Northumberland Interstellar gibt es einen Platz für dich, den wird es immer geben. Kann ich dir etwas raten?«
»Sehr gerne.«
»Bleib ein paar Jahre auf einer Stelle mit Rang fünf, ehe du über einen Transfer zu uns nachdenkst.«
»Okay. Weshalb?«
Aldred wies auf die Straßenszenerie vor dem Fenster. »Sonniger Tag da draußen, schön und warm. Es wird ein weiterer trockener Sommer werden.«
»Das sind sie doch heutzutage alle.«
»Nicht auf St Libra, dort nicht. Unser ganzer Betrieb wird dort gerade im Augenblick heruntergefahren. Wir holen unsere Leute hierher zurück.«
»Ich weiß. Das ist nett von euch.«
»Sid, Northumberland Interstellar ist eine Firma, das ist das Entscheidende. Eigentlich ist es das einzig Wichtige . Wir werden nur Wohltäter, wenn wir dabei einen ordentlichen Steuernachlass bekommen. Wir holen sie zurück, weil die Farmen da draußen genauso tot sind wie unsere Algenfelder. Es ist billiger, unsere Angestellten zurückkommen zu lassen, als ihnen Nahrungsmittel durch das Gateway zu schicken. Für sie ist es billiger, sich ein Mietshaus hier auf dem offenen Markt zu suchen, als für uns, wenn wir ihre tropische Eigentumswohnung mit Dämmmaterial und Strom für eine Heizung ausstatten. Und wenn das alles vorbei ist, wenn die Rotverschiebung ein Ende hat und der Schnee schmilzt, wird es die Hälfte von Highcastle wegspülen. Diese Stadt ist nicht so winterhart wie Newcastle, Sid, sie wurde nicht für kalte Witterung gebaut. Wir werden sie wieder aufbauen müssen. Das könnte uns das Genick brechen, Sid, das könnte ganz Northumberland Interstellar das Genick brechen.«
»Scheiße noch mal. Ernsthaft?«
»Ich weiß es nicht, Sid. Mein Vater weiß es nicht. Niemand weiß es. Nicht einmal all die Analysten, mit denen wir unsere Büros vollstopfen. Aber es wird uns jahrzehntelange Arbeit kosten, uns wieder bis zu dem Status aufzubauen, wie es vor den Sonnenflecken war. Das Geld wird knapp werden. Und wir werden mit den anderen Bioil-Firmen um Kredite rangeln, die ihre Betriebe ausbauen werden, während wir pleite sind. Das kommt noch zu der Rezession hinzu, die wir gerade ausgelöst haben, und von der noch niemand etwas bemerkt hat.«
»Die Rezession?« Sid wünschte sich, er klänge nicht so unwissend.
»Sid, St Libra stellt über sechzig Prozent des Bioils für GE her, und auch eine ganze Menge für andere Staaten. Dieser Hahn ist abgedreht worden. Du wirst Glück haben, wenn du nächsten Winter dein Haus heizen kannst. Wenn du einen Holzofen hast, schlage ich vor, dass du im Sommer anfängst, Bäume zu fällen. Uns stehen zehn sehr harte Jahre bevor. Und aus diesem Grund empfehle ich dir, dass du deinen Job bei der Regierung behältst, der aus jenem ruhmreichen, niemals endenden, unerschöpflichen Geldvorrat der Steuerzahler finanziert wird. Ich kann dir jetzt in diesem Augenblick einen Job garantieren – aber ich kann nicht garantieren, dass die Firma überleben wird.«
»Oh.«
»In der Tat: Oh.«
»Tut mir leid. Mir war nicht klar, wie schlimm es ist. Ich habe nicht aufgepasst.«
»Ich weiß. Vor drei Wochen war der Mord alles, was mir und meinen Brüdern wichtig war; und unser Vater war davon besessen. Nun spielt es für mich nicht einmal mehr eine Rolle. Daher danke für die Arbeit, die du geleistet hast, Sid. Wir werden unsere Freunde nicht vergessen. Aber du musst auf dich selbst und deine Familie achten.«
Sid folgte Aldred aus dem Jamaica Blue Café. Er stand auf dem Bürgersteig und sah dem North nach, wie er zu der Mercedes-Limousine hinüberging, die im Parkbereich für Lieferanten stand. Die Bodyguards schlossen zu ihm auf, als er einstieg, dann fuhr das Auto hinaus in den Verkehr.
Als es in den St Mary’s Place einbog und außer Sicht kam, rückten Eva und Ian hinter Sid an.
»Das war deprimierend«, sagte Eva. »Sechzig Prozent? Ich habe nicht gewusst, dass es so viel war; mein Mann hat gesagt, es wären dreißig. Verdammt, uns stehen harte Zeiten bevor.«
»Brüssel wollte niemals zugeben, wie abhängig wir von St Libra waren«, meinte Ian. »Verflixt
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