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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Fomalhaut-System eintrifft.
Sie griff nach der Abendzeitung, sah sich noch einmal genau den in
höhnischem Tonfall gehaltenen Artikel über das Schiff an, die
Omphalos. Imstande, fünfhundert Personen zu beför- dern,
transportierte sie diesmal nur einen einzigen Mann: den Eigner des
Schiffes. Und, so behauptete der Artikel, der sei auf der Flucht vor
seinen Gläubigern; das sei sein Motiv.
Aber, dachte sie, er kann von Walmaul zurückkommen.
Ohne zu wissen, warum, beneidete sie diesen Mann. Rach- mael ben
Applebaum, schrieb die Zeitung. Wenn wir jetzt mit dir
hinübergehen könnten, dachte sie, wenn wir dich bäten
— Ruhig sagte ihr Ehemann: »Wenn du nicht gehen willst,
Ruth, gehe ich allein. Ich bin es satt, jeden Tag an der
Qualitäts- kontrolle zu sitzen und zu spüren, wie mir eine
Taube in den Nacken atmet.«
Sie seufzte. Und wanderte ziellos in die Gemeinschaftsküche, die
sie mit ihren Nachbarn zur Rechten teilten, den Shorts, um nachzusehen,
ob noch etwas von ihrer monatlichen Ration von dem übrig war, was
die Lieferantenrechnung kurz Kaf-Bn nannte. Synthetische Kaffeebohnen.
Nein. Also machte sie sich statt dessen mürrisch eine Tasse
synthetischen Tees. Inzwischen gingen die Shorts — lärmend
wie immer — in der Küche ein und aus. Und in ihrem Wohn-
zimmer saß ihr Ehemann lauschend vor dem Fernsehgerät, ein
verzücktes Kind, das mit hingebungsvoller, inbrünstiger
Aufmerksamkeit den abendlichen Bericht von Walmaul verfolgte und sich
die neue, die nächste, Welt ansah.
Vermutlich, dachte sie, hat er recht.
Aber etwas tief in ihr sträubte sich instinktiv immer noch. Und
unbehaglich fragte sie sich, warum. Und dann dachte sie wieder an
Rachmael ben Applebaum, der, wie es in der Zeitung hieß, die
Achtzehn-Jahres-Reise ohne Tiefschlaf-Ausrüstung wagen wollte; er
habe versucht, sich eine zu verschaffen, aber es sei ihm nicht
gelungen, schrieb die Zeitung schadenfroh; der Bursche sei als
Unternehmer eine solche Randpersönlichkeit, ein solch unsicherer
Kunde, daß er keinerlei Kredit habe, weder in Poscred-Form noch
anderswie. Der arme Mann, dachte sie. Achtzehn Jahre lang wach und
allein; könnte ihm denn die Firma, die diese Tiefschlaf-Einheiten
herstellt, nicht die Ausrüstung spenden, die er benötigt?
Das Fernsehgerät im Wohnzimmer verkündete: »Denkt
daran, Leute, dort auf der Erde geht es euch wie der kleinen alten
Frau, die in einem Schuh lebte; ihr habt so viele Kinder, Leute, und
was wäre da wohl das beste, was ihr tun könntet?«
Auswandern, entschied Ruth ohne Begeisterung. Ganz offensichtlich.
Und - bald.
v
In der Dunkelheit stieß Rachmael ben Applebaums winziger Flapser
gegen den Rumpf seines einzigen — und noch dazu von den Gerichten
zur Pfändung freigegebenen — Aktivpostens von
wirtschaftlichem Wert, und sofort begannen automatische Mechanismen in
Aktion zu treten. Ein Schott öffnete sich winselnd; innere
Schleusenkammern schlössen sich und wichen dann zurück, als
Luft in Vakuum strömte und es ersetzte und auf seiner Konsole ein
grünes Licht aufleuchtete. Alles in Ordnung.
Er konnte sicher von seinem kläglichen Mietflapser in die Omphalos
umsteigen, die in einem Abstand von .003 astronomischen Einheiten im
antriebslosen Orbit um den Mars hing. Sobald er die Schleusenserie
durchquert hatte — ohne einen Druckanzug oder ein Atemgerät
zu benötigen - , sagte AI Dosker zu ihm, während er ihn
scharf ins Auge faßte, die Laserpistole in der Hand: »Ich
dachte, Sie seien vielleicht ein von AHS untergeschobenes Simulacrum.
Aber wie die EEG- und EKG-Geräte anzeigen, sind Sie keines.«
Er streckte ihm die Hand entgegen; und Rachmael schlug ein. »Also
machen Sie die Reise trotzdem, auch ohne die Tiefschlaf-Komponenten.
Und Sie glauben, daß Sie nach achtzehn Jahren immer noch bei
Verstand sein werden? Ich war's nicht.« Sein dunkles, scharf
geschnittenes Gesicht wirkte mitleidig. »Können Sie nicht
irgendeinen Freund überreden, mitzukommen? Ein anderer Mensch
bloß, und was für ein Unterschied, besonders, wenn es eine
Frau . . .«
»Und dann gibt es Streit«, unterbrach ihn Rachmael,
»und am Ende stehen wir mit einer Leiche da. Ich nehme eine
riesige Unterrichtsspulenbibliothek mit; wenn ich Fomalhaut erreiche,
spreche ich klassisches Griechisch, Latein, Russisch, Italienisch
— ich lese alchimistische Texte des Mittelalters und chinesische
Klassiker des sechsten Jahrhunderts im Original.« Er
lächelte, aber es war ein leeres, erstarrtes Lächeln; er
konnte Dosker, der

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