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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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>Wirklichkeit<, die ihr für bedroht haltet, noch einmal überprüfen. Ja, das Fernsehgerät.« Ihre Stimme war jetzt schroff, überwältigend in ihrem sarkastischen Nachdruck. »Geht da hinein, schaut es euch an, schaut euch diese scheußliche Parodie eines Präsidenten an — zieht ihr das vielleicht einer . . .«
»Wenigstens«, sagte Hank Szantho, »ist es real.«
Ihn von oben bis unten musternd, fragte Gretchen: »Ist es das?« Sie lächelte sardonisch; es war ein völlig unmenschliches Lächeln, und es galt ihnen allen; er sah, wie es den Raum durchstrich, den anklagenden Kreis ihrer Gruppenmitglieder zu Trockenheit verschrumpeln ließ — er sah sie deutlich zurückweichen. Ihn aber schloß es nicht mit ein, auffälliger- weise sparte Gretchen ihn aus, und er spürte die Wirkung, die Bedeutung ihrer Entscheidung, ihn auszulasssen: Er war nicht so wie die anderen, und sie wußte es und er ebenfalls, und es bedeutete etwas, eine ganze Menge. Und er dachte: Ich weiß, was es bedeutet. Sie auch.
Nur wir beide, dachte er; Gretchen Borbman und ich - und das aus gutem Grund. Veränderung, dachte er. Hank Szantho hatte recht.
Auf Gretchens Gesicht umschwenkend, betrachtete er nach- denklich ihre Augen, den Ausdruck darin. Er musterte sie eine unmeßbare Zeit lang, während der sie sich nicht regte: Sie gab schweigend, ohne zu blinzeln, seine feste, forschende, analytische Durchdringung ihres inneren Universums zurück — keiner von ihnen regte sich, und allmählich begann es ihm so vorzukommen, als sei an die Stelle der unnachgiebigen und undurchsichtigen Färbung ihrer Pupillen ein sich öffnender Eingang getreten, auf einmal dehnten sich die buntgefleckten, luminösen Gewebeschichten, in denen ihr Wesen eingelagert schien, aus, um ihn zu vereinnahmen — benommen fiel er halb, fing sich, blinzelte dann und richtete sich wieder auf; keine Worte waren zwischen ihnen gewechselt worden, und doch begriff er jetzt, er hatte recht gehabt. Es stimmte.
Er stand auf, ging unsicheren Schritts davon. Er fand sich das Wohnzimmer mit seinem endlos plärrenden Fernsehgerät betreten — das Ding beherrschte den Raum mit seinem Geheul und Geschrei, das die Fenstervorhänge verzog, die Wände und Teppiche, die einstmals so ansprechenden Keramiklampen . . . — Er spürte die und wurde Augenzeuge der Deformation, die vom zermalmenden Lärm des Fernsehgeräts mit seiner zwang- haft agierenden, zusammengeschrumpften und verkümmerten Gestalt ausging, welche jetzt in beschleunigter Raserei gestikulierte, als ob die Videotechniker zugelassen — oder veranlaßt — hätten, daß das Band mit Maximalgeschwindigkeit ablief. Als es seiner ansichtig wurde, hielt das Bild, das Omar JonesDing, inne. Vorsichtig, wie überrascht, betrachtete es ihn — wenigstens schien es so, unmöglicherweise richtete das Fernsehbild des Koloniepräsidenten seine Aufmerksamkeit ebenso unverwandt auf ihn aus, wie er sich selbst es als Antwort darauf tun fand. Sie beide, gefangen in einer instinktiven, höchst alarmierten Wachheit, keiner von ihnen imstande, auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks wegzusehen . . . als seien, dachte Rachmael, unsere Leben, unser beider körperliche Erhaltung plötzlich auf verheerende Weise und ohne Vorwarnung gefährdet.
Und keiner von uns, begriff er, während er ohne zu blinzeln Omar Jones' Fernsehbild anstarrte, kann entkommen; wir sind beide in der Falle gefangen. Bis einer von uns — was tun kann? Verschwommen, jetzt, da er sich in betäubte Erschöpfung sinken spürte, begannen die beiden gnadenlosen Augen der Fernsehgestalt zu verschmelzen. Die Augen verlagerten sich, rückten zusammen, schoben sich übereinander, bis sie ganz plötzlich ineinanderfließend zu einem deutlich umrissenen einzelnen Auge wurden, dessen Intensität ihn erschreckte; er sah sich einer feuchten, glimmenden Erhabenheit gegenüber, die aus jeder Quelle Licht anzog, Leuchtkraft und Nachdruck aus jeder Richtung und Dimension, und nun war auch die letzte Möglichkeit geschwunden, wegzuschauen.
Hinter ihm erklang Gretchen Borbmans Stimme: »Jetzt verstehen Sie, nicht wahr? Einige der Paraweiten sind . . .« sie zögerte, vielleicht, weil sie es ihm auf möglichst schonende Weise sagen wollte, sie wollte, daß er es erfuhr, aber mit dem geringstmöglichen Schmerz ». . . zuerst schwer zu erkennen«, schloß sie sanft. Ihre Hand, tröstend, beruhigend, ruhte auf seiner Schulter, sie zog ihn weg von dem Bild auf dem Fernsehschirm, der triefenden

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