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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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Rücksicht auf ihre kurz vor der Entbindung stehende Schwester zu verschonen. Aber Hitler lehnte die Bitte in so schroffem Ton ab, daß sie sich fügte: »Du bist der Führer!«
      Das von Mohnke einberufene Standgericht mußte jedoch aufgrund der anhaltenden »Volltrunkenheit des Beschuldigten« abgebrochen werden, und Fegelein wurde zur Ausnüchterung in die Zelle zurückgebracht. Am folgenden Tag wurde er im Keller der nahe gelegenen Dreifaltigkeitskirche durch den GestapoChef Heinrich Müller »scharf verhört«. Während die Vernehmung im Gange war, kam die Nachricht von Himmlers Verrat, und nun war es nicht mehr nur der kleine Koffer mit Schmuck und Devisen aus Fegeleins Wohnung, der ihm zum Verhängnis wurde. Vielmehr fand man bei der Durchsuchung seines Dienstzimmers im Keller der Reichskanzlei auch eine Aktentasche mit Unterlagen, aus denen hervorging, daß der Himmler-Vertraute zu den Mitwissern der schon länger laufenden Fühlungnahmen mit Graf Folke Bernadotte gehörte.
      In seiner Empörung ordnete Hitler daraufhin an, Fegelein ohne Verhandlung auf der Stelle zu erschießen. Kurz vor Mitternacht wurde er von einigen Angehörigen des Reichssicherheitsdienstes aus der Bunkerzelle geholt, in der er festgesetzt worden war, und, während er in ahnungslosem Zorn noch wüst herumschrie, entweder schon im Kellergang oder am Gartenausgang hinter der Reichskanzlei erschossen. Hitlers Vergeltungsverlangen war so unbändig, daß er, als das Exekutionskommando nach wenigen Minuten noch nicht zurück war, mehrfach fragte, wo die Vollzugsmeldung bleibe. »Armer, armer Adolf«, rief Eva Braun, die ihre eigenen Gründe hatte, dem Toten nachzutrauern, »alle haben dich verlassen, alle haben dich verraten!«
      Spätestens in diesen Stunden wurde Hitler endgültig klar, daß es Zeit sei, Schluß zu machen, und wie immer, wenn er nach meist längerem Schwanken zu einem Vorsatz gelangt war, folgten seine Entscheidungen rasch und ohne Zögern. In aller Eile ließ er um Mitternacht das kleine Kartenzimmer für eine standesamtliche Zusammenkunft herrichten. Ein Amtsleiter, der zeitweilig im Gaubüro von Goebbels gearbeitet hatte und, wie man herausfand, in einer nahe stationierten Volkssturmeinheit diente, wurde in einem Panzerfahrzeug herbeigeholt und gebeten, den Führer und Eva Braun zu trauen. Goebbels und Bormann waren die Trauzeugen. Auf die Formalien bedacht, ersuchte das Paar aufgrund der besonderen Umstände um eine Kriegstrauung und erklärte sodann, daß sie beide »rein arischer Abstammung und frei von Erbkrankheiten« seien.
      Nachdem den Anträgen stattgegeben war, wandte sich der Standesbeamte an die Parteien und fragte Hitler wie Eva Braun, ob sie gewillt seien, die Ehe miteinander einzugehen. Als beide bejahten, erklärte er die Ehe vor dem Gesetz »rechtmäßig für geschlossen«. Bei der Unterzeichnung der Urkunden war Eva Braun so verwirrt, daß sie ansetzte, mit ihrem Mädchennamen zu unterschreiben, sich aber besann, den Anfangsbuchstaben B wieder ausstrich und »Eva Hitler, geb. Braun« hinschrieb. Anschließend gingen sie in die Privaträume hinüber, um in Gesellschaft der Generale Krebs und Burgdorf, einiger Adjutanten wie des Obersten von Below sowie der Sekretärinnen etwas zu trinken und sich vergangener Zeiten zu erinnern. Kaum hatte sich die Nachricht von Hitlers Hochzeit herumgesprochen, entschlossen sich im oberen Bunker einige der dort Untergekommenen, es dem Führer nachzumachen, und im Lauf der Nacht fanden mehrere Trauungen statt, bei denen der Staatssekretär im Propagandaministerium Dr. Werner Naumann als Standesbeamter aushalf.
      Der abgeschmackte Einfall der Hochzeit zum Doppelselbstmord, ganz als fürchte Hitler ein illegitimes Totenlager, bezeichnete womöglich den Zeitpunkt, an dem er sich endgültig ergab. Als Führer, hatte er mehrfach erklärt, dürfe er keine persönliche Bindung zu einem menschlichen Wesen eingehen: Die statuarische Vorstellung, die er von seiner Rolle hatte, erlaubte keine Bilder familiären Beisichseins. Diesen Anspruch gab er jetzt auf und damit zugleich den Glauben an seine besondere, vom Schicksal erwählte Berufung. Tatsächlich bemerkte er zu der Hochzeitsrunde, die Idee des Nationalsozialismus sei erledigt und werde nie wieder aufleben. Er selber sehe dem Tod wie einer Befreiung entgegen. Dann verließ er die Gesellschaft, um seinen Letzten Willen zu diktieren.
      Er formulierte sein politisches und sein persönliches Testament. Das eine

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