Der Untergang
war beherrscht von Beteuerungen seiner Unschuld, von Anklagen gegen die »Staatsmänner, die entweder jüdischer Herkunft waren oder für jüdische Interessen arbeiteten«, sowie von Vorwürfen gegen die ebenso »verblendeten wie charakterlosen Subjekte«, die der eigenen Sache in den Rücken gefallen waren. Noch einmal begründete er seinen Entschluß, in der Reichshauptstadt zu bleiben und dort »aus freien Stücken … den Tod zu wählen«. Unter keinen Umständen wolle er den verhaßten »Feinden in die Hände fallen, die zur Erlustigung ihrer verhetzten Massen ein neues, von Juden inszeniertes Schauspiel benötigen«.
Die Heiratsurkunde Hitlers mit den Unterschriften des Paares und Eva
Brauns Schreibfehler.
Zu seinem Nachfolger an der Spitze des Staates und der Wehrmacht ernannte Hitler den Großadmiral Karl Dönitz. Durch den Hinweis, daß in der Marine ein Ehrbegriff gelte, dem jeder Gedanke an Übergabe fremd sei, erteilte er ihm zugleich den Auftrag, den Kampf auch über seinen Tod hinaus bis zum Untergang fortzuführen. Er verstieß Göring und Himmler aus der Partei sowie aus allen ihren Ämtern und berief eine neue Reichsregierung mit Joseph Goebbels als Kanzler und Martin Bormann als Parteiminister. Am Ende appellierte er an die Treue und den Gehorsam aller Deutschen »bis in den Tod« und kam im Schlußsatz noch einmal auf die Obsession zurück, die im buchstäblichen Sinn sein Hirngespinst war: »Vor allem verpflichte ich die Führung der Nation und die Gefolgschaft zur peinlichen Einhaltung der Rassegesetze und zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter aller Völker, das internationale Judentum.«
Hitlers persönliches Testament war wesentlich kürzer. Darin begründete er seinen Entschluß, »jenes Mädchen zur Frau zu nehmen, das nach langen Jahren treuer Freundschaft aus freiem Willen in die schon fast belagerte Stadt hereinkam, um ihr Schicksal mit dem meinen zu teilen«. Im weiteren traf er einige Verfügungen über seine Hinterlassenschaft und ernannte »meinen treuesten Parteigenossen Martin Bormann« zum Testamentsvollstrecker. Das Dokument schloß mit den Worten: »Ich selbst und meine Gattin wählen, um der Schande des Absetzens oder der Kapitulation zu entgehen, den Tod. Es ist unser Wille, sofort an der Stelle verbrannt zu werden, an der ich den größten Teil meiner täglichen Arbeit im Laufe eines zwölfjährigen Dienstes an meinem Volk geleistet habe.« Noch am Vormittag wurden drei Boten mit jeweils einem Exemplar sowohl von Abschriften der Heiratsurkunde als auch von Hitlers letzten Verfügungen losgeschickt; eines war für Dönitz bestimmt, ein weiteres für Feldmarschall Schörner und das dritte
für die Parteizentrale in München.
Einem der Boten, dem Chef des Deutschen Nachrichtenbüros, Heinz Lorenz, übergab Goebbels unmittelbar vor dem Verlassen des Bunkers einen eilig verfertigten »Anhang zum politischen Testament des Führers«. Darin legte er dar, warum er sich entschlossen habe, in Berlin zu bleiben. Er könne es aus menschlichen Gründen, führte er aus, »niemals über das Herz bringen, den Führer in seiner schwersten Stunde allein zu lassen«. In dem »Delirium von Verrat« ringsum müsse es wenigstens einige geben, »die bedingungslos und bis zum Tode zu ihm halten«. Als Vorbild, so glaube er, könne er dem deutschen Volk den besten Dienst erweisen. Das Schreiben schloß mit den Worten: »Aus diesem Grund bringe ich mit meiner Frau und im Namen meiner Kinder, die zu jung sind, um sich selber äußern zu können, die sich aber, wenn sie das nötige Alter dazu besäßen, vorbehaltlos dieser Entscheidung anschließen würden, meinen unverrückbaren Entschluß zum Ausdruck, die Reichshauptstadt, auch wenn sie fällt, nicht zu verlassen und eher an der Seite des Führers ein Leben zu beenden, das für mich persönlich keinen Wert mehr besitzt, wenn ich es nicht im Dienst für den Führer und an seiner Seite zum Einsatz bringen kann.«
Am 29. April, einem strahlenden Frühlingssonntag, meldete der Führungsstab Nord, daß der Häuserkampf im Zentrum von Berlin »Tag und Nacht« tobe. Zu dieser Zeit waren nur noch das engere Regierungsquartier, der Tiergarten, ein schmaler Streifen vom Bahnhof Zoo in westlicher Richtung bis zur Havel sowie einige kleinere Stützpunkte in deutscher Hand. Der Bericht sprach darüber hinaus von »Meutereien« im Südraum sowie von »schärfstem Durchgreifen« und dementierte die von einer Münchener
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