Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
urplötzlich zwischen zwei Fronten: den mächtigen Priestern und Wächtern auf der einen Seite, und dem Fremden auf der anderen Seite, der ihm eine mindestens ebenso große Angst einjagte. Was sollte er jetzt tun?
***
Linan saß verstört in ihrem Zimmer und starrte aus dem kleinen Fenster, das in Richtung Stadtgrenze zeigte. Blitze zuckten und erleuchteten immer wieder einen Wolken verhangenen Himmel, der düster und drohend wirkte.
Dieser Anblick war nichts Ungewöhnliches für Linan, doch an diesem Abend war alles anders. Ihr Leben, das eben noch in festen, überschaubaren Bahnen verlaufen war, stand urplötzlich auf dem Kopf. Immer wieder schoss es durch ihre Gedanken, was ihr Vater gesagt hatte. Dass er ein Pelendar gewesen war. Ein Pelendar !
Es schüttelte sie, wenn sie allein nur diesen Namen dachte. Dass ihr Vater nicht immer Kaufmann gewesen war, hatte sie schon lange gewusst, das hatte er nicht auf Dauer verbergen können. Doch sein Geständnis, zu den Pelendariis gehört zu haben, war das Schlimmste, was er ihr hatte sagen können. Das Schlimmste und das Unverzeihlichste. Eigentlich hätte sie sofort zu den Wächtern gehen müssen und ihn melden, aber da er ihr Vater war, konnte sie das nicht tun. Nein, das würde sie niemals über ihr Herz bringen, egal was er auch tat oder getan hatte.
Eine Träne floss über ihre Wange, die sie achtlos wegwischte. »O Vater!«, flüsterte sie. »Wie konntest du mir das nur antun? Warum hast du nicht schweigen können?«
Am Liebsten wäre sie weggelaufen, aber es gab keinen Ort, keinen Menschen, zu dem sie hätte gehen können. Eine Flucht aus Boram kam ebenfalls nicht in Frage, denn außerhalb der Stadt hätte sie keine paar Atemzüge überlebt. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so einsam und verlassen gefühlt.
Niedergeschlagen ging sie zu dem Tisch an ihrem Bett und zog eines der Bücher hervor, das die Geschichte des Reiches Festingar beschrieb.
Einst herrschte Finsternis und die Welt war angefüllt von Schatten und furchtbaren Wesen, deren Namen unaussprechlich waren. Keine Sicherheit gab es vor ihnen und ihrer unvergänglichen Lust, alles Lebendige zu töten. Die Menschen opferten den Alten Göttern, doch diese besaßen nicht die Macht, die Finsternis zu besiegen. Sie halfen nicht und ließen die Menschen sterben und leiden. Es waren falsche, böse Götter, die kein Mitleid kannten.
Dann kamen die Neuen Götter. Thuraan und Zalit. Und Arachnaar, der höchste der Neuen Götter.
Sie schufen Städte, in denen die Menschen leben konnten, und verbanden sie mit den Sicheren Wegen, auf denen die Reisenden sicher waren vor den Dunklen. Die Neuen Götter beschützten die Städte, denn ihre Macht konnte von den Dunklen nicht gebrochen werden. Nur ihnen ist es zu verdanken, dass die Welt so ist, wie sie ist. Ohne sie wäre jeder Mensch ein Opfer der Dunklen, ohne sie gäbe es keine Zuflucht, keine Hoffnung für irgendjemanden.
Um sie zu ehren, wurden die Priester geschaffen, die Diener der Götter. Sie überbringen den Willen der Götter und führen die Menschen, sie allein schauen das Antlitz der Götter. Ihnen zur Seite gestellt wurden die Wächter, die Beschützer der Städte. Krieger, die mit ihren Schwertern für die Sicherheit der Menschen einstehen.
Doch es gab eine Gruppe, die sich gegen die Neuen Götter verschwor und versuchte, ihre Macht zu brechen. Sie nannten sich die Pelendariis, die Götterfrevler!
In ihrer Anmaßung vergifteten sie die Gedanken der Menschen und stifteten Aufruhr, mit dem Ziel, die Herrschaft der Priesterschaft und damit der Neuen Götter zu beenden, um an ihrer Statt wieder die Alten Götter zu setzen, die sich als falsch und böse erwiesen hatten. Sie schlossen sich einem Anführer mit Namen Eneas an, der mit Hilfe verbotener magischer Künste und der Unterstützung der Alten Götter versuchte, die Neuen Götter anzugreifen. Sie verbündeten sich in ihrer Verblendung mit den Dunklen, bereit, alles der Vernichtung anheim fallen zu lassen, solange es nur ihren düsteren Zielen diente. So groß war ihr Hass, dass sie bereit waren, dafür alles zu opfern, auch die Leben aller anderen.
Doch sie waren nur Menschen und keine Götter, und daher zerstörten die wahren Götter die Pelendariis, auf dass sie niemals wieder den Ruhm der Götter beschmutzen sollten.
Die Strafe der Götter war furchtbar, aber gerecht. Die Pelendariis wurden den Dunklen als Opfer gegeben, und ihre Schreie hallten für lange Zeit über
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