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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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zu und setzte sich auf den Hocker zwischen ihm und dem Boxer. Der Boxer starrte sie an, das ganze Lokal starrte sie an. Quinn ignorierte sie.
    Sie berührte Quinn an der Wange und küßte sie. Dann steckte sie ihm die Zunge ins Ohr. Er ignorierte sie noch immer. Der Boxer starrte wieder auf sein Glas, schoß aber gelegentlich einen verstohlenen Blick auf den Busen, der über die Theke ragte. Der Barkeeper kam herbei, lächelte und sah sie fragend an.
    »Whisky«, sagte sie. Es ist ein Wort, das in aller Welt bekannt ist und nicht die Herkunft verrät, wenn man es ausspricht. Er fragte sie auf flämisch, ob sie Eis dazu wünsche; sie verstand ihn nicht, nickte aber munter. Sie bekam das Eis. Dann trank sie Quinn zu, der sie weiter ignorierte. Achselzuckend drehte sie sich zu dem Boxer hin und trank statt dessen ihm zu. Überrascht ging der Schlägertyp darauf ein.
    Mit voller Absicht öffnete Sam den Mund und fuhr sich mit der Zunge über die grell geschminkte Unterlippe. Sie machte den Boxer schamlos an. Er grinste sie an mit seinen Zahnstummeln. Ohne noch länger zu warten, lehnte sie sich zu ihm hinüber und küßte ihn voll auf den Mund.
    Mit einem Schlag seines Handrückens fegte Quinn sie von ihrem Barhocker auf den Boden, stand auf und beugte sich über den Boxer.
    »Was fällt dir denn ein, du Scheißkerl, dich an meine Alte ranzumachen?« fauchte er ihn in einem gelallten Französisch an. Ohne eine Antwort abzuwarten, holte er zu einem linken Haken aus, der den Boxer genau am Unterkiefer traf und ihn nach hinten auf die Sägespäne des Bodens schmiß.
    Der Mann fiel geschickt, blinzelte, rappelte sich hoch und ging auf Quinn los. Sam suchte, wie verabredet, schnell das Weite. Der Wirt griff nach dem Telefon unter der Theke, wählte 101, die Nummer der Polizei, und als sich jemand meldete, murmelte er »Kneipenschlägerei« und die Adresse seines Lokals.
    In diesem Viertel sind, namentlich nachts, immer Streifenwagen unterwegs, und der erste weiße Sierra mit den blauen Buchstaben POLITIE an der Seite war schon nach vier Minuten da. Er spuckte zwei uniformierte Polizeibeamte aus, denen zwanzig Sekunden später zwei weitere aus einem zweiten Wagen auf dem Fuße folgten.
    Trotzdem ist es erstaunlich, welchen Schaden zwei gute Fighter innerhalb von vier Minuten in einer Kneipe anrichten können. Quinn wußte, daß er gegenüber dem Boxer, durch Alkohol und Zigaretten träge geworden, den Vorteil der größeren Ausdauer und auch der größeren Reichweite hatte. Aber er ließ ihn, um ihn aufzumuntern, ein paar Hiebe in die Rippen landen, und versetzte ihm dann einen harten linken Haken unter die Herzgegend, um ihn ein bißchen zu bremsen. Als es so aussah, als könnte der Typ aufgeben, ging Quinn an ihn ran.
    In einem Doppelclinch machten die beiden Männer aus dem größten Teil der Kneipeneinrichtung Kleinholz. In einem wirren Durcheinander von Stuhlbeinen, Tischplatten, Gläsern und Flaschen wälzten sie sich auf dem mit Sägespänen bedeckten Boden.
    Als die Polizei erschien, wurden beide auf der Stelle festgenommen. Für dieses Viertel zuständig ist die Polizei der Zone West P /1, und das nächste Revier befindet sich in der Blindenstraat. Die beiden Streifenwagen lieferten sie dort zwei Minuten später getrennt voneinander ab und übergaben sie der Obhut des diensttuenden Sergeanten Klopper. Der Wirt zählte den angerichteten Schaden zusammen und machte hinter der Theke seine Aussage. Nicht nötig, den Mann festzuhalten, er mußte ja seinem Geschäft nachgehen. Die Beamten dividierten seine Schadensschätzung durch zwei und ließen ihn seine Unterschrift daruntersetzen.
    Festgenommene Raufbolde werden in der Blindenstraat immer getrennt. Sergeant Klopper steckte den Boxer, den er von früheren Begegnungen her gut kannte, in die kahle Wachkammer hinter dem Schreibtisch; Quinn mußte auf einer harten Bank Platz nehmen, während sein Paß überprüft wurde.
    »Amerikaner, aha«, sagte Klopper. »Sie sollten sich nicht in Schlägereien einlassen, Mr.   Quinn. Wir kennen diesen Kuyper; immer stellt er irgendwas an. Diesmal kommt er ins Kittchen. Er hat angefangen, nicht?«
    »Eigentlich bin ich auf ihn los.«
    Klopper sah sich die Aussage des Kneipiers an.
    »Hm. Ja, der Barbesitzer sagt, Sie hätten beide schuld. Schade. Ich muß Sie also beide hierbehalten. Morgen vormittag kommen Sie vor den Magistrat. Wegen der Beschädigungen in dem Lokal.«
    Der Magistrat, das würde Papierkram bedeuten. Als um 5   Uhr

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