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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Oberst erreichte.
    Quinn traktierte Kuyper bis in den Nachmittag hinein mit Bier. Dabei mußte er vorsichtig sein. Zuwenig, und Kuypers Zunge wurde nicht so weit gelöst, daß er sein Mißtrauen und seine mürrische Sturheit überwand; zuviel, und er würde schlicht umkippen. Er gehörte zu dieser Sorte von Trinkern.
    »Ich hab’ ihn siebenundsechzig aus den Augen verloren«, sagte Quinn über ihren gemeinsamen Kumpel Paul Marchais, der irgendwo abgeblieben war. »Ich bin weggegangen, als die ganze Geschichte für uns Söldner gefährlich wurde. Sicher ist er nie rausgekommen. Vermutlich irgendwo in einem Straßengraben verreckt.«
    Kuyper gluckste vergnügt, blickte um sich und legte einen Finger an die Nase, die Geste der Schwachköpfe, die glauben, sie wüßten etwas ganz Besonderes.
    »Nein, er ist zurückgekommen«, sagte er fröhlich. »Hierher.«
    »Nach Belgien?«
    »Ja, 1968 muß das gewesen sein. Ich war grad aus dem Kittchen rausgekommen. Hab’ ihn selber gesehen.«
    Dreiundzwanzig Jahre, dachte Quinn. Weiß Gott, wo Marchais heute war.
    »Ich hätte nichts dagegen, mit dem ›großen Paul‹ ein Glas Bier zu trinken, in Erinnerung an die alten Zeiten«, sagte er nachdenklich. Kuyper schüttelte den Kopf.
    »Keine Chance«, sagte er mit besoffener Stimme. »Er ist verschwunden. Mußte ja, wegen der Geschichte mit der Polizei und alldem. Als letztes hab’ ich gehört, daß er irgendwo im Süden auf einem Rummelplatz gearbeitet hat.«
    Fünf Minuten später pennte er. Quinn kehrte, leicht schwankend, ins Hotel zurück. Auch er hatte das Bedürfnis nach Schlaf.
    »Zeit, daß du dir dein Essen verdienst«, sage er zu Sam. »Geh zum Fremdenverkehrsamt und erkundige dich nach Rummelplätzen, Vergnügungsparks und ähnlichem. Im Süden des Landes.«
    Es war 18   Uhr. Er schlief zwölf Stunden.
    »Es gibt zwei«, berichtete sie, als sie in ihrem Zimmer beim Frühstück saßen. »Da ist einmal Bellewaerde, außerhalb von Ypern im äußersten Westen, nahe der Küste und der französischen Grenze. Oder Walibi außerhalb von Wavre, südlich von Brüssel. Ich habe die Prospekte mitgebracht.«
    »Ich nehme nicht an, daß in den Prospekten steht, sie beschäftigen dort einen ehemaligen Kongosöldner«, sagte Quinn. »Dieser Kretin hat gesagt ›irgendwo im Süden‹. Versuchen wir’s zuerst mit Walibi. Sieh nach, wie wir da hinkommen und dann melden wir uns ab.«
    Kurz vor 10   Uhr verstaute er seine Leinwandtasche, den neuen Jutesack und Sams umfangreicheres Gepäck im Auto. Sobald sie die Autobahn erreicht hatten, ging es wieder zügig dahin, direkt nach Süden, an Mechelen vorbei, dann auf der Umgehungsstraße um Brüssel herum und auf der E 40 wieder nach Süden, in Richtung auf Wavre. Danach war der Vergnügungspark ausgeschildert.
    Er war natürlich geschlossen. Alle Rummelplätze wirken im Winter traurig und verödet. Die Autoscooter steckten in Leinenüberzügen, die Vergnügungsschuppen waren kalt und leer, der graue Regen strömte von den Balken der Achterbahn herab, und der Wind fegte nasse, braune Blätter in Ali Babas Höhle. Weil es regnete, waren sogar die Wartungsarbeiten vorläufig eingestellt worden. Auch im Verwaltungsbüro war niemand anzutreffen. Sam und Quinn suchten ein Cafe weiter unten an der Straße auf.
    »Was jetzt?« fragte Sam.
    »Wir besuchen den Direktor bei sich zu Hause«, sagte Quinn und bat um das Telefonbuch.
    Das Gesicht des Direktors dieses Vergnügungsparks, Bertie van Eyck, strahlte jovial vom Titelblatt des Prospekts, und darunter standen seine Begrüßungsworte für alle Besucher. Da es sich um einen flämischen Namen handelte und Wavre tief im wallonischen Gebiet liegt, waren nur drei Anschlüsse unter dem Namen van Eyck verzeichnet. Einer hatte den Vornamen Albert. Bertie. Eine Adresse außerhalb des Ortes. Sie nahmen ein Mittagessen zu sich und fuhren hinaus. Quinn fragte mehrmals nach dem Weg.
    Es war ein hübsches einzeln stehendes Haus an einer langen ländlichen Straße namens Chemin des Charrons. Madame van Eyck kam an die Tür und rief ihren Mann, der bald darauf in Strickjacke und Filzpantoffeln erschien. Hinter ihm waren die Geräusche einer Sportsendung im Fernsehen zu hören.
    Bertie van Eyck war zwar ein geborener Flame, aber im Fremdenverkehrsgewerbe tätig und deshalb zweisprachig, französisch und flämisch. Auch sein Englisch war perfekt. Er identifizierte die Besucher mit einem einzigen Blick als Amerikaner und sagte: »Ja, ich bin van Eyck. Kann ich

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