Der Unterhändler
verschwinden.«
»Sozialversicherung, Finanzamt; Einwanderungsbehörden?«
»Die würden Ihnen nichts sagen«, antwortete de Groot. »Der Mann hätte das Recht auf Wahrung seiner Privatsphäre. Selbst ich müßte einen Straftatbestand gegen ihn präsentieren können, um eine Anfrage zu rechtfertigen. Glauben Sie mir, da läßt sich einfach nichts machen.«
»Sie sehen überhaupt keine Möglichkeit, wie sie mir helfen könnten?« fragte Quinn.
De Groot blickte nachdenklich zum Fenster hinaus.
»Ich habe einen Neffen beim BVD «, sagte er. »Es müßte inoffiziell sein … Vielleicht ist Ihr Mann registriert.«
»Fragen Sie ihn bitte«, sagte Quin. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar.«
Während Quinn und Sam die Oosterstraat hinaufspazierten und nach einem Lokal Ausschau hielten, um zu Mittag zu essen, rief de Groot seinen Neffen in Den Haag an. Der junge Koos de Groot war ein untergeordneter Beamter beim Binnenlandse Veiligheids Dienst ( BVD ), Hollands kleinem inneren Sicherheitsdienst. Obwohl er dem Onkel, der ihm, als er noch ein Junge gewesen war, oft Zehn-Gulden-Scheine zugesteckt hatte, sehr zugetan war, brauchte es seine Zeit, bis er sich überreden ließ. Das kam nicht alle Tage vor, daß ein Gemeindepolizist aus Groningen darum ersuchte, den BVD -Computer anzuzapfen.
De Groot rief am nächsten Morgen Quinn an, und eine Stunde später trafen sie sich in der Polizeiwache.
»Das ist ja ein sauberer Typ, Ihr Pretorius«, sagte de Groot und blickte dabei auf seine Notizen. »Anscheinend waren unsere Leute vom BVD bei seiner Ankunft vor zehn Jahren immerhin so interessiert, daß sie seine Daten für alle Fälle registrierten. Einige Angaben stammen von ihm selber – die, in denen er gut dasteht; andere wurden Zeitungsausschnitten entnommen. Jan Pieter Pretorius, geboren 1942 in Bloemfontein – also ist er heute neunundvierzig. Als Beruf gibt er Schildermaler an.«
Quinn nickte. Irgend jemand hatte den Fort Transit umgespritzt, das Firmenemblem »Barlow’s Orchard Produce« an die Seite und innen an die hinteren Fenster Äpfelkisten gemalt. Er nahm an, daß Pretorius auch die Bombe gebastelt hatte, mit der der Transit in der Scheune in Brand gesteckt worden war. Er wußte, daß das nicht Zacks Werk gewesen sein konnte. Damals in dem Lagerhaus hatte Zack den Geruch von Marzipan gerochen und gedacht, es könnte sich um Semtex handeln. Semtex ist geruchlos.
»Nachdem er 1968 Ruanda verlassen hatte, kehrte er nach Südafrika zurück und arbeitete anschließend eine Zeitlang als Wachmann in einer Diamantengrube des Konzerns de Beers in Sierra Leone.«
Ja, der Mann, der echte von falschen Diamanten unterscheiden konnte und sich mit Zirkonen auskannte.
»Er war herumgezogen, bis er vor zwölf Jahren nach Paris kam, lernte dort eine junge Holländerin kennen, die in einem französischen Haushalt arbeitete, und heiratete sie. Das ermöglichte es ihm, nach Holland zu kommen. Sein Schwiegervater stellte ihn als Barkeeper an – der Schwiegervater besitzt anscheinend zwei Bars. Fünf Jahre später ließ sich das Ehepaar scheiden, aber Pretorius hatte genug auf die Seite gelegt, um sich selbst ein Lokal zu kaufen. Er führt es noch und wohnt darüber.«
»Und wo?« fragte Quinn.
»In einer kleinen Stadt, die Hertogenbosch heißt. Kennen Sie sie?«
Quinn schüttelte den Kopf. »Und die Kneipe, wie heißt die?«
»De Gouden Leeuw, der Goldene Löwe«, sagte de Groot.
Quinn und Sam dankten ihm überschwenglich und verabschiedeten sich. Als sie fort waren, trat de Groot ans Fenster und blickte ihnen nach, wie sie über den Rade Markt zurück zu ihrem Hotel gingen. Er hatte Quinn gern, aber seine Nachforschungen stimmten ihn besorgt. Vielleicht ging ja alles mit rechten Dingen zu und es gab keinen Anlaß zur Beunruhigung. Aber es wäre nicht sein Fall, wenn Quinn in seine Stadt käme, um einen südafrikanischen Söldner zu stellen … Er seufzte und griff nach dem Telefonhörer.
»Gefunden?« fragte Quinn, während er in Richtung Süden aus Groningen hinausfuhr. Sam studierte die Straßenkarte.
»Ja. Weit unten im Süden, in der Nähe der belgischen Grenze. Fahr mit Quinn und du erlebst die Benelux-Länder«, sagte sie.
»Wir haben Glück gehabt«, sagte Quinn, »wenn Pretorius wirklich der zweite Kidnapper in Zacks Bande war, könnten wir jetzt auch nach Bloemfontein unterwegs sein.«
Die E 35 führt pfeilgerade in südwestlicher Richtung nach Zwolle, wo Quinn auf die A 50, eine Landstraße erster Ordnung,
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