Der Unterhändler
im kommenden April drei Tage lang in der Wüste festgehalten werden.«
»Das riecht nach einem Putsch«, sagte der Leiter der für Saudi-Arabien zuständigen Abteilung. »Sollen wir ihnen die Kastanien aus dem Feuer holen?«
»Sollte jemand König Fahd stürzen und die Macht übernehmen, wer wäre das nach aller Wahrscheinlichkeit?« fragte der Direktor. Der Saudi-Arabien-Experte zuckte die Achseln.
»Irgendein Prinz«, sagte er. »Nicht einer von den Brüdern. Wahrscheinlicher jemand aus der jüngeren Generation. Sie gieren nach Geld. Obwohl sie durch ihre Anteile an der ›Oil Quota Commission‹ jetzt schon viele Millionen absahnen, wollen sie noch mehr. Nein, vielleicht wollen sie sogar alles. Und natürlich sind die Jüngeren eher … modern eingestellt, mehr verwestlicht. Das könnte sich vorteilhaft auswirken. Es ist an der Zeit, daß die alten Männer abtreten.«
Aber nicht die Vorstellung, daß ein jüngerer Mann in Riad herrschen könnte, beschäftigte ben Scha’uls Gedanken, sondern das, was dem palästinensischen Techniker, der Quinns Gewährsmann instruiert hatte, herausgerutscht war. »Nächstes Jahr«, hatte er triumphierend gesagt, »werden wir Palästinenser das Recht haben, uns hier einbürgern zu lassen.«
Wenn das zutraf, wenn das die Absicht der ungenannten Verschwörer war, eröffneten sich erstaunliche Perspektiven. Ein solches Angebot Riads, unter einer neuen Regierung, würde eine Million heimat- und landloser Palästinenser aus Israel dem Gaza-Streifen, der Westbank und dem Libanon veranlassen, sich ein neues Leben weit im Süden aufzubauen. Sobald die schwärende Wunde des Palästinenserproblems ausgebrannt wäre, könnte Israel mit seiner Energie und Technologie eine nutzbringende und einträgliche Beziehung zu seinen Nachbarn aufnehmen. Das war schon der Traum der Staatsgründer gewesen, schon Weizmann und Ben Gurion hatten davon geträumt. Von diesem Traum hatte ben Schaul schon als Junge gehört, nie jedoch gedacht, daß er Wirklichkeit werden könnte. Aber …
»Wollen Sie die Politiker einweihen?« fragte Gur Arieh.
Der Direktor dachte daran, wie sie sich in der Knesseth zankten, sich in Wortklaubereien und theologischen Haarspaltereien ergingen, während sein Geheimdienst ihnen klarzumachen versuchte, auf welcher Seite die Sonne aufging. Bis zum April war es noch lange hin. Die Sache würde durchsickern, wenn er sie jetzt schon preisgab. Er klappte den Bericht zu.
»Noch nicht«, sagte er, »wir haben noch zu wenig. Sobald wir mehr in der Hand haben, kläre ich sie auf.«
Doch insgeheim hatte er beschlossen, die Sache für sich zu behalten.
Damit die Besucher von Hertogenbosch nicht einschlafen, haben sich die Stadtplaner zu ihrer Begrüßung ein Ratespiel ausgedacht. Es heißt: Wie findet man mit dem Auto einen Weg in die Innenstadt? Wer gewinnt, findet den Marktplatz und eine Möglichkeit zu parken. Der Verlierer verirrt sich in einem Labyrinth von Einbahnstraßen und landet wieder auf der kreisförmigen Umgehungsstraße.
Die Innenstadt bildet ein Dreieck; im Nordwesten wird es von der Dommel, im Nordosten vom Willemsvaart-Kanal und im Süden von der Stadtmauer begrenzt. Sam und Quinn überlisteten das System beim dritten Versuch, erreichten den Markt und forderten ihren Preis ein: ein Zimmer im Hotel Central am Marktplatz.
Als sie auf ihrem Zimmer waren, nahm Quinn das Telefonbuch zur Hand. Es enthielt nur eine einzige Bar, die Gouden Leeuw hieß, und diese befand sich in der Jans Straat. Sie machten sich zu Fuß auf den Weg. Die Rezeption hatte ihnen eine einfache Karte des Stadtzentrums zur Verfügung gestellt, aber die Jans Straat war darauf nicht verzeichnet. Mehrere Bürger, die sie am Marktplatz fragten, schüttelten den Kopf, weil sie sie nicht kannten. Selbst der Polizist an der Straßenecke mußte seinen abgegriffenen Stadtplan zu Rate ziehen. Schließlich fanden sie sie.
Es war eine schmale Gasse zwischen dem alten Treidelpfad St. Jans Singel entlang der Dommel und der parallel dazu verlaufenden Molenstraat. Das ganze Viertel war alt, stand großenteils schon seit drei Jahrhunderten. Viele Häuser waren mit Geschmack restauriert und renoviert woden, wobei man die schönen alten Backsteinfassaden mit den alten Türen und Fenstern hatte stehenlassen, während innen elegante neue Wohnungen entstanden waren. Auf die Jans Straat traf das jedoch nicht zu.
Sie war kaum so breit wie ein Auto, und die Häuser neigten sich einander zu, wie um Halt zu suchen oder
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