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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Irving Moss als junger CIA -Beamter der Besoldungsgruppe GS 12 von den Vereinigten Staaten nach Vietnam versetzt worden und arbeitete im Rahmen des von der CIA geleiteten Programms Phoenix. Das waren die Jahre, in denen die »Special Forces«, die »Green Berets«, ihre bis dahin ziemlich erfolgreichen, auf Erziehung und Aufklärung beruhenden Programme im Mekong-Delta nach und nach an die südvietnamesische Armee übergeben hatten, die sich dann der Aufgabe, der Landbevölkerung die Unterstützung der Vietkong »auszureden«, mit erheblich weniger Geschick und Menschlichkeit widmete. Die Phoenix-Leute mußten sich mit der südvietnamesischen Armee zusammentun, während sich die »Green Berets« mehr und mehr auf Auffindungs- und Vernichtungsmissionen verlegten und oft gefangene Vietkong oder bloße Verdächtige zur Befragung durch die Südvietnamesen unter Aufsicht der Phoenix-Leute anbrachten. Dabei entdeckte Moss seine geheime Vorliebe und sein eigentliches Talent.
    Als junger Mann hatte ihn sein Mangel an sexuellen Gefühlen verwirrt und deprimiert, und er dachte immer noch mit Erbitterung an die Hänseleien, die er als Teenager über sich ergehen lassen mußte. Verblüfft – in den fünfziger Jahren waren die Teenager noch vergleichsweise naiv – hatte ihn auch die Beobachtung, daß ihn der Schrei eines Menschen auf der Stelle in Erregung versetzen konnte. Für einen Mann wie ihn waren die verschwiegenen, keine Fragen stellenden Dschungel Vietnams ein Paradies. Allein mit seiner kleinen vietnamesischen Einheit, hatte er sich selbst zum Hauptzuständigen für Verhöre von Verdächtigen ernennen können, wobei ihm zwei gleichgesinnte südvietnamesische Stabsunteroffiziere zur Seite standen.
    Es waren drei schöne Jahre für ihn gewesen, die eines Tages im Jahre 1969 jäh endeten, als ein hochgewachsener hagerer junger Sergeant der »Green Berets« unversehens aus dem Dschungel aufgetaucht war; sein linker Arm blutete, und sein Vorgesetzter hatte ihn zur Versorgung der Wunde zurückgeschickt. Der junge Krieger hatte sich nur ein paar Sekunden angesehen, was Moss angerichtet hatte, sich dann wortlos umgedreht und ihm einen gewaltigen Faustschlag mitten ins Gesicht versetzt. Die Militärärzte in Da Nang hatten ihr Bestes getan, aber die Knochen der Nasenscheidewand waren so stark zertrümmert, daß er nach Japan gebracht werden mußte. Trotz der kunstgerechten Operation war seine Nase jedoch immer noch breiter und platter als vorher, und die Nasengänge waren seither so beschädigt, daß er beim Atmen pfiff und schniefte, vor allem wenn er aufgeregt war.
    Er sah den Sergeant nie wieder, einen offiziellen Bericht hatte es nicht gegeben, und es gelang ihm, seine Spuren zu verwischen und bei der CIA zu bleiben. Bis 1983. In jenem Jahr war er, inzwischen mehrmals befördert, an der Unterstützung der Contra-Bewegung in Honduras durch die CIA beteiligt, und ihm unterstanden mehrere Dschungelcamps an der Grenze zu Nicaragua, von denen aus die Contras, viele von ihnen ehemalige Bedienstete des gestürzten Diktators Somoza, sporadische Einfälle in das Land unternahmen, das sie früher beherrscht hatten. Eines Tages war eine dieser Gruppen mit einem dreizehnjährigen Jungen zurückgekehrt. Kein Sandinist, nur irgendein Bauernkind.
    Das Verhör fand auf einer Lichtung im Busch knapp eine Viertelmeile vom Camp der Contras entfernt statt, aber in der windstillen tropischen Nacht waren die unmenschlichen Schreie bis ins Camp zu hören. Keiner konnte schlafen. In den frühen Morgenstunden hörten die Schreie endlich auf. Moss ging wie im Drogenrausch ins Camp zurück, warf sich auf sein Feldbett und fiel in tiefen Schlaf. Zwei der nicaraguanischen Gruppenführer schlichen sich aus dem Camp, gingen in den Busch, kehrten nach zwanzig Minuten zurück und verlangten den Kommandanten zu sprechen. Oberst Rivas empfing sie in seinem Zelt, wo er beim Licht einer Petroleumlampe Berichte schrieb. Die zwei Guerillakämpfer sprachen mehrere Minuten mit ihm.
    »Mit dem können wir nicht arbeiten«, sagte schließlich der eine. »Wir haben mit den anderen gesprochen. Sie meinen das auch, Oberst.«
    »Es un malsano«, fügte der andere hinzu. » Un animal.«
    Oberst Rivas seufzte. Er hatte früher zu Somozas Todesschwadronen gehört, hatte so manchen Gewerkschafter oder Regimegegner aus dem Bett gezerrt. Er hatte ein paar Exekutionen mit angesehen, sogar aktiv teilgenommen. Aber Kinder … Er griff nach seinem Funkgerät. Eine Meuterei oder

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