Der Unterhändler
Hauspersonal, Gästebungalows, einem Swimmingpool und einem Schießstand verfügte der Besitz auch über eine eigene Landebahn, und hier setzte der Learjet kurz vor Mittag auf. Moss wurde zu einem Bungalow unter Jakarandabäumen geführt, bekam eine halbe Stunde, um sich zu duschen, zu rasieren und umzuziehen, und wurde dann ins Haupthaus in ein angenehm kühles Arbeitszimmer mit Ledermöbeln gebeten. Nach zwei Minuten stand ein hochgewachsener alter Mann mit weißem Haar vor ihm. »Mr. Moss?« sagte der Mann. »Mr. Irving Moss?«
»Ja, Sir«, sagte Moss. Er witterte Geld, sehr viel Geld.
»Mein Name ist Miller«, sagte der Mann, »Cyrus V . Miller.«
Die Konferenz fand im Cabinet Room statt, vom Oval Office ein Stück den Gang entlang, vorbei am Büro des Privatsekretärs. Wie die meisten Leute hatte sich Präsident John F . Cormack gewundert, wie klein das Oval Office war, als er es zum erstenmal gesehen hatte. Der Cabinet Room mit seinem großen achteckigen Tisch unter Stuarts Bildnis von George Washington bot mehr Platz zum Ausbreiten von Unterlagen und Aufstützen von Ellbogen.
Für diesen Vormittag hatte John F . Cormack sein aus engen, vertrauten Freunden und Beratern bestehendes Inneres Kabinett zur Beratung des endgültigen Entwurfs für den Nantucket-Vertrag gebeten. Die Details waren ausgearbeitet, die Kontrollverfahren überprüft, die Experten hatten widerwillig ihre Zustimmung erteilt – oder auch nicht, wie im Falle von zwei ranghohen Generälen und drei Pentagon-Mitarbeitern, die den Rücktritt vorgezogen hatten –, aber Cormack wollte noch letzte Kommentare aus seinem engsten Beraterkreis.
Er war sechzig Jahre alt, auf dem Höhepunkt seiner geistigen Kräfte und seiner politischen Macht und genoß ungeniert die Popularität und Autorität seines Amtes, auf das er sich nie Hoffnungen gemacht hatte. Als im Sommer 1988 eine Krise die Republikanische Partei erfaßte, hatten die zuständigen Parteigremien verzweifelt nach jemandem gesucht, der als Kandidat einspringen konnte. Schließlich waren sie auf diesen Kongreßabgeordneten aus Connecticut gestoßen, den Sproß einer wohlhabenden neuenglischen Patrizierfamilie, der sich dafür entschieden hatte, sein Vermögen sicher anzulegen und Professor an der Cornell University zu werden, bevor er sich Ende Dreißig der Politik in seinem Heimatstaat Connecticut zugewandt hatte.
Auf dem liberalen Flügel seiner Partei angesiedelt, war John F . Cormack landesweit so gut wie unbekannt gewesen. Freunde kannten ihn als entscheidungsfreudig, aufrichtig und menschenfreundlich und hatten den Parteiführern versichert, er sei so »sauber« wie frischgefallener Schnee. Er gehörte nicht zu den Politikern, die immer wieder im Fernsehen auftreten – mittlerweile ein unerläßliches Attribut jedes Kandidaten –, aber die Partei entschied sich trotzdem für ihn. Für die Medien war er ein hoffnungsloser Fall. Doch dann war in den vier Monaten einer vehementen Kampagne alles anders geworden. Cormack hatte gegen die überlieferten Regeln verstoßen, hatte unerschrocken in die Kamera geblickt und jede Frage ohne Umschweife beantwortet, angeblich der sicherste Weg ins Desaster. Er verdarb es sich mit einigen Leuten, die aber überwiegend rechtsgerichtet waren und ohnehin ihre Stimmen niemand anderem geben konnten. Und auf sehr viel mehr Leute machte er einen hervorragenden Eindruck. Der Protestant mit dem nordirischen Namen hatte als Bedingung für seine Kandidatur ausgebeten, sich seinen Vizepräsidenten selbst aussuchen zu dürfen, und seine Wahl war auf Michael Odell gefallen, einen katholischen Texaner, der auf seine irische Abstammung stolz war.
Die beiden waren grundverschieden. Odell stand viel weiter rechts als Cormack und war Gouverneur seines Staates gewesen. Cormack mochte einfach den Kaugummi kauenden Mann aus Waco und vertraute ihm. Aus irgendwelchen Gründen war das Gespann angekommen; die Wähler entschieden sich mit knapper Mehrheit für den Mann, den die Presse ebenso gern wie unzutreffend mit Woodrow Wilson verglich, Amerikas letztem Professor im Präsidentenamt, und für seinen Partner, der dem Fernsehkommentator Dan Rather mit breitem Südstaatler-Akzent unverblümt mitteilte: »Ich bin nicht immer einer Meinung mit meinem Freund John F . Cormack, aber was soll’s, wir sind in Amerika, und ich schlage jeden nieder, der ihm das Recht absprechen will, seine Meinung zu sagen.«
Es funktionierte. Das Gespann aus dem grundsoliden Neuengländer
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