Der Unterhändler
stimmen. Dieser Mann muß gehen, bevor er dieses unser geliebtes Land zerstört und uns alle ruiniert. Vor allem Sie, meine Herren, die Sie vor dem Bankrott stehen. Überdies versichert mir Mr. Moss hier im Hinblick auf die letzten Seiten, daß es niemals so weit kommen wird. Cormack wird zurücktreten, bevor das nötig ist.«
Irving Moss saß in einem weißen Anzug am Ende des Tisches und schwieg. Teile seines Plans hatte er nicht einmal schriftlich fixiert, Dinge, die er nur unter vier Augen mit Miller besprechen konnte. Er atmete durch den Mund, um das leise Pfeifen zu vermeiden, das seine Nase sonst erzeugt hätte. Miller erschreckte sie plötzlich alle.
»Freunde, laßt uns den Beistand dessen erflehen, der alles versteht. Laßt uns gemeinsam beten.«
Ben Salkind warf Peter Cobb einen raschen Blick zu, doch der zog nur die Augenbrauen hoch. Cyrus V . Miller legte beide Hände flach auf den Tisch, schloß die Augen und hob das Gesicht zur Decke. Er brachte es nicht über sich, den Kopf zu senken, nicht einmal, wenn er mit dem Allmächtigen sprach. Schließlich waren sie enge Vertraute.
» O Herr«, begann der Ölmagnat salbungsvoll, »höre uns, wir bitten Dich, höre uns aufrechte, getreue Söhne dieses glorreichen Landes, das Du erschaffen und uns zu treuen Händen anvertraut hast. Führe unsere Hände, stärke unsere Herzen, erfülle sie mit dem Mut, das Werk zu vollenden, das vor uns liegt und das, dessen sind wir gewiß, Deinen Segen hat. Hilf uns, dieses Dein auserwähltes Land und dieses Dein auserwähltes Volk zu retten …«
Mehrere Minuten setzte er diese Litanei fort und hängte dann noch ein paar Schweigeminuten an. Als er das Gesicht senkte und die fünf Männer musterte, die bei ihm waren, brannte in seinen Augen die Gewißheit derer, die keinen Zweifel kennen.
»Meine Herren, Er hat gesprochen. Er ist auf unserer Seite. Wir müssen vorwärts gehen, nicht zurück, für unser Land und unseren Gott.«
Die anderen fünf hatten kaum eine andere Wahl, als zustimmend zu nicken. Eine Stunde später sprach Irving Moss alleine mit Miller in dessen Arbeitszimmer. Es gebe noch zwei Dinge, die unerläßlich seien, die aber er, Moss, nicht beschaffen könne. Das eine sei ein hochkomplexes technisches Gerät aus der Sowjetunion, das andere eine geheime Informationsquelle in den innersten Gremien des Weißen Hauses. Er erläuterte die Gründe. Miller nickte nachdenklich.
»Ich werde mich um beides kümmern«, sagte er. »Sie haben Ihr Budget und den Vorschuß auf Ihr Honorar. Setzen Sie den Plan unverzüglich in die Tat um.«
Juni
Oberst Easterhouse wurde in der ersten Juniwoche von Miller empfangen. Er hatte in Saudi-Arabien alle Hände voll zu tun gehabt, aber Millers Aufforderung war unmißverständlich gewesen, und so flog er von Dschiddah über London nach New York und von dort sofort weiter nach Dallas. Ein Auto holte ihn pünktlich ab und fuhr ihn zum Privatflugplatz W . P . Hobby südöstlich der Stadt, von wo ihn der Learjet zu der Ranch brachte, die er noch nicht kannte. Sein Bericht über den Fortgang der Arbeiten war optimistisch und wurde mit Genugtuung aufgenommen.
Er konnte vermelden, daß sein Mittelsmann in der Religiösen Polizei enthusiastisch auf die Aussicht eines Regierungswechsels in Riad reagiert und Kontakt mit dem flüchtigen Imam der schiitischen Fundamentalisten aufgenommen hatte, nachdem Easterhouse ihm mitgeteilt hatte, wo der Mann sich versteckt hielt. Die Tatsache, daß der Imam nicht verraten worden war, bewies, daß der Eiferer von der Religiösen Polizei vertrauenswürdig war.
Der Imam hatte sich den Vorschlag angehört – der ihm ohne Nennung von Namen unterbreitet worden war, da er sich niemals damit abgefunden hätte, daß ein Christ wie Easterhouse zum Werkzeug Allahs werden sollte – und war angeblich nicht weniger begeistert.
»Der springende Punkt ist, Mr. Miller, daß die Hisbollah-Fanatiker bis jetzt noch keinen Versuch gemacht haben, sich den Leckerbissen Saudi-Arabien einzuverleiben, sondern es zunächst damit probiert haben, den Irak zu besiegen und zu annektieren, womit sie jedoch gescheitert sind. Ihre Zurückhaltung erklärt sich daraus, daß sie – mit Recht – fürchten, ein Versuch, das Haus Saud zu stürzen, würde die bislang unschlüssigen Vereinigten Staaten zu einer brutalen Reaktion provozieren. Die sind von jeher überzeugt, daß Saudi-Arabien ihnen zu gegebener Zeit in den Schoß fallen wird. Der Imam kann sich offenbar mit dem
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