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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Yellow Oval Room, der unter der zentralen Rotunde liegt. Die Fenster gehen wie beim Schlafzimmer auf die Rasenflächen in Richtung Pennsylvania Avenue hinaus. Cormack schloß die Verbindungstür, machte Licht an, blinzelte mehrmals, setzte sich an den Schreibtisch und hob den Hörer ab. Margaret Thatcher meldete sich nach zehn Sekunden.
    »Hat schon jemand anderer Verbindung mit Ihnen aufgenommen?«
    Es war, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen.
    »Nein … niemand. Warum?«
    »Soviel ich weiß, sind Mr.   Edmonds und Mr.   Burbank bereits informiert«, sagte sie. »Es tut mir leid, daß ich die erste bin …«
    Dann sagte sie es ihm. Er umklammerte krampfhaft den Hörer und starrte auf die Vorhänge, ohne sie zu sehen. Sein Mund trocknete aus, und er konnte nicht schlucken. Er hörte die Sätze … unternehmen alles, aber auch wirklich alles … die besten Leute von Scotland Yard … Entkommen unmöglich … Er sagte ja und danke und legte auf. Etwas preßte ihm die Brust zusammen. Er dachte an seine Frau, die noch schlief. Er mußte es ihr sagen; es würde ein furchtbarer Schlag für sie sein.
    » O Simon«, sagte er leise, »Simon, mein Junge.«
    Er wußte, daß er damit nicht alleine fertig werden würde. Er brauchte einen Freund, der alles veranlaßte, während er sich um seine Frau kümmerte. Nach mehreren Minuten rief er die Vermittlung an und gab sich Mühe, mit fester Stimme zu sprechen.
    »Bitte geben Sie mir Vizepräsident Odell. Ja, sofort.«
    In seinem Domizil am Marineobservatorium wurde Michael Odell auf dieselbe Weise geweckt, nämlich auch von einem Angehörigen des Secret Service. Die Aufforderung war unmißverständlich, und Cormack nannte keinen Grund. Bitte kommen Sie sofort ins Weiße Haus. Erster Stock. Arbeitszimmer. Sofort, Michael, bitte sofort.
    Der Vizepräsident aus Texas hörte, wie am anderen Ende aufgelegt wurde, legte seinerseits auf, kratzte sich am Kopf und schälte einen Streifen Spearmint-Kaugummi aus der Verpackung. Das half ihm, sich zu konzentrieren. Er telefonierte nach seinem Wagen und ging zum Kleiderschrank. Odell war Witwer und schlief alleine; es war also niemand da, den er stören konnte. Zehn Minuten später saß er mit Hosen, Schuhen und einem Pullover über dem Hemd im Fond seines Dienstwagens und starrte abwechselnd auf den kurzgeschorenen Hinterkopf des Fahrers von der Marine und die Lichter Washingtons, bis der beleuchtete Komplex des Weißen Hauses auftauchte. Er mied die Südliche Säulenhalle und den Südeingang, die ihm beide eine Spur zu pompös waren, und betrat das Erdgeschoß durch den kleineren Eingang am Westende. Er befahl seinem Fahrer zu warten; es werde nicht lange dauern. Er irrte sich. Es war 4.07   Uhr.
    Krisenmanagement auf höchster Ebene ist in Großbritannien Aufgabe eines hastig zusammengerufenen Ausschusses, dessen Zusammensetzung je nach Art der Krise wechselt. Der Versammlungsort dagegen wechselt nicht. Der Ausschuß tritt fast immer im Cabinet Office Briefing Room (Versammlungszimmer des Kabinettsamts) zusammen, einem ruhigen, klimatisierten Raum zwei Stockwerke unter der Erde, unter dem an Downing Street anschließenden Kabinettsamt. Nach den Anfangsbuchstaben des Versammlungsraums tragen diese Ausschüsse den Namen COBRA .
    Sir Harry Marriott und sein Stab hatten etwas über eine Stunde gebraucht, um die »Figuren«, wie er seine Mitwirkenden nannte, aus ihren Häusern, ihren Pendlerzügen oder ihren verstreuten Büros ins Kabinettsamt zu bringen. Er eröffnete die Sitzung um 9.56   Uhr.
    Die Entführung war eindeutig ein Verbrechen und Sache der Polizei, fiel also in die Zuständigkeit des Innenministeriums. In diesem Fall mußten allerdings noch zahlreiche andere Stellen hinzugezogen werden. Neben den Vertretern des Innenministeriums war ein Staatssekretär aus dem Foreign Office, dem Außenministerium, dabei, der versuchen würde, die Beziehungen zum amerikanischen Außenministerium, dem State Department in Washington, und damit zum Weißen Haus aufrechtzuerhalten. Für den Fall, daß Simon Cormack irgendwie aufs europäische Festland verbracht worden sein sollte, hätte die Beteiligung des Foreign Office auch auf politischer Ebene Bedeutung gehabt. Dem Foreign Office unterstellt war der Secret Intelligence Service, auch MI 6 oder »The Firm« genannt, der vor allem Erkenntnisse über die eventuelle Beteiligung von Terroristen beisteuern sollte. Der Vertreter dieser Dienststelle war über den Fluß vom Century

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