Der Unterhändler
desto besser.
Der Linguistikprofessor war zu der Ansicht gelangt, Zack sei höchstwahrscheinlich Mitte vierzig bis Anfang fünfzig und vermutlich der Anführer der Bande. Es gab kein Zögern während der Verhandlungen, das darauf hingedeutet hätte, daß er sich mit jemand anderem absprechen mußte, ehe er irgendwelchen Bedingungen zustimmte. Er komme aus der Arbeiterschicht, habe keine sehr gute schulische Ausbildung genossen und stamme aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Gegend um Birmingham. Aber sein ursprünglicher Dialekt sei durch jahrelange Abwesenheit aus seiner Heimat möglicherweise abgeschliffen.
Ein Psychiater versuchte sich an einem Porträt des Mannes. Er stehe sicher unter großem nervlichem Druck, der sich verstärke, je länger sich die Gespräche hinzögen. Seine Animosität gegen Quinn werde sich mit der Zeit abschwächen. Gewaltanwendung sei für ihn etwas Gewohntes – seiner Stimme waren keine Skrupel anzumerken gewesen, er hatte nicht gestockt, als er davon sprach, man könnte Simon Cormack ein paar Finger abschneiden. Andererseits sei er ein logisch denkender und schlauer Kopf, argwöhnisch, aber nicht furchtsam. Ein gefährlicher Mann, doch kein Verrückter. Kein Psychopath und ohne politisches Engagement.
Diese Berichte wurden Nigel Cramer zugeleitet, der sie alle dem COBRA -Komitee vorlegte. Kopien wurden sofort nach Washington, direkt an den Ausschuß im Weißen Haus, abgeschickt. Weitere Abschriften gingen nach Kensington. Quinn las sie, und nach ihm Sam Somerville.
»Eines verstehe ich nicht«, sagte sie, als sie das letzte Blatt auf den Tisch legte. »Warum haben sie sich Simon Cormack ausgesucht? Der Präsident stammt zwar aus einer wohlhabenden Familie, aber in England müssen doch auch andere reiche junge Männer herumlaufen.«
Quinn, den derselbe Gedanke beschäftigt hatte, als er in einer Kneipe in Spanien vor dem Bildschirm gesessen hatte, warf ihr einen kurzen Blick zu, sagte aber nichts. Es ärgerte sie, daß sie keine Antwort bekam. Es faszinierte sie auch. Quinn selbst faszinierte sie von Tag zu Tag mehr.
Am siebenten Tag nach der Entführung und vier Tage, nachdem Zack zum erstenmal angerufen hatte, legten die CIA und der britische SIS ihre Infiltrationsagenten innerhalb des Netzes der kontinentaleuropäischen Terrororganisationen wieder an die Leine. Es gab keine Erkenntnisse darüber, daß eine Skorpion-Maschinenpistole aus diesen Quellen beschafft worden war, und niemand glaubte mehr so recht, daß an der Sache politische Terroristen beteiligt seien. Unter den ausgeforschten Gruppen waren die IRA und die INLA , beide irisch, in denen die CIA und der SIS »Schläfer« hatten, über deren Identität sie einander nicht informierten, die Rote Armee Fraktion, Nachfolgerin der Baader-Meinhof-Gruppe, die italienischen Roten Brigaden, die französische Action Directe, die baskische ETA und die belgische CCC . Es gab noch kleinere und noch verrücktere Gruppen, aber da sie so klein waren, hatte niemand angenommen, daß sie die Operation Cormack aufgezogen haben könnten.
Am folgenden Tag meldete Zack sich wieder. Der Anruf kam aus einer Gruppe von Telefonzellen in einer Großtankstelle am Motorway M 11, gleich südlich von Cambridge, und wurde innerhalb von acht Sekunden geortet, aber erst sieben Minuten später traf ein Beamter in Zivil dort ein. Im Gewimmel der Autos und Menschen, die die Tankstelle passierten, war es eine vergebliche Hoffnung, der Mann könnte noch dort sein.
»Der Hund«, sagte er schroff, »– hat Mr. Spot geheißen.«
»Vielen Dank, Zack«, sagte Quinn, »sorgt dafür, daß der Junge gesund bleibt, und wir werden den Deal schneller hinter uns bringen, als du denkst. Und ich habe Neuigkeiten; Mr. Cormacks Vermögensverwalter können nun doch 1,2 Millionen Dollar aufbringen, sofort zahlbar, wirklich schnell. Hol sie dir, Zack …«
»Leck mich am Arsch«, schnaubte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Aber er war in Eile, weil die Zeit beinahe um war. Er nahm seine Forderung auf drei Millionen Dollar zurück. Dann hängte er ein.
»Warum schließen Sie zu dieser Summe nicht ab, Quinn?« fragte Sam. Sie saß auf dem Rand ihres Stuhls; Quinn war aufgestanden, um ins Badezimmer zu gehen. Jedesmal, wenn Zack angerufen hatte, ging er sich waschen oder baden, benutzte die Toilette und nahm etwas zu sich. Er wußte, daß es vorläufig keinen weiteren Kontakt geben werde.
»Es geht nicht nur ums Geld«, sagte Quinn, als er das Zimmer
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