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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gegen die umfassenden Kürzungen opponierten.
    Während Michael Odell den Vertrag von Nantucket instinktiv-gefühlsmäßig bekämpfte, ging es Stannard auch um Fragen der Machtverteilung und des Einflusses innerhalb der Washingtoner Hackordnung. Nicht nur philosophische Erwägungen hatten seinen Widerstand gegen den Vertrag bestimmt. Als er im Kabinett überstimmt worden war, hatte er dies mit unbewegter Miene hingenommen; und auch jetzt zeigte sich auf seinem Gesicht keinerlei Regung, als er hörte, wie es mit dem Präsidenten bergab ging.
    »Der Arme, mein Gott, der arme Mann«, murmelte Finanzminister Hubert Reed.
    »Dazu kommt noch ein weiteres Problem«, schloß der Psychiater seine Ausführungen. »Er ist kein Mensch, der aus sich herausgeht. Äußerlich wirkt er nicht emotional. Im Innern … ist er es natürlich, wie wir alle. Jedenfalls alle normalen Leute. Er unterdrückt seine Gefühle, kann nicht brüllen und schreien. Anders die First Lady; sie hat nicht die Belastungen des Amtes zu tragen, sie akzeptiert mehr Medikamente. Trotzdem glaube ich, daß sie in einer ebenso schlimmen Verfassung ist, wenn nicht in einer noch schlimmeren. Es geht ja um ihr einziges Kind, und ihr Zustand wird für den Präsidenten zu einer zusätzlichen seelischen Belastung.«
    Er ließ acht tief besorgte Männer zurück, als er ins Mansion hinüberging.
    Mehr aus Neugier als aus irgend einem anderen Grund blieb Andy Laing zwei Abende danach über die reguläre Zeit hinaus in seinem Büro in Dschiddah und befragte seinen Computer. Was er ausspuckte, betäubte ihn geradezu.
    Die Gaunerei nahm noch immer ihren Fortgang. Seit seiner Unterredung mit dem General-Manager waren noch weitere vier Umbuchungen vorgenommen worden. Steve Pyle hätte die Sache mit einem Telefonanruf stoppen können. Das Konto des Halunken war mit Geld förmlich überschwemmt, alles aus öffentlichen Mitteln des Königreichs Saudi-Arabien. Laing wußte, daß derartige Unterschlagungen in Saudi-Arabien nichts Unbekanntes waren, hier aber handelte es sich um Riesensummen, genug, um eine großangelegte kommerzielle oder irgendeine andere Operation zu finanzieren.
    Er fuhr entsetzt zusammen, als ihn jäh die Erkenntnis traf, daß Steve Pyle, ein Mann, den er geachtet hatte, in diese Sache verwickelt sein mußte. Es wäre nicht das erste Mal, daß ein Bankmanager in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Aber es war dennoch ein Schock für ihn. Und wenn er daran dachte, daß er mit seiner Entdeckung zu dem Schuldigen selbst gegangen war …! Er verbrachte den Rest der Nacht in seiner Wohnung über seine Reiseschreibmaschine gebeugt. Zufällig hatte ihn die Rockman-Queens Bank nicht in New York, sondern in London in ihre Dienste genommen, wo er für ein anderes amerikanisches Geldinstitut gearbeitet hatte.
    London war auch das Zentrum für die geschäftlichen Aktivitäten in Europa und im Nahen Osten, die größte Niederlassung der Bank außerhalb New Yorks, und dort befand sich auch die Revisionsabteilung für Überseegeschäfte. Laing wußte, was er zu tun hatte; er richtete seinen Bericht an den Leiter dieser Abteilung und schloß als Beweisstücke für seine Behauptungen vier Bogen eines Computerausdrucks bei.
    Wäre er ein bißchen schlauer gewesen, hätte er das Päckchen mit der normalen Post abgeschickt. Doch diese arbeitete langsam und nicht immer zuverlässig. Er warf sein Päckchen in den »Sack« der Bank, der normalerweise von einem Kurier von Dschiddah direkt nach London gegangen wäre. Normalerweise. Doch nach Laings Besuch in Riad, eine Woche vorher, hatte der General Manager die Weisung erteilt, alles, was in Dschiddah in den Kuriersack kam, habe über Riad zu gehen. Am nächsten Tag prüfte Steve Pyle die abgehende Post, nahm den Bericht Laings heraus, schickte das übrige weiter und las sehr sorgfältig, was Laing zu Papier gebracht hatte. Danach hob er den Telefonhörer ab und wählte eine lokale Nummer.
    »Oberst Easterhouse, wir haben hier ein Problem. Ich denke, wir sollten uns sehen.«
    Auf beiden Seiten des Atlantik hatten die Medien berichtet, was es zu berichten gab, und sie berichteten immer wieder das gleiche. Dennoch gingen ihnen die Worte nicht aus. Experten jeglicher Art, von Psychiatrieprofessoren bis zu Medien von Okkultisten, hatten den Behörden ihre Analysen und Ratschläge offeriert. Experten der Parapsychologie hatten – vor der Kamera – Verbindung zur Geisterwelt aufgenommen und eine Vielzahl von Botschaften empfangen,

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