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Der Untoten Zaehmung

Der Untoten Zaehmung

Titel: Der Untoten Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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wurde, sondern war zudem auch noch schlank und hatte eine knabenhafte Figur. Das war zwar vorteilhaft für die Jagd, aber nicht für ein Ballkleid. Damit meines richtig saß, hatte meine Großtante Margaret darauf bestanden, dass ich das Mieder mit Stoffresten ausstopfte.
    Als Reginald mir in unserer ersten gemeinsamen Nacht meine Kleider ausgezogen hatte, war er furchtbar wütend über das geworden, was er vorgefunden hatte. Oder eher, was er nicht vorgefunden hatte.
    Ich schloss die Augen, um die Erinnerung zu vertreiben. Ich hatte gewusst, dass es kein Vergnügen sein würde, meine ehelichen Pflichten zu erfüllen, aber ich war immer noch schockiert, wie unangenehm es war.
    Die Amme zog sich zur Tür zurück, da sie glaubte, ich würde schlafen. Wenn ich tatsächlich der Junge gewesen wäre, der ich zu sein vorgab, hätte ich wirklich zum Theater gehen sollen. »So ist es gut, Kind, schließt Eure Augen. Ihr braucht Schlaf. Morgen werdet Ihr Euch besser fühlen. Da bin ich mir si…«
    Die Tür schloss sich und dämpfte die Worte der Amme, auch wenn ich immer noch hören konnte, wie sie im Flur mit sich selbst sprach. Das Gemurmel wurde immer leiser, während sie sich weiter und weiter von meiner Tür fortbewegte.
    Ich warf die Decke zurück, sprang auf die Beine und zog mir die Kniehose bis auf die Knöchel herunter. Als sich die Tür wieder zu öffnen begann, stolperte ich fast.
    »Möchtet Ihr noch etwas essen? Das Kind in Eurem Bauch ist doch sicher hungrig.« Die Amme kicherte.
    Ich hatte die Decke so hastig über mich gezogen, dass ich mir dabei meinen Daumen ins Auge piekte. Manchmal hätte ich schwören können, dass die Amme nicht so dumm oder taub war, wie sie tat. Doch dann gab es wieder Zeiten, in denen ich wusste, dass sie es war.
    »Ach bitte, lasst mich schlafen!«, rief ich. Warum hatte ich der Amme nicht einfach sofort widersprochen, als sie anfing, über meine vermeintliche Schwangerschaft zu spekulieren? Nun würde ich kaum noch etwas anderes hören.
    »Also gut«, brummte die Amme und zog sich zurück. »Ihr müsst nicht gleich schreien.« Die Tür schloss sich.
    Ich wartete. Dann wartete ich noch ein wenig länger, ließ meinen Blick dabei fest auf die Tür gerichtet und horchte auf die leisesten Schritte.
    Es gab Tage, an denen ich dachte, ich würde verrückt werden. In diesem Haus fand man niemals auch nur einen einzigen Augenblick Ruhe. Das Einzige, was mich besänftigte und meine geistige Gesundheit bewahrte, waren die Nächte, die ich damit verbrachte, in den Eingeweiden Londons nach Zombies zu jagen.
    Als ich endlich ein lautes Schnarchen vernahm, warf ich einen Blick auf den Balkon. Heute Nacht würde ich nicht schlafen. Jedes Mal wenn ich meine Augen schloss, sah ich das Gesicht des Fremden, den ich getötet hatte. Die einzige Möglichkeit, für das Leben, das ich genommen hatte, Abbitte zu leisten, bestand darin, andere Leben zu retten. Und das konnte ich nur erreichen, indem ich die Tibonage tötete. In letzter Zeit waren viel zu viele von ihnen unterwegs.
    Innerhalb von Minuten war ich aus dem Bett geschlüpft, hatte mein Schwert gereinigt und war über den Balkon in die Nacht verschwunden.

4
    »Ein Mensch kann nur einmal sterben.«
    König Heinrich IV. , Zweiter Teil (3. Akt, 2. Szene)
    W ill kam langsam wieder zu sich. Zuerst kehrte sein Gehör zurück. Rufe und Schreie erinnerten ihn daran, wo er lag.
    Southwark. Am besten kam er schnell wieder auf die Beine, bevor ihn jemand umbrachte. Noch einmal.
    Als Nächstes erlangte er langsam seinen Geruchssinn wieder. Blut. Sein eigenes. Wasser. Abgestanden und warm. Unrat. Eine Ratte.
    Der Knabe.
    Er war nicht mehr da, aber sein Geruch verweilte, eine seltsame Mischung aus süßlichem Schweiß und Blumen. Vielleicht verbrachte der Junge seine Tage als Gärtnergehilfe.
    Will öffnete seine Augen. Als er nichts außer Dunkelheit wahrnehmen konnte, befürchtete er einen Augenblick lang, er könnte wahrhaftig tot sein. Dann schärfte sich seine Sicht; Wolken waren aufgezogen und verdunkelten Mond und Sterne. Es regnete leicht – dies war schließlich immer noch England.
    Zuletzt spürte er den Schmerz. Er lag auf den feuchten, harten und kalten Pflastersteinen. Natürlich war sein Körper härter und kälter, aber darauf zu sterben war dennoch kein Vergnügen. Auch wenn er wie stets zurück ins Leben gekommen war, tat das Sterben weh .
    Jedes verdammte Mal.
    Will befühlte seinen Hals. Die einzigen Hinweise darauf, dass man ihm seine

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