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Der Untoten Zaehmung

Der Untoten Zaehmung

Titel: Der Untoten Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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schreckliche Idee.
    In diesem Moment drehte sich die Amme um und sah mich. »Kommt her, Junge. Auf der Stelle!« Sie winkte mit ihren langen, knochigen Fingern, und ihre segelähnliche Kopfbedeckung erzitterte, als hätte sie der Nordwind erfasst. »Mich dünkt, die Diener in diesem Haus sind noch langsamer als Schnecken.«
    »Ja, Amme.« Ich bemühte mich, meine Stimme tiefer klingen zu lassen, dennoch hörte sie sich allzu sehr nach meiner eigenen an.
    Sie bemerkte es nicht.
    »Wer hat Euch hergeschickt und warum?«, wollte sie wissen.
    »Ich soll die Nachttöpfe einsammeln.« Ich wollte mich an ihr vorbeischieben. »Ich hole nur schnell den der Herrin und bin wieder weg.«
    »Nein!« Sie packte mich am Arm, und ich sah meine Chance.
    Ich riss mich mit entsetztem Gesicht los. »Ihr brennt ja innerlich, gute Amme. Ihr steht in Flammen.« Ich wich zurück. »Euer Gesicht glüht regelrecht!«
    Die Amme legte ihre Hände auf ihre ausgemergelten Wangen. »Ich fühle es nicht!«
    »Und warum solltet Ihr auch«, sagte ich und wich weiter zurück. »Eure Hände sind ebenso erhitzt wie der Rest von Euch.«
    Sie ließ ihre Arme sinken und richtete sich auf. »Ich bin nicht krank. Ich bin niemals krank.«
    »Das sagt jeder, der jemals krank gewesen ist. Zu Hilfe!«, rief ich. »Zu Hilfe!«
    Als sich Schritte näherten, sah mich die Amme giftig an. »Das werde ich Euch heimzahlen.« Sie kam auf mich zu.
    Sie würde es versuchen. Aber wenn sie es schaffte, aus den Stallungen zu entkommen, in die man sie gleich sperren würde, wäre der Junge, der dafür verantwortlich war, längst verschwunden.
    Ich ließ zu, dass sie mich ergriff, mich schüttelte, mich anschrie – nur um sie so noch wahnhafter aussehen zu lassen. Als die anderen uns erreichten, schlug sie mir gerade auf die Schultern, und ich verbarg mein Gesicht.
    »Sie muss im Delirium sein!«, rief ich. »Ihre Haut brennt wie Feuer. Sie muss aufhören, mich zu berühren! Oh, ich will nicht sterben.«
    Ich war, wenn ich das so sagen darf, äußerst überzeugend. Ich konnte angesichts meines bedrohten Lebens sogar ein paar Tränen hervorbringen. Die anderen zogen die Amme von mir fort, die Treppe hinunter und dann aus dem Haus. Mich ließen sie schluchzend auf dem Boden sitzen.
    Sobald ich allein war, verschwand ich in meinem Zimmer. Nach ein paar Minuten kam ich als Katherine Dymond, Herrin des Hauses, wieder heraus.
    »Amme?«, rief ich. »Oh, wo ist meine gute Amme?«
    Wenn ich dabei zu breit grinste oder meine Stimme zu fröhlich klang, so bemerkte es niemand. Sie waren zu aufgeregt, mir mitzuteilen, dass meine Dienerin wahrscheinlich sterben würde.

14
    »Die ganze Welt ist Bühne,
und alle Frau’n und Männer bloße Spieler.«
    Wie es euch gefällt (2. Akt, 7. Szene)
    D ie Frau war ein Geist gewesen. Wills einzige Entschul digung dafür, es nicht früher bemerkt zu haben, war die Tatsache, dass er schon so lange nicht mehr mit einem Geist gesprochen hatte, dass ihm die Möglichkeit gar nicht in den Sinn gekommen war.
    Doch das erklärte einiges.
    Woher sie gewusst hatte, dass er Stimmen hörte, zum Beispiel. Woher sie gewusst hatte, was er war.
    Seltsamerweise beruhigte die Erkenntnis, dass sie ein Phantom war, seine Nerven. Kein Lebender kannte sein Geheimnis. Niemand konnte Kate die Wahrheit erzählen. Er würde nicht mit ansehen müssen, wie die aufkeimende Zuneigung in ihren Augen zuerst zu Abscheu und dann zu Hass wurde. Will wusste nicht, ob er das ertragen konnte.
    Jahrhunderte waren vergangen, seit er das letzte Mal so etwas gefühlt hatte.
    Nein, er musste ehrlich sein. Er hatte sich noch niemals so gefühlt. Nicht in all den Äonen seines Unlebens. Die Emotionen, die ihn bei dem Kuss mit Kate durchströmt hatten, waren anders gewesen als alles, was er jemals zuvor verspürt hatte. Seine Gefühle für Cleo verblassten dagegen. Als er die Königin des Nil verloren hatte, waren Jahrzehnte vergangen, bis seine Trauer nachließ. Wenn er Kate verlor, wusste er nicht, ob er weiterexistieren konnte.
    Er klang wie ein berauschter Narr. Wie Kate gesagt hatte, kannte er sie kaum, wie konnte er sie da lieben?
    Die Straßen waren verlassen, und einen Augenblick lang fragte sich Will, warum das so war. Dann erblickte er an fast jeder Haustür ein weißes Kreuz und verstand. Die Zombies waren fleißig gewesen.
    Das Rose-Theater war in Aufruhr. Schauspieler und Bühnenarbeiter liefen aufgeregt umher.
    Will war verwirrt. Warum war man über sein spätes Erscheinen so

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