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Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Titel: Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Mackay
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herausfordernd gemacht. Jetzt tut sie so, als würde sie das Ganze langweilen. Sie will den Anschein erwecken, als würde sie so was tagtäglich erleben, als wäre das nichts Besonderes. Unbeeindruckt. Keine Angst. Je mehr sie versucht, cool zu bleiben, umso verängstigter wirkt sie. Sie ist wirklich hübsch. George hat alles Mögliche unternommen, um den Frauen aus dem Weg zu gehen, die seine Arbeit mit sich bringt, aber die Anziehungskraft dieser Frau entgeht ihm nicht. Er würde ihr gern sagen, dass sie nichts zu befürchten hat, aber das geht nicht. Nichts, was ihn verraten könnte. Schade. Dem jungen Mann auf dem Boden würde er am liebsten sagen, dass er mit der Flennerei aufhören und sich zusammenreißen soll, aber auch das ist nicht drin. Also schweigen. Den Anblick genießen. Die Stellung halten. Die beiden in Schach halten. Warten.
    Die zweite links. Calum schiebt die Tür langsam auf. Drinnen ist es dunkel. Die Waffe im Anschlag. Stopp. Wenn er ihn reinkommen gehört hat, könnte er hinter der Tür stehen. Stille. Dann ein Grunzen. Ein leises, knurrendes Schnarchen. Das Schnarchen eines leicht übergewichtigen Mannes mittleren Alters, der mit Alkohol abgefüllt ist. Calum betritt langsam, mit wachsendem Selbstvertrauen das Zimmer. Er streckt die behandschuhte Hand aus und findet den Lichtschalter. Winter liegt rücklings auf dem Bett, die Arme auf beiden Seiten ausgestreckt. Er schnarcht angestrengt und hat einen gereizten Gesichtsausdruck. Calum riecht den Urin. Die Waffe dicht am Körper, tritt er ans Bett und betrachtet sein Ziel. Manchmal hat man das Gefühl, ihnen damit einen Gefallen zu tun. Man sieht das Leben vor sich, das der Mann führt, erkennt, mit welchem Mist er sich tagtäglich abgeben muss, und hat das Gefühl, ihm zu helfen.
    Jedes Mal anders vorgehen. Das ist Calums Methode. Manche Leute erschießen ihre Ziele immer auf ein und dieselbe Art. Fast so was wie ein Markenzeichen. Warum eine Signatur hinterlassen? Mal schießt Calum seitlich in den Kopf, mal von vorn, mal vom Kinn nach oben oder durch den Schädel nach unten. Manchmal schießt man nur ein einziges Mal. Manchmal sind mehrere Schüsse nötig. Manchmal verpasst man ihnen auch mehrere Schüsse, obwohl es gar nicht nötig ist, bloß damit es nach einem verzweifelten Angreifer aussieht. Diesmal, mit dem Ziel flach auf dem Rücken, fällt die Entscheidung leicht. Nur eine Kugel, durchs Kinn nach oben. Er wird nicht mal was merken. Winter ächzt und grunzt mitleiderregend. Der gereizte Ausdruck bleibt in seinem Gesicht. Ihm einen Gefallen tun.
    Calum presst ihm die Waffe ans Kinn. Da ist eine kleine Speckfalte. Er hält inne, dreht den Kopf leicht zur Seite und drückt ab. Der Schuss ist jedes Mal verstörend. Egal, wie oft man ihn schon gehört hat. Unterm Kinn zerstäubt eine kleine Wolke Blut. Winters Körper zuckt kurz und entspannt sich wieder. Calum sieht ihn sich genauer an. Es gibt keine Austrittswunde. Die Kugel ist stecken geblieben. Manchmal, wenn sie wieder austritt, kann man sie finden und vom Tatort mitnehmen. Die kriegen trotzdem raus, was für eine Waffe benutzt wurde, aber es dauert länger. Diesmal nichts. Er hält inne, betrachtet Winter. Nicht um nachzudenken, nur um sicherzugehen. Tot. Sie alle haben den Schuss gehört. Cope schaut zur Tür, dann wendet sie den Blick ab. Sie wusste, dass es passieren würde. Trotzdem tut es weh, den Schuss zu hören. Der junge Mann ist verstummt. Seine schlimmsten Ängste werden wahr. Er glaubt, dass er der Nächste ist. George weiß, dass der Auftrag erledigt ist. Jetzt die Flucht. Er hält die Waffe ein bisschen höher. Ist etwas angespannter. Bei der Flucht kann viel schiefgehen. Jemand hört den Schuss und reagiert bescheuert, bringt sich in Gefahr. Die erhobene Waffe ist eine Warnung. Geduld. So schwer zu bewahren. Die Nachbarn könnten den Schuss locker gehört haben. Man kann sich nicht mehr nach dem eigenen Zeitrahmen richten. Er hört jemanden auf der Treppe. Die letzte, unbegründete Sorge. Was, wenn Winter die Treppe runterkommt, nachdem er Calum überrumpelt hat? George wirft einen Blick über die Schulter, und lässt Cope und den jungen Mann kurz aus den Augen.
    Calum schaltet das Licht aus und verlässt das Schlafzimmer. Mit festem Schritt. Für ihn ist das Schlimmste vorbei. Das Ziel ist tot. Jetzt müssen sie verschwinden. Noch immer besteht die Gefahr, erwischt zu werden, doch die Gefahr für sein Leben ist so gut wie vorbei. Die Treppe runter. George steht mit

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