Der Unwillige Braeutigam
verstrichen, bevor er merkte, diese Vorstellung kam ihm so gelegen wie ein zu lange gegartes Soufflé.
Mit dem hier hatte er nicht gerechnet. Weder mit der Warnung, noch mit seiner Reaktion darauf. Vielmehr war er es doch, der verärgert sein sollte, denn er war es schließlich gewesen, der hereingelegt worden war.
„Sie wollen, dass ich mich von ihr fernhalte? Ich?“ Als ob sie sich Sorgen machen müssten, dass er ihr hinterherlaufen würde, unfähig, ihr fernzubleiben, weil er so sehr nach ihr verlangte. Lady Bartlett konnte das unmöglich meinen. Es musste Teil ihres Plans sein.
„Ich werde jedenfalls nicht den gleichen Fehler begehen, den mein Mann und ich gemacht haben, als Ihr Bruder Madeline so schmählich behandelt hat.“
Derek versteifte sich. „Ihre Tochter …“
Eine schlanke Hand hob sich, um ihn zu unterbrechen. „Meine Tochter“, sagte die Baroness mit schmalen Lippen und nicht ohne Bitterkeit, „war gerade einmal siebzehn, während Ihr Bruder neunzehn Jahre alt war. Trotz seiner gegenteiligen Beteuerungen war er es, der sie mit Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft und eine Hochzeit verführt hat.“
„Mein Bruder würde mich nicht anlügen.“
„Und wenn Sie das wirklich glauben, dann sind Sie wohl nicht so scharfsinnig, wie Sie den Eindruck erwecken.“
„Auf jeden Fall schenke ich meinem Bruder mehr Glauben als Ihrer Tochter.“
Lady Bartlett öffnete den Mund, dann schloss sie ihn aber jäh wieder und holte tief Luft. „Mylord, haben Sie sich je wegen irgendetwas oder in irgendjemandem geirrt? Ich bin die Erste, die zugibt, dass mir das passiert ist. Ich habe mich in Ihnen geirrt. Wir haben uns unter schwierigsten Umständen kennengelernt, aber während Sie mir überaus loyal und beschützend Ihrer Familie gegenüber vorkamen, schienen Sie darüber hinaus kein Mann zu sein, der sich an Unschuldigen rächen würde. Ich weiß, zwischen Ihnen und meiner Tochter ist etwas geschehen, und ich kann erkennen, dass sie leidet. Aber bitte nehmen Sie Folgendes zur Kenntnis: Elizabeth ist bei all dem hier unschuldig. Sie war fünfzehn Jahre alt, als dies alles geschehen ist, und sie sollte dafür nicht verantwortlich gemacht werden.“
Als die Baroness fertig war, fühlte sich Derek, als sei er nicht mehr als zwei Fuß groß. Und es gefiel ihm überhaupt nicht, so heruntergeputzt zu werden. Was vermutlich der Grund dafür war, dass er sich bei der Erwiderung ertappte: „Da Sie mich praktisch angewiesen haben, Ihre Tochter in Ruhe zu lassen, werde ich einen Bankwechs…“
„Ich will Ihr verdammtes Geld nicht.“ Sie klang jetzt nicht mehr so damenhaft, und ihre Augen blitzten wütend, ihr Gesicht war dunkelrosa.
„Sie haben es einmal verlangt.“ Das konnte sie nicht abstreiten.
„Es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, die Tatsachen nicht durcheinander zu bringen. Weder mein Gemahl noch ich haben damals Geld verlangt. Es wurde uns ungefragt angeboten.“
Derek war es nicht gewohnt, dass mit ihm gesprochen wurde, als sei er ein Schulbub. Wenigstens nicht, seit er einer gewesen war.
Aber Lady Bartlett war noch nicht fertig mit ihm. „Was hätten Sie denn an unserer Stelle getan, mit wenig Geld und dem Ruf meiner Tochter in Fetzen – wegen Ihres Bruders? Wir haben in einer kleinen Stadt gelebt, was, wie Sie sich sicher vorstellen können, die Heiratsaussichten meiner Tochter auf praktisch nicht existent reduziert hat. Wir waren gezwungen, ihr den Großteil des Geldes als Mitgift auszusetzen, um eine gute Ehe für sie zu arrangieren.“
„ Mein Bruder war derjenige, dem ein Unrecht geschehen ist. Ihre Tochter wusste genau, was sie tat.“
Vor sechs Jahren hatten sie sich auch schon eben dieses bittere Wortgefecht geliefert. Es würde nichts bringen, die Vergangenheit aufleben zu lassen.
Entschlossenheit blitzte in den Augen der Baroness auf. Eine Löwin, bereit, alles und jeden zu vernichten, um ihre Jungen zu schützen. Sie stand abrupt auf, und ihre burgunderfarbenen Röcke raschelten. „Ich werde Sie zur Tür bringen.“
Derek wusste es nicht, warum es ihn überraschte, aber er war es. Niemand hatte ihn jemals einfach so entlassen. Nie.
Derek erhob sich. „Elizabeth …“
„Kümmern Sie sich nicht um meine Tochter“, unterbrach sie ihn scharf.
Es war klar, sie vermutete, dass er ihre Tochter kompromittiert hatte und sie … schickte ihn seiner Wege. Keine Forderungen nach einer Eheschließung, und sie hatte sogar sein Angebot von Geld ausgeschlagen, ehe er es
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