Der Utofant
System des rationellen Rationalismus, sie fordert den Empfänger zu höherer und besserer Leistung auf, mahnt ihn, sich immer der Verantwortung bewußt zu sein, die er mit seiner Arbeit übernommen habe. Um welche Arbeit es sich handelt, wird nicht gesagt.
Alt-Lettrologe Karstensen hält zwar für möglich, daß Li ebesarbeit gemeint sein könnte, doch sei auch jede andere Form von Arbeit denkbar, der Brief ist mehrzweckmäßig abstrakt gehalten, einfach gesprochen: Er ist der trockensubstantielle Brief an sich. Instant, mit Papirol-Textol-Geschmack, moralisch wertvoll. Von einem Allfried-J.-Brief existieren mehrere Kopien, der Inhalt zeichnet sich ebenfalls durch äußerste Abstraktheit aus, hinzu kommt eine auffallende Prinzipienlosigkeit. J. schreibt von einerseits schön funktionierenden Rollos, andererseits von rationell schönen Wandbekleidungen in bildlich-rationeller Waldform, welche durchaus zum Einbau in die Interhuman-Beziehungen geeignet scheinen könnten, andererseits aber kein Eigenleben führen sollten, noch andererseits aber auch wiederum die Belebung der rationellen Welt befördern, doch nicht hybride wuchern dürften, vielmehr der Rationalharmonisierung der humanen Arbeitsträger dienen müßten. Schockierend wirkt am Schluß die Formel dein dich leidenschaft lich bis zum Wahnsinn liebender Allfried .
Wahrscheinlich ist sie einer antiken Anleitung zum Schreiben von Liebesbriefen entnommen worden.
Der Fall des V-Objekts 07 scheint dann vergessen. Nirgends besagt ein Dokument, ob er erfolgreich oder mißerfolgreich abgeschlossen wurde. Dies könnte darauf hindeuten, daß es ihn nicht gegeben haben soll.
In älteren belletristischen Privatbibliotheken und einigen (nur sehr vergammelten) Antiquariaten kann man mit etwas Glück einen der beiden Bestseller erhalten, die einige Jahre nach jenem Vorfall erschienen sind, manchmal auch in Kassettenform.
MEIN BRIEFWECHSEL MIT EINEM LEBENDEN AUTOMATEN
Und
DIE SCHÖNEN UNNÜTZEN HIN-
UND-HERSCHREIBEREIEN VON ISA UND IHREM
GELIEBTEN ALLFRIED.
Beides zusammengestellt und herausgegeben von Isa und Allfried J.
Im ersten Buch gibt Isa, die spätere Ehefrau des Allfried J. Auskunft darüber, wie sie zum Machen ihres ersten Briefes, des V-Objektes 07, gekommen sei. Es habe eben plötzlich die Notwendigkeit für sie bestanden, sich mit Textol auf Papirol zu äußern, sie arbeitete damals in einer Telebildzentrale als Televideonistin und habe täglich fünf Stunden lang die Televideo-Kommunikationen des Bevölkerungsbedarfs vermittelt und zwischendurch gelegentlich mit Allfried J. televideokommuniziert. Allmählich sei sie jedoch von dem Gefühl ergriffen worden, was sie in der Zentrale vermittels der entsprechenden Computer vermittelt hatte, sei in den Wind geredet und durch die Luft entflimmert, da bleibe nichts zurück, selbst wenn die Partner das Gehörte und Gesehene bis auf das schwächste Husten, das unerheblichste Gesichtsverziehen auf Band genommen hätten, da bleibt nichts, habe sie empfunden, da ist nichts Handfestes, nichts Eigenes, nichts Sonderliches, wenn auch die Partner die eigene Stimme und das eigene Grinsen vorführen. Ich fühlte mich gedrängt, gesteht sie ein, ich müßte dem Allfried etwas geben, was sonst nicht üblich ist, was er von keiner anderen haben kann, was Selbstgemachtes, etwas, was er zu jeder Gelegenheit, auch wenn die Stromversorgung zusammenbricht, sich zu Gemüte führen kann, etwas, was nicht so eindeutig vor Ohren und vor Augen steht, etwas, woran er rätseln kann, was nicht abschaltbar ist… Natürlich könnte er es wegwerfen, aber es ist so eigentümlich ungewöhnlich, daß er es dafür viel zu kostbar halten und es sorgfältig aufbewahren wird. Sie habe, als Allfried auf ihren Brief nicht eingegangen sei, zunächst das Briefmachen unterlassen, und als bei ihr ganz unverhofft ein Brief im Korridor gelegen habe, der von ihm unterschrieben war, habe sie Allfried eines Abends danach gefragt, und Allfried habe zugegeben, daß dieser Brief von einem Kollektiv des Institutes für Verhaltenslenkung gemacht worden sei, auch weitere Briefe, die von ihm noch kommen würden, seien nicht von ihm, sondern vom Institut gemacht. Dies sei geheim, er dürfe es ihr nicht verraten, er selber könne keinen Brief zuwege bringen, und er gestand ihr auch, er habe ihren Brief als mutmaßlich antiken Fund sofort gemeldet. Darüber sei Isa zwar bestürzt, doch auch erfreut gewesen. Daß Allfried ihr Selbstgemachtes dermaßen hoch
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