Der Väter Fluch
war ziemlich vage«, meinte Decker. »Vielleicht hat er Schatten gesehen, vielleicht hat er aber auch nur geträumt.«
»Er hat nicht geträumt«, widersprach Oliver. »Er sah zwei Schatten - Holt und Tarpin. Beides Überlebenskämpfer; beides Milizangehörige. Sie warten, bis alles schläft, ziehen sich ihre Tarnanzüge über, legen Baldwin und Ernesto um und verschwinden wieder in den Wäldern. Tarpin geht dann zu seinen Jungs zurück, Holt legt Dee um...«
»Scott, genauso gut könntest du behaupten, Dee Baldwin hätte sich selbst umgebracht aus Reue darüber, dass sie ihren Mann und Ernesto erwischt und in einem Wutanfall umgenietet hat«, warf Martinez ein.
Marge verzog das Gesicht. »Daran glaube ich keine Sekunde.«
»Tja, aber du hast nicht gesehen, wie sie dalag. Hätte mit Selbstmord übereinstimmen können.«
»Tarpin stand mit ein paar ganz schlimmen Typen in Verbindung, Bert. Ihr alle hättet die Informationen über Garvey McKenna und seine Miliz sehen sollen - die Method of Mad White Boys«, sagte Webster.
»Das sind doch Spinner«, erwiderte Martinez.
»Das heißt aber nicht, dass sie nicht bösartig sind«, konterte Webster.
»Vielleicht ist das der Grund, warum Tarpin sich von ihnen getrennt hat«, schlug Martinez vor.
»Warum verteidigst du einen Schwachkopf wie Tarpin?«, wandte Oliver sich an Bert. »Ich verteidige ihn überhaupt nicht«, erwiderte Martinez gereizt. »Ich halte es für eigenartig, dass Tarpin und Holt – selbst mit ihren rassistischen Ansichten - jahrelang Däumchen drehen, bevor sie schließlich die Baldwins umbringen. Zumal Tarpin und Holt sich möglicherweise schon seit Jahren kennen.«
»Vielleicht spielte Geld eine Rolle«, meinte Wanda.
»Kein schlechter Gedanke«, sagte Oliver. »Irgendjemand von den HVR bezahlt Tarpin dafür, die Baldwins umzubringen, da die Baldwins Liberale waren, Scheißseelenklempner, und die HVR wussten, dass Tarpin sie leichter als jeder andere kriegen konnte.«
Decker verzog das Gesicht. »Ich kann mich nicht erinnern, dass die Baldwins einen Feldzug gegen die HVR oder irgendeine andere antisemitische Gruppierung geführt hätten. Sie erscheinen mir als ein merkwürdiges Ziel.«
»Ist nicht auch Ernestos Vater politisch ziemlich liberal?«, fragte Wanda.
»Aha!«, rief Oliver triumphierend. »Tarpin erledigt drei auf einen Streich.«
»Ernesto wurde umgebracht, nicht sein Dad«, wandte Marge ein. »Wenn du jemanden treffen willst, dann greif seine Kinder an«, sagte Oliver.
»Stimmt«, meinte Decker. »Aber wenn Tarpin es getan hat, stellt er sich damit direkt ins Rampenlicht. Es gibt ungefährlichere Wege, jemanden umzubringen.«
»Genau. Warum sollte Tarpin sich selbst in die Schusslinie bringen?«, fragte Martinez. »Weil er ein scheißdämlicher Rassist ist«, erwiderte Oliver.
»Nenn mir ein Motiv, Scott«, sagte Martinez, »etwas anderes als >weil er ein scheißdämlicher Rassist ist<.«
»Ist das nicht genug?«
»Nein, die Tatsache, dass jemand ein dämlicher Rassist ist, macht ihn noch lange nicht zum dreifachen Mörder«, entgegnete Martinez.
»Das heißt aber auch nicht, dass er's nicht ist.«
»Also jetzt wird's langsam kindisch«, meinte Marge.
Wanda räusperte sich. »Könnte es sein, dass einer der Jungs aus dem Camp von Tarpin so begeistert war, dass er eine seiner rassistischen Ideen bis ins letzte Detail ausführte?«
»Möglich ist alles«, sagte Decker. »Ich schlage vor, wir beginnen mit dem, was wir haben. Tathergang A - dreifacher Mord. Tathergang B - Doppelmord und Selbstmord...«
»Der Killer benutzte einen Schalldämpfer«, sagte Marge. »Wenn es eine Affektgeschichte wäre, hätte Dee keine Waffe und einen Schalldämpfer bei sich gehabt.«
»Vielleicht hatte sie ihren Mann schon seit Jahren verdächtigt und brauchte nur etwas Zeit, um den nötigen Mut aufzubringen«, gab Martinez zu bedenken. »Tatsache ist doch, dass wir es nicht wissen.«
»Bert hat Recht«, sagte Decker. »Wir wissen jedoch, dass Hank Tarpin noch lebt und zur Mordzeit vor Ort war. Wir wissen, dass Hank Tarpin die Leichen gefunden hat. Wir wissen, dass Tarpin - zusammen mit Holt - Mitglied bei den HVR ist. Wir wissen, dass Tarpin ein ehemaliger Marinesoldat ist, genau wie Garvey McKenna. Wir müssen uns noch mal mit Tarpin unterhalten.«
»Obwohl wir ihn bereits vier Stunden ohne Rechtsanwalt befragt haben und nichts dabei herausgekommen ist?«, fragte Martinez.
»Versucht es noch mal«, erwiderte Decker. »Denkt euch
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