Der Väter Fluch
Unsereiner würde nicht bloß einen Klaps auf die Finger kriegen, wenn wir eine Synagoge schänden.«
»Ernesto hat am Ende auch ein bisschen mehr als nur einen Klaps gekriegt«, widersprach Decker.
Webster hielt inne. »Ja, das stimmt. Ich wollte damit nicht sagen, dass er den Tod verdient hätte oder so was. Und ich meine auch nicht, dass junge Leute keine Sorgen haben. Ich frage mich nur, ob nicht manche Eltern die Baldwins als hoch bezahlte Babysitter benutzen.«
»Da ist sicher was Wahres dran«, sagte Decker. »Aber ich glaube auch, dass die meisten Eltern ganz einfach nur das Beste für ihre Kinder wollen.«
»Ganz egal, ob die Kinder das wollen oder nicht«, merkte Wanda an.
Oliver mischte sich wieder ein. »Um auf die Abkürzungen zurückzukommen: Ich dachte, PS könnte zum Beispiel für >Psychokiller< stehen.«
»So was sagt kein Psychiater, Scott«, entgegnete Marge. »Maryam hat angedeutet, dass Dee Baldwin so eine Art Karriereberaterin ist... sie bringt Jugendliche an den richtigen Unis unter. Vielleicht sind das Abkürzungen von Universitäten. S kommt am häufigsten vor, und es geht ja hier um clevere und reiche Schüler, also könnte das Stanford sein.«
»Und was ist PS?«, fragte Oliver. »Pseudo-Stanford? Hey, gar nicht schlecht, was?«
»Sehr gut, Oliver«, lobte Marge ihn.
»Vielleicht die University of Pennsylvania«, sagte Webster. »Das ist eine Eliteuni, und PS bedeutet Pennsylvania.«
»Was ist dann E?«, wollte Wanda wissen. »Und M?«
»E könnte Emory in Atlanta sein«, meinte Webster. »Auch eine der besten Unis des Landes. M ist vielleicht die University of Michigan - die gilt als beste der staatlichen Universitäten.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Oliver verächtlich.
»Ich habe in Michigan studiert.«
»Eins zu null für dich.«
»Reg dich nicht auf.«
»Wenn die Abkürzungen für Spitzenuniversitäten stehen, wo ist dann das H für Harvard? Und das P für Princeton oder das Y für Yale?«, fragte Decker. »Und was soll I sein? Oder L? Oder Sz?«
»Warteliste für Stanford?«
»Nein, glaube ich nicht.« Decker rieb sich die Schläfen. »Andere Vorschläge?«
Die Antwort war Schweigen, das von seinem Telefon unterbrochen wurde. Es war Rina. Man hörte ihr die Anspannung an - jeder hörte es, das ganze Büro.
»Die Morde sind in allen Nachrichtensendungen«, sagte sie. »Yonkie ist total durch den Wind. Falls du es vergessen haben solltest, er kannte Ernesto Golding...«
»Moment, Rina.« Decker hielt die Muschel zu und sah seine Untergebenen an. Sie standen schon, bevor er ein Wort gesagt hatte. »Gebt mir fünf Minuten.«
Sie nickten alle und waren schnell draußen. Rina fragte: »Bist du gerade in einer Besprechung?«
»War ich.«
»Über den Mord an Ernesto Golding?«
»Ja.«
»Hat Jacob dir erzählt, woher er Ernesto kannte? Er macht nur so Andeutungen.«
Decker antwortete nicht gleich.
Rina hakte nach. »Du musst es mir sagen, Peter.«
»Rina, er hat es mir persönlich anvertraut...«
»Ich bin seine Mutter, Peter!«, rief Rina. »Ach, vergiss es. Ich weiß sowieso Bescheid. Von den Drogenpartys, oder?«
Decker war einen Augenblick sprachlos.
»Ich bin zwar fromm, Peter, aber ich bin nicht weltfremd«, stellte Rina fest. »Und vor allem habe ich eine gute Nase. Seine Klamotten haben immer so nach Hasch gestunken. Nimmt man dazu noch seine früheren schlechten Noten, trotz seiner Intelligenz, muss man nicht Sherlock Holmes sein, um das rauszukriegen.«
»Und warum hast du nie mit mir darüber gesprochen?«
»Jetzt schieb nicht plötzlich mir die Schuld zu!«
»Es geht doch nicht um Schuld, Rina; ich versuche nur, dich zu verstehen, um Himmels willen!«
Rina schwieg. Dann sagte sie: »Ich wollte dich nicht beunruhigen. Du warst doch schon nervös genug, als Sammy nach Israel ging.«
»Hast du mal mit Jacob über seinen Drogenkonsum... über seinen früheren Drogenkonsum gesprochen?«, fragte Decker. »Hat er tatsächlich damit aufgehört?«
»Soweit ich weiß, ja.«
»Nein, habe ich nicht. Ich wusste einfach nicht, wie ich das Gespräch darauf bringen sollte, ohne hysterisch zu wirken. Und wenn Yonkie eins nicht gebrauchen konnte, dann eine hysterische Mutter. Ich fand, er muss nur reifer werden. Das war wohl ein bisschen naiv, aber manchmal hab ich auch einfach keine Lust, Aufpasserin zu spielen, Peter.«
»Das kann ich sehr gut verstehen, Schatz.«
»Ich hab aber mit Shmueli darüber geredet. Ich dachte mir, wenn Jacob mit
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