Der Vampir der mich liebte
sollst bei ihr vorbeischauen.«
»Kommt ihr mit?« Ich wusste nicht, was ich von Taras Begleiterin halten sollte.
»Tut mir leid, Claudine hilft mir heute im Laden«, sagte Tara. »Wir machen einen Sonderverkauf der alten Kollektion zu Neujahr, und die Leute kaufen ein wie wild. Soll ich etwas für dich zurücklegen? Ich habe noch ein paar richtig schicke Partykleider. War das, das du in Jackson getragen hast, nicht kaputtgegangen?«
Allerdings, schließlich hatte mir ein Fanatiker einen Pfahl in den Oberkörper getrieben. Darunter hatte das Kleid unweigerlich gelitten. »Es sind Flecken drauf«, sagte ich mit größter Beherrschung. »Das ist wirklich nett von dir, aber ich werde wohl kaum die Zeit finden, etwas anzuprobieren. Wegen Jason und all dem.« Und außerdem habe ich herzlich wenig Geld übrig für so was, sagte ich mir selbst.
»Klar«, sagte Tara. Sie nahm mich noch mal in den Arm. »Ruf mich an, wenn du mich brauchst, Sookie. Ist schon komisch, dass ich mich nicht besser an den Abend in Jackson erinnere. Vielleicht hatte ich auch zu viel getrunken. Haben wir getanzt?«
»Oh, ja, du hast mich überredet, diese Nummer zu tanzen, die wir für die Talentshow in der Schule eingeübt hatten.«
»O Gott, nein!«
»Ich fürchte, doch.« Ich wusste verdammt gut, dass sie sich daran erinnerte.
»Wenn ich bloß auch da gewesen wäre«, sagte Claudine. »Ich tanze so gern.«
»Also, diesen Abend im Vampir-Club hätte ich liebend gern verpasst«, erwiderte ich.
»Ich kann nie wieder nach Jackson fahren, wenn ich dort diesen Tanz öffentlich vorgeführt habe«, sagte Tara.
»Am besten fährt keine von uns noch mal nach Jackson.« Ich hatte in Jackson einige sehr wütende Vampire zurückgelassen, die Werwölfe waren allerdings noch zorniger. Nicht, dass viele von ihnen übrig geblieben waren. Aber immerhin.
Tara zögerte einen Augenblick, offensichtlich suchte sie nach den richtigen Worten. »Bill gehört doch das Gebäude, in dem Tara's Togs ist«, begann sie vorsichtig, »daher habe ich eine Telefonnummer, unter der er im Ausland zu erreichen ist. Wenn du ihn also irgendwas wissen lassen möchtest ... ?«
»Danke«, sagte ich, ganz und gar nicht sicher, ob ich dankbar war. »Er hat mir auch eine Nummer hinterlassen.« Eine Art von Endgültigkeit umgab Bills Aufenthalt im Ausland, die ihn unerreichbar erscheinen ließ. Ich hatte nicht mal daran gedacht, wegen meiner Zwangslage Kontakt zu ihm aufzunehmen; ich war so viele Leute durchgegangen und hatte darüber nachgedacht, ob ich sie anrufen sollte, doch sein Name war mir nicht ein einziges Mal eingefallen.
»Es ist nur so, dass er ziemlich, tja, weißt du, niedergeschlagen wirkte.« Tara begutachtete die Spitzen ihrer Stiefel. »Melancholisch«, sagte sie, als freute sie sich, ein Wort benutzen zu können, das nicht oft über ihre Lippen kam. Claudine verströmte freudige Zustimmung. Was für eine merkwürdige Person. Ihre großen Augen leuchteten, während sie mir die Schulter tätschelte.
Ich schluckte schwer. »Tja, ein echter Mr Smiley war er ja nie«, erwiderte ich. »Ich vermisse ihn. Aber ...« Nachdrücklich schüttelte ich den Kopf. »Es war einfach zu schlimm. Er hat mich ... zu sehr verletzt. Aber ich danke dir. Auch dafür, dass du mir das mit Holly erzählt hast.«
Tara strahlte im wohlverdienten Gefühl, für diesen Tag ihre gute Tat vollbracht zu haben, und ging zurück zu ihrem nagelneuen Camaro. Auch Claudine faltete ihren langen Körper wieder auf dem Beifahrersitz zusammen und winkte mir zu, als Tara losfuhr. Ich überlegte, wo Holly Cleary wohnte. Dann erinnerte ich mich, wie sie mal über den winzigen Einbauschrank in ihrem Apartment geklagt hatte - und das konnte nur eins bedeuten: Kingfisher Arms.
Als ich die U-förmig gebaute Wohnanlage am südlichen Ende von Bon Temps erreicht hatte, suchte ich die Briefkästen ab, um Hollys Apartmentnummer herauszubekommen. Sie wohnte im Erdgeschoss, in Nummer 4. Holly hatte einen fünfjährigen Sohn, Cody. Wie ihre beste Freundin Danielle Gray hatte auch Holly gleich nach dem Highschool-Abschluss geheiratet, und keine fünf Jahre später waren beide bereits wieder geschieden gewesen. Danielles Mutter war ihrer Tochter eine große Hilfe, doch so viel Glück hatte Holly nicht gehabt. Ihre schon lange geschiedenen Eltern waren beide weggezogen und ihre Großmutter war auf der Alzheimer-Station des Pflegeheims von Renard gestorben. Ein paar Monate lang hatte sich Holly mit Detective Andy
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