Der Vampir der mich liebte
Sie erinnerte sich sehr gut an das, was im Club passiert war, tat aber, als wäre dem nicht so, um sich selbst zu schützen. Wenn sie das zu ihrem eigenen Schutz tun musste, okay. Ich holte tief Luft.
»Triffst du dich eigentlich noch mit Franklin?«, fragte ich, um dem Gespräch eine andere Richtung zu geben.
»Er hat mir dieses Auto gekauft.«
Ich war ziemlich schockiert, eigentlich richtig entsetzt darüber, gehörte aber hoffentlich nicht zu denen, die auf andere mit dem Finger zeigen.
»Ein wunderbares Auto. Kennst du eigentlich irgendwelche Hexen?«, fragte ich und wechselte schnell wieder das Thema, damit Tara meine Vorbehalte nicht auffielen. Ich war überzeugt, sie würde mich auslachen, weil ich ihr eine solche Frage stellte. Aber es war eine gute Ablenkung. Nicht um alles in der Welt wollte ich sie verletzen.
Eine Hexe zu finden wäre eine enorme Hilfe. Ich war mir sicher, dass Jasons Entführung - und ich schwor mir selbst, dass es eine Entführung war und kein Mord - irgendwie mit Erics Verwünschung durch die Hexen zusammenhing. Das wären sonst einfach zu viele Zufälle auf einmal gewesen. Andererseits hatte ich in den letzten paar Monaten eine ganze Reihe von sehr vertrackten Zufällen erlebt. Na bitte, da hatte ich doch noch eine dritte zu bedenkende Seite gefunden.
»Natürlich«, sagte Tara und lächelte stolz. »Da kann ich dir helfen. Das heißt, wenn dir eine Wicca recht ist?«
Mich beherrschten so viele Gefühle gleichzeitig, dass ich nicht sicher war, ob mein Gesicht mit seinem Mienenspiel da hinterherkommen würde. Schock, Angst, Kummer und Sorge schwirrten wild durcheinander in meinem Hirn. Wenn dieser Wirbel sich wieder legte, würden wir ja sehen, was zuoberst lag.
»Du bist eine Hexe?«, fragte ich schwach.
»Meine Güte, nein. Ich bin katholisch. Aber ich bin mit ein paar Leuten befreundet, die zu den Wiccas gehören. Und einige von denen sind Hexen.«
»Oh, wirklich?« Das Wort Wicca hatte ich vorher noch nie gehört, glaube ich, höchstens vielleicht mal in einem Roman gelesen. »Tut mir leid, aber ich weiß nicht, was das bedeutet«, gab ich kleinlaut zu.
»Das kann Holly dir besser erklären als ich«, sagte Tara.
»Holly? Die Holly, mit der ich zusammenarbeite?«
»Genau. Oder du gehst zu Danielle, obwohl sie bestimmt nicht so bereitwillig darüber sprechen wird. Holly und Danielle gehören demselben Zirkel an.«
Mittlerweile war ich so schockiert, dass ich auch gleich ganz die Fassung verlieren konnte. »Zirkel«, wiederholte ich.
»Ja, eine Gruppe von Leuten, die gemeinsam einen heidnischen Kult zelebrieren.«
»Sind alle in diesen Zirkeln Hexen?«
»Ich glaube nicht - aber sie dürfen, nun ja, eben keine Christen sein. Wicca ist eine Religion.«
»Okay«, sagte ich. »Okay. Und du meinst, Holly würde mit mir darüber reden?«
»Warum nicht?« Tara ging zurück zu ihrem Auto, um ihr Handy zu holen, und schlenderte zwischen unseren beiden Wagen hin und her, während sie mit Holly telefonierte. Ich war ziemlich dankbar über diese kleine Verschnaufpause, die mir erlaubte, mental wieder auf die Beine zu kommen, wenn ich das mal so sagen darf. Und um höflich zu sein, stieg ich aus meinem Auto aus und sprach die Frau in Rot an, die sehr viel Geduld bewiesen hatte.
»Tut mir leid, dass wir uns an einem so schlimmen Tag kennen lernen«, sagte ich. »Ich bin Sookie Stackhouse.«
»Ich bin Claudine«, erwiderte sie mit einem wunderschönen Lächeln. Ihre Zähne waren schneeweiß wie die eines Hollywoodstars. Ihre Haut war von seltsamer Beschaffenheit; leicht glänzend und zart, erinnerte sie mich an die Haut einer Pflaume; so als würde süßer Saft hervorquellen, wenn jemand hineinbiss. »Ich bin wegen all der Aktivitäten hier.«
»Oh?«, machte ich verblüfft.
»Ja, ihr habt Vampire, Werwölfe und alle möglichen anderen Geschöpfe hier in Bon Temps - gar nicht zu reden von einigen machtvollen Wegkreuzungen. Das finde ich alles höchst faszinierend.«
»Aha, hm«, sagte ich unbestimmt. »Und haben Sie vor, das alles nur zu beobachten?«
»O nein. Die reine Beobachtung ist nicht mein Ding.« Sie lachte. »Du bist selbst recht faszinierend, wie?«
»Holly weiß Bescheid«, sagte Tara, klappte ihr Handy zu und lächelte, denn in Claudines Gegenwart fiel es regelrecht schwer, das nicht zu tun. Ich bemerkte, dass auch ich übers ganze Gesicht lächelte, und das war nicht mein übliches angespanntes Grinsen, sondern ein Ausdruck heiteren Glücks. »Sie sagt, du
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