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Der Vampir der mich liebte

Der Vampir der mich liebte

Titel: Der Vampir der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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mit einer Kundin, die kurz vor Ladenschluss angerufen hat.« Die Frau rang buchstäblich die Hände. »Ich mache mir solche Sorgen.«
    »Haben Sie seitdem wieder etwas von ihr gehört?«, fragte ich so sanft, wie es mir möglich war.
    »Als ich gestern Abend zu Bett ging, war ich sehr wütend auf sie«, sagte Verena und sah mich zum ersten Mal direkt an. »Ich dachte, sie würde die Nacht mit einer ihrer Freundinnen verbringen.« Sie zog die Augenbrauen hoch, damit ich ihre Anspielung auch verstand. Ich nickte. »Sie hat mir nie im Voraus Bescheid gesagt, immer hieß es nur: >Du siehst ja, wann ich zurück bin< oder >Wir sehen uns dann morgen früh in der Boutique< oder irgendwas in der Art.« Ein Schauder durchfuhr Verenas schlanken Körper. »Aber sie ist nicht nach Hause gekommen, und in der Boutique geht sie auch nicht ans Telefon.«
    »Ist die Boutique denn heute geöffnet?«, fragte Alcide.
    »Nein, Mittwoch ist unser Ruhetag. Aber sie geht trotzdem immer hin, um die Buchhaltung zu machen oder anderen Papierkram zu erledigen. Das tut sie immer«, wiederholte Verena.
    »Alcide und ich könnten ja für Sie bei der Boutique vorbeifahren und mal nachsehen«, schlug ich vorsichtig vor. »Vielleicht hat sie eine Nachricht hinterlassen.« Sie war nicht die Sorte Frau, der man begütigend den Arm tätschelte, daher unterließ ich diese ganz natürliche Geste und schloss einfach die Glastür des Windfangs, damit klar für sie war, dass sie zu Hause bleiben und nicht mit uns kommen sollte. Sie verstand es nur zu gut.
    »Verena Roses Boutique für Brautmoden« lag in einem gediegenen alten Haus inmitten eines Blocks ähnlich umgebauter zweistöckiger Gebäude. Das Haus war wunderschön renoviert und genauso sorgfältig gepflegt wie das Wohnhaus der Yancys, und es wunderte mich gar nicht, dass die Boutique ein solches Ansehen genoss. Die weißgestrichenen Backsteinmauern, die dunkelgrünen Fensterläden, das schwarz glänzende schmiedeeiserne Geländer der Treppe und die Messingbeschläge an der Tür, all das kündete von Eleganz und Aufmerksamkeit für jedes Detail. Ich verstand sofort, wieso jede Frau, die auf gesellschaftliches Ansehen hoffte, hier ihr Hochzeitskleid kaufen wollte.
    Das Haus stand etwas zurückgesetzt von der Straße, der Parkplatz lag an der rückwärtigen Seite, und in die Vorderfront war ein sehr großes Schaufenster eingebaut. In diesem Fenster stand eine Schaufensterpuppe ohne Gesicht, die eine schimmernde braune Perücke trug. Anmutig hielt sie einen atemberaubend schönen Blumenstrauß in den Armen. Und selbst vom Pick-up aus konnte ich bereits erkennen, dass das Brautkleid mit der reich bestickten Schleppe einfach sensationell war.
    Wir parkten in der Auffahrt und gingen den gepflasterten Weg hinauf. Dann begann Alcide plötzlich zu fluchen. Einen Moment lang glaubte ich, eine Invasion von Ungeziefer hätte das Schaufenster heimgesucht und sich auf dem schneeweißen Kleid ausgebreitet. Doch nach dieser Schrecksekunde merkte ich, dass diese Flecken Blutspritzer waren.
    Das Blut war auf den weißen Brokat gespritzt und dort getrocknet. Es sah aus, als wäre die Schaufensterpuppe verwundet, und für einen Augenblick zog ich diesen verrückten Gedanken tatsächlich in Erwägung. In den letzten paar Monaten waren mir eine ganze Menge unglaubliche Sachen untergekommen.
    »Adabelle«, sagte Alcide flehend.
    Wir standen am Fuß der Stufen, die zum Eingang hinaufführten, und starrten in das Schaufenster. Im Glaseinsatz der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift geschlossen und dahinter war die Jalousie heruntergelassen. Aus diesem Haus strömten mir keine Gedankenwellen eines lebenden Wesens entgegen. Das hatte ich bereits überprüft. So eine Überprüfung war eine gute Sache, das hatte ich auf schmerzliche Weise lernen müssen.
    »Alles tot«, sagte Alcide und hielt sein Gesicht in den leichten, kühlen Wind, die Augen geschlossen, um sich besser konzentrieren zu können. »Alles tot, drinnen und draußen.«
    Ich hielt mich an dem geschwungenen schmiedeeisernen Treppengeländer fest und erklomm die erste Stufe. Ich sah mich um. Mein Blick blieb schließlich an etwas im Blumenbeet unterhalb des Schaufensters hängen, an etwas Blassem, das sich deutlich gegen die krümelige Kiefernrinde auf dem Beet abhob. Ich stupste Alcide an und zeigte wortlos darauf.
    Dort lag neben einer gestutzten und zurückgebundenen Azalee eine Hand - ganz unbefestigt. Ich spürte, wie ein Schauder durch Alcides Körper ging,

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