Der Vampir der mich liebte
sich selbst ermahnte, den Mund zu halten.
»Sie lagen irgendwie durcheinander da«, sagte Alcide leise. Er war erschüttert. »Ich wusste nicht... wenn ich analysiert hätte, was ich sah...«
Obwohl ich Alcides Gedanken nicht sehr deutlich lesen konnte, erkannte ich seine Überlegung, dass Adabelle wohl eine ihrer Angreiferinnen erledigt haben musste. Und als der Rest der Gruppe verschwand, hatten sie nicht alle entsprechenden Teile erwischt.
»Und Sie sind aus Bon Temps, Miss Stackhouse?«, fragte der Detective, fast wie in Gedanken.
»Ja, Sir«, sagte ich und versuchte, meine Gedanken davon loszureißen, wie die letzten Momente von Adabelle ausgesehen haben mochten.
»Wo arbeiten Sie?«
»In Merlotte's Bar & Grill«, sagte ich. »Als Kellnerin.«
Während ihm der unterschiedliche soziale Status von Alcide und mir dämmerte, schloss ich die Augen und lehnte meinen Kopf gegen Alcides Brust. Detective Coughlin fragte sich, ob ich schwanger war; ob Alcides Vater, ein bekannter und wohlhabender Bürger Shreveports, einer solchen Heirat zustimmen würde. Und er konnte verstehen, warum ich ein teures Hochzeitskleid wollte, wenn ich einen Herveaux heiratete.
»Tragen Sie gar keinen Verlobungsring, Miss Stackhouse?«
»Ach, wir halten nicht viel von einer langen Verlobungszeit«, sagte Alcide. Ich hörte seine Stimme in seinem Brustkorb dröhnen. »Sie bekommt ihren Diamanten am Hochzeitstag.«
»Du Schuft«, neckte ich ihn liebevoll und stieß ihn in die Rippen, so fest ich konnte, ohne dass es zu sehr auffiel.
»Autsch«, protestierte er.
Irgendwie hatte diese kleine Einlage Detective Coughlin davon überzeugt, dass wir wirklich verlobt waren. Er notierte sich unsere Telefonnummern und Adressen und ließ uns gehen. Alcide war genauso erleichtert wie ich.
Bei der nächsten Gelegenheit, die ein wenig Abgeschiedenheit bot, hielten wir am Straßenrand - neben einem kleinen Park, der zu dieser kalten Jahreszeit weitgehend verlassen dalag -, und Alcide rief erneut Colonel Flood an. Ich wartete im Pick-up, während Alcide auf dem toten Rasen auf und ab ging, gestikulierte, seine Stimme erhob und so sein Entsetzen und seine Wut wenigstens etwas abreagieren konnte. Ich hatte gespürt, wie sich diese Emotionen in ihm aufbauten. Wie so vielen Männern fiel es Alcide nicht leicht, Gefühle auszudrücken. Das machte ihn irgendwie vertrauter und liebenswerter.
Liebenswerter? Ich sollte besser gleich wieder aufhören, so zu denken. Die Verlobung hatte ausschließlich für Detective Coughlin stattgefunden. Wenn Alcide für irgendjemand »liebenswert« war, dann war das die hinterhältige Debbie.
Als Alcide wieder in den Pick-up kletterte, machte er ein finsteres Gesicht.
»Ich fahre jetzt besser zurück ins Büro und setze dich bei deinem Auto ab«, sagte er. »Das alles tut mir furchtbar leid.«
»Das sollte wohl eher ich zu dir sagen.«
»An dieser Situation ist keiner von uns schuld«, sagte er bestimmt. »Keiner von uns wäre darin verwickelt, wenn wir es hätten vermeiden können.«
»Das ist weiß Gott wahr.« Nachdem ich eine Minute über die komplizierte übernatürliche Welt nachgedacht hatte, fragte ich Alcide nach Colonel Floods Plänen.
»Wir kümmern uns um die Sache«, sagte Alcide. »Tut mir leid, Sook, ich kann dir nicht erzählen, was wir vorhaben.«
»Wird es gefährlich für dich werden?«, fragte ich. Es rutschte mir einfach heraus.
Inzwischen waren wir beim Firmengebäude der Herveaux angekommen, und Alcide parkte seinen Pick-up neben meinem alten Auto. Er wandte sich mir zu und griff nach meiner Hand. »Mir wird nichts passieren. Mach dir keine Sorgen«, sagte er sanft. »Ich rufe dich an.«
»Vergiss es nicht«, erwiderte ich. »Ich muss dir noch erzählen, was die Hexen unternommen haben, um Eric zu finden.« Alcide wusste noch nichts von den überall aufgehängten Plakaten und der Belohnung. Er runzelte die Stirn, als ihm klar wurde, wie clever dieser Trick war.
»Debbie wollte eigentlich heute Abend hier vorbeikommen, so gegen sechs«, sagte er und sah auf seine Uhr. »Zu spät, um ihr noch abzusagen.«
»Wenn ihr eine große Aktion plant, könnte sie euch doch helfen«, schlug ich vor.
Er warf mir einen scharfen Blick zu. Ein Blick wie ein spitzer Stock, den er mir geradewegs ins Auge stechen wollte. »Sie ist eine Gestaltwandlerin und kein Werwolf«, erinnerte er mich abwehrend.
Vielleicht verwandelte sie sich ja in ein Wiesel oder in eine Ratte.
»Natürlich«, sagte ich ernsthaft.
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