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Der Vampir der mich liebte

Der Vampir der mich liebte

Titel: Der Vampir der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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dass er sie regelrecht beherrschte. Er mochte ja alte Arbeitshosen und Sicherheitsstiefel tragen, er mochte wie jeder andere Arbeiter hier in der Gegend aussehen, doch Calvin Norris war sehr viel mehr als das.
    Rudelführer , schoss es mir durch den Kopf. Aber wer konnte einem Rudel so weit draußen irgendwo in der Wildnis angehören? Nur Crystal? Dann erinnerte ich mich an Sams versteckte Warnung über das ungewöhnliche Wesen der Einwohner von Hotshot, und ich hatte eine Erleuchtung. Jeder in Hotshot war zweigestaltig.
    War das möglich? Ich war nicht vollkommen sicher, ob Calvin Norris ein Werwolf war - aber ich wusste, dass er sich nicht in irgendein Häschen verwandelte. Es kostete mich einige Anstrengung, den fast unwiderstehlichen Impuls zu unterdrücken, ihm meine Hand auf den Unterarm zu legen, um so, Haut an Haut, seine Gedanken so klar wie möglich zu lesen.
    Eines wusste ich allerdings genau: In den drei Nächten um Vollmond hätte ich nie und nimmer in Hotshot oder irgendwo in der Nähe sein mögen.
    »Sie sind doch die Kellnerin aus dem Merlotte's«, sagte er und sah mir fast ebenso konzentriert in die Augen wie Crystal.
    »Ich bin eine der Kellnerinnen im Merlotte's.«
    »Und Sie sind eine Freundin von Sam?«
    »Ja«, sagte ich, »bin ich. Ich bin auch eine Freundin von Alcide Herveaux. Und ich kenne Colonel Flood.«
    Diese Personen sagten Calvin etwas. Es überraschte mich nicht, dass er die Namen der wichtigen Shreveport-Werwölfe kannte - und Sam. Mein Boss hatte eine Weile gebraucht, um Kontakte zu den zweigestaltigen Geschöpfen der Gegend aufzubauen, aber er hatte es geschafft.
    Crystal hörte uns mit weit aufgerissenen dunklen Augen zu, ihre Laune war noch immer keinen Deut besser als vorhin. Ein junges Mädchen in Latzhose kam aus dem hinteren Teil des Hauses und hob das Kleinkind aus seinem Nest von Legosteinen heraus. Obwohl ihr Gesicht runder und ihre Figur fülliger war, war sie eindeutig als Crystals jüngere Schwester zu erkennen. Und ebenso eindeutig war sie bereits wieder schwanger.
    »Brauchst du irgendwas, Onkel Calvin?«, fragte sie und starrte mich über die Schulter ihres Kindes an.
    »Nein, Dawn. Kümmere dich um Matthew.« Sie verschwand wieder im hinteren Teil des Hauses. Ich hatte Recht gehabt, was das Geschlecht des Kindes betraf. Wenigstens etwas.
    »Crystal«, sagte Calvin Norris mit ruhiger und furchterregender Stimme, »jetzt erzählst du uns, was du getan hast.«
    Crystal war überzeugt gewesen, dass sie so davonkäme. Es war ein Schock für sie, dass sie jetzt zu einem Geständnis aufgefordert wurde.
    Doch sie gehorchte. Sie zierte sich noch ein wenig, dann begann sie.
    »Ich bin am Silvesterabend mit Jason ausgegangen«, sagte sie. »Ich hatte ihn bei Wal-Mart in Bon Temps kennen gelernt, als ich mir dort eine Handtasche kaufen wollte.«
    Ich seufzte. Jason fand wirklich überall potentielle Bettgefährtinnen. Eines Tages würde er sich irgendeine unappetitliche Krankheit einfangen (wenn er nicht schon eine hatte) oder von einer Vaterschaftsklage eingeholt werden. Und alles, was ich tun konnte, war zugucken.
    »Er fragte mich, ob ich an Silvester mit ihm ausgehen möchte. Ich glaube, die Frau, mit der er eigentlich verabredet war, hatte es sich anders überlegt. Er ist nicht der Typ, der keine Verabredung für Silvester hat.«
    Ich zuckte die Achseln. Jason konnte ohne weiteres Verabredungen mit fünf verschiedenen Frauen getroffen und sie alle wieder abgesagt haben. Und es passierte nicht selten, dass Frauen sich so über seine Angewohnheit ärgerten, allem hinterherzuhecheln, was eine Vagina besaß, dass sie Verabredungen mit ihm sehr plötzlich über den Haufen warfen.
    »Er ist ein süßer Typ, und ich komme gern mal aus Hotshot raus, also sagte ich ja. Er fragte mich, ob er mich abholen sollte. Aber weil das einigen meiner Nachbarn gar nicht gefallen hätte, sagte ich, wir sollten uns lieber an der Fina-Tankstelle treffen und von dort aus mit seinem Wagen fahren. Und das haben wir dann auch getan. Ich habe mich bestens mit ihm amüsiert, bin mit zu ihm nach Hause und habe eine tolle Nacht mit ihm verbracht.« Ihre Augen funkelten mich an. »Willst du wissen, wie er im Bett ist?«
    Nur undeutlich nahm ich eine blitzschnelle Bewegung wahr, und dann war etwas Blut an ihrem Mundwinkel. Calvins Hand baumelte wieder zwischen seinen Knien, ehe ich überhaupt erkannte, dass er sich bewegt hatte. »Sei höflich. Zeig dieser Frau nicht deine schlechteste Seite«, sagte er.

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