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Der Vampir der mich liebte

Der Vampir der mich liebte

Titel: Der Vampir der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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dringend frisches Blut, neue Gene. Sie sind keine Gestaltwandlerin, aber Sie sind auch keine ganz normale Frau. Normale Frauen halten sich hier nicht lange.«
    Na, das war eine vieldeutige und nicht sehr beruhigende Art, es auszudrücken. Aber ich versuchte, verständnisvoll auszusehen. Denn ich verstand ihn ja wirklich, und ich konnte auch seine Sorgen begreifen. Calvin Norris war zweifellos der Anführer dieser ungewöhnlichen Ansiedlung, und er trug die Verantwortung für deren Zukunft.
    Er runzelte die Stirn, als er die Straße hinunter zu dem Haus blickte, wo ich den Mann gesehen hatte. Doch er wandte sich wieder mir zu, um abzuschließen, was er mich wissen lassen wollte. »Sie würden die Leute hier sicher mögen, und Sie wären zur Fortpflanzung unserer Linie gut geeignet. Das sehe ich auf den ersten Blick.«
    Das war nun wirklich ein ungewöhnliches Kompliment. Mir fiel nichts ein, womit ich in angemessener Weise darauf reagieren konnte.
    »Das ist sehr schmeichelhaft, und ich weiß Ihr Angebot zu schätzen. Ich werde Ihre Worte nicht vergessen.« Ich machte eine Pause, um meine Gedanken zu sammeln. »Die Polizei wird sicher herausfinden, dass Crystal bei Jason war, wenn sie es nicht schon weiß. Sie wird ebenfalls hierher kommen.«
    »Die finden hier nichts«, sagte Calvin Norris. Mit leicht amüsiertem goldgrünem Blick sah er mir direkt in die Augen. »Die waren schon früher hier und werden auch wieder hierher kommen. Die erfahren hier gar nichts. Ich hoffe, Sie finden Ihren Bruder. Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich. Ich habe einen Job bei Norcross. Ich bin ein zuverlässiger und treuer Mann.«
    »Danke«, sagte ich, stieg in mein Auto und empfand ein starkes Gefühl der Erleichterung. Ich nickte Calvin mit ernster Miene zu, als ich aus Crystals Auffahrt zurücksetzte. Er arbeitete also bei Norcross, in der holzverarbeitenden Fabrik. Norcross zahlte hohe Löhne und bot gute Aufstiegsmöglichkeiten. Es gab schlechtere Angebote, so viel war sicher.
    Auf meinem Weg zur Arbeit überlegte ich, ob Crystal in der Nacht mit Jason versucht hatte, schwanger zu werden. Calvin hatte es anscheinend überhaupt nicht gestört, dass seine Nichte mit einem fremden Mann Sex gehabt hatte. Werwölfe mussten mit ihresgleichen Nachwuchs zeugen, damit die Kinder dieselben Eigenschaften aufwiesen wie ihre Eltern; das hatte Alcide mir erzählt. Diese kleine Dorfgemeinschaft hier suchte offensichtlich nach Alternativen. Vielleicht wollten sie, dass die schwächeren Werwölfe Kinder mit normalen Menschen bekamen. Das war immer noch besser, als eine Generation von Werwölfen zu zeugen, deren Kräfte so schwach ausgeprägt waren, dass sie weder ihre zweite Natur erfolgreich leben noch als normale Menschen ein glückliches Dasein führen konnten.
    Als ich bei Merlotte's Bar ankam, erschien mir das wie die Rückkehr aus einem anderen Jahrhundert. Ich fragte mich, wie lange die Leute von Hotshot wohl schon um diese Wegkreuzung angesiedelt waren und welche Bedeutung der alte Scheideweg ursprünglich für sie gehabt haben mochte. Auf die Antwort wäre ich wirklich neugierig gewesen. Dennoch war ich enorm erleichtert, wieder in der Welt angekommen zu sein, die ich kannte.
    An diesem Spätnachmittag ging es in der kleinen Welt von Merlotte's Bar recht ruhig zu. Ich wechselte die Kleider, band meine schwarze Schürze um, kämmte mein Haar und wusch mir die Hände. Sam stand hinter der Bar, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte Löcher in die Luft. Holly trug einen Bierkrug zu einem Tisch, an dem ein einsamer Fremder saß.
    »Wie war's in Hotshot?«, fragte Sam, da wir allein an der Bar waren.
    »Sehr seltsam.«
    Er tätschelte mir die Schulter. »Hast du irgendwas erfahren, das dich weiterbringt?«
    »Eigentlich schon. Ich weiß bloß noch nicht so genau, was es bedeutet.« Sam musste sich mal die Haare schneiden lassen, fiel mir auf. Seine rotgoldenen Locken umrahmten sein Gesicht, dass er aussah wie ein Renaissance-Engel.
    »Hast du Calvin Norris getroffen?«
    »Ja. Er hat Crystal für mich zum Reden gebracht, und er hat mir ein höchst ungewöhnliches Angebot gemacht.«
    »Was denn?«
    »Das erzähle ich dir lieber ein anderes Mal.« Und wenn's um mein Leben gegangen wäre, ich hatte keine Ahnung, wie ich das in Worte fassen sollte. Ich sah auf meine Hände hinunter, mit denen ich geschäftig einen Bierkrug abspülte, und spürte, wie meine Wangen brannten.
    »Calvin ist schon in Ordnung, soweit ich weiß«, sagte Sam

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