Der Vampir der mich liebte
die die andere mit dem Köder-Laden geradezu großstädtisch wirkte. Ein paar Häuser lagen verstreut darum herum, acht oder neun vielleicht. Es waren kleine Häuser, und keines aus Ziegelstein. In den meisten Auffahrten standen mehrere Autos. Es gab eine rostige Schaukel und einen Basketballkorb, und an zwei Häuserfronten waren Satellitenschüsseln angebracht. Merkwürdig, alle Häuser schienen abseits der eigentlichen Kreuzung zu stehen. Der Bereich direkt an den sich kreuzenden Straßen war vollkommen leer. Es war, als hätte jemand ein Seil an einen Pfahl mitten auf der Kreuzung gebunden und einen großen Kreis gezogen. Innerhalb dieses Kreises war nichts. Außerhalb duckten sich die Häuser.
Meiner Erfahrung nach waren die Leute in einer kleinen Siedlung wie dieser nicht anders als überall sonst: Manche waren arm und stolz und anständig. Manche waren arm und böse und gemein. Aber alle kannten einander in- und auswendig, und nichts blieb unbemerkt.
An diesem kühlen Tag war keine Seele draußen zu sehen, und ich wusste nicht, ob ich es mit einer schwarzen oder weißen Siedlung zu tun hatte. Es war höchst unwahrscheinlich, dass hier beides vertreten war. Ich fragte mich, ob ich überhaupt die richtige Kreuzung gefunden hatte. Doch meine Zweifel lösten sich in Luft auf, als ich das nachgemachte grüne Ortsschild entdeckte, wie man es im Versandhandel bestellen kann und das hier an einer Stange befestigt vor einem der Häuser stand. HOTSHOT war darauf zu lesen.
Ich war also am richtigen Ort. Nun galt es, Crystal Norris' Haus zu finden.
Nur mühsam konnte ich auf einem der rostigen Briefkästen eine Nummer entziffern, und dann entdeckte ich noch eine weitere. Durch ein simples Ausschlussverfahren folgerte ich, dass im nächsten Haus Crystal Norris wohnen musste. Das Haus unterschied sich kaum von den anderen; es hatte eine kleine Veranda mit einem alten Lehnsessel und zwei Liegestühlen darauf, außerdem parkten zwei Autos davor, ein Ford Fiesta und ein uralter Buick.
Als ich ausstieg, begriff ich, was so ungewöhnlich an Hotshot war.
Keine Hunde.
In jedem anderen Dorf wie diesem wären mindestens zwölf Hunde herumgestreunt, und ich hätte nicht gewusst, ob ich sicher aus meinem Auto herauskommen würde. Doch hier zerriss nicht ein einziges Aufjaulen die winterliche Stille.
Ich ging auf das Haus zu und hatte das Gefühl, dass jeder meiner Schritte aufmerksam beobachtet wurde. Ich öffnete die kaputte Fliegenschutztür, um an die massivere Holztür zu klopfen. Drei kleine Glasscheiben waren darin eingelassen. Dunkle Augen betrachteten mich durch die unterste von ihnen.
Die Tür öffnete sich gerade, als mir schon unbehaglich wurde.
Jasons Flamme vom Silvesterabend wirkte heute weit weniger glamourös in schwarzen Jeans und cremefarbenem T - Shirt. Ihre Stiefel waren vom Discounter, und ihr kurzes gelocktes Haar zeigte ein stumpfes Schwarz. Sie war dünn und angespannt. Auch wenn ich selbst sie an Silvester in die Gästeliste eingetragen hatte, wie einundzwanzig sah sie wirklich nicht aus.
»Crystal Norris?«
»Ja?« Sie klang nicht besonders unfreundlich, aber so, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders.
»Ich bin Sookie Stackhouse, die Schwester von Jason.«
»Oh, ja? Komm rein.« Sie trat zurück, und ich betrat ein winziges Wohnzimmer. Es war vollgestellt mit Möbeln, die sehr viel mehr Platz gebraucht hätten: zwei Sessel und ein dreisitziges Sofa aus dunkelbraunem Kunstleder, dessen dicke Knöpfe die Sitzfläche in kleine Hügel aufteilten. Im Sommer blieb wahrscheinlich jeder daran kleben und im Winter rutschte jeder darauf herum. Und in den Vertiefungen rund um die Knöpfe sammelten sich Krümel.
Ein fleckiger Teppich in Rot und Gelb und Braun lag auf dem Boden, auf dem fast flächendeckend überall Spielzeug verstreut war. Über dem Fernseher hing ein Druck vom letzten Abendmahl, und im ganzen Haus roch es gut nach roten Bohnen und Reis und Maisbrot.
Im Durchgang zur Küche experimentierte ein Kleinkind mit Legosteinen. Ich hielt es für einen Jungen, aber das war schwer zu sagen. Die Latzhose und der grüne Pullover waren nicht gerade ein exakter Hinweis, und das zarte braune Babyhaar war weder besonders kurz geschnitten noch mit einer Schleife verziert.
»Ist das deins?«, fragte ich und versuchte, freundlich und offen zu klingen.
»Nein, das meiner Schwester«, sagte Crystal. Sie deutete auf einen der Sessel.
»Crystal, ich bin hier weil... Weißt du, dass Jason vermisst
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