Der Vampir der mich liebte
dazwischen gegangen, noch ehe ich sie zum Reden gebracht hätte.
Es war unglaublich frustrierend, sie direkt vor mir zu haben und zugleich unfähig zu sein, dieser Hexe ihr Wissen zu entreißen. Ich ließ all meine Schutzbarrieren fallen und hörte so angestrengt wie möglich hin.
Doch sie spürte etwas, als ich an ihre Gedanken rührte.
Sie wirkte leicht irritiert und schaute sich um. Das war mir Warnung genug. So schnell ich konnte, zog ich mich wieder in meinen eigenen Kopf zurück. Ich setzte meinen Weg hinter die Bar fort und ging nur ein paar Schritte entfernt an ihr vorbei, während sie noch immer versuchte herauszufinden, wer ihre Gedanken gestreift hatte.
Das war mir noch nie zuvor passiert. Niemand, niemand hatte mich je verdächtigt, seine Gedanken zu belauschen. Ich ging hinter der Bar in die Hocke, um an den großen Behälter mit Salz heranzukommen, richtete mich wieder auf und füllte sorgfältig den Streuer von Kevins und Kenyas Tisch nach. Ich konzentrierte mich so stark wie nur irgend möglich auf diese kleine nichtige Aufgabe, und als ich fertig war, hing das Plakat an der Wand. Hallow stand immer noch da, zögerte ihr Gespräch mit Sam hinaus und suchte weiterhin nach der Person, die an ihre Gedanken gerührt hatte. Mr Muskulös musterte mich - aber nur, wie ein Mann eine Frau mustert -, als ich den Salzstreuer an seinen Platz brachte. Holly war nicht wieder aufgetaucht.
»Sookie«, rief Sam.
Ach du Scheiße. Darauf musste ich reagieren. Er war mein Boss.
Ich ging hinüber zu den dreien, Angst im Herzen und ein Lächeln auf den Lippen.
»Hey«, sagte ich grüßend und schenkte der Hexe und ihrem bulligen Handlanger ein neutrales Lächeln. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich Sam fragend an.
»Marnie Stonebrook, Mark Stonebrook«, sagte er.
Ich nickte ihnen zu. Hallow, so, so dachte ich halb amüsiert. >Hallow< klang schon ein wenig spiritueller als >Marnie<.
»Sie suchen nach diesem Typen hier«, sagte Sam und deutete auf das Plakat. »Kennst du den?«
Sam wusste natürlich, dass ich Eric kannte. Jetzt war ich froh über meine jahrelange Übung darin, Gefühle und Gedanken vor anderen zu verbergen. Nachdenklich betrachtete ich das Plakat.
»Klar, den hab' ich schon mal gesehen«, sagte ich. »In dieser Bar in Shreveport. So einen vergisst man nicht so schnell, was?« Ich lächelte Hallow - Marnie - an. Zwei Mädels, die eine typische Mädels-Erfahrung teilten.
»Gutaussehender Typ«, stimmte sie in ihrem dunklen Tonfall zu. »Er wird vermisst, und wir bieten jedem, der uns etwas über ihn sagen kann, eine Belohnung an.«
»Ja, das steht auf dem Plakat«, sagte ich und legte einen Anflug von Gereiztheit in meine Stimme. »Gibt's irgendeinen bestimmten Grund, warum er gerade hier sein soll? Ich kann mir nicht vorstellen, was ein Vampir aus Shreveport in Bon Temps zu suchen hat.« Ich sah sie fragend an.
»Gute Frage, Sookie«, sagte Sam. »Macht mir ja nichts aus, das Plakat aufzuhängen. Aber wie kommt's, dass Sie beide in dieser Gegend hier nach dem Typen suchen? Warum sollte er hier sein? In Bon Temps ist der tote Hund begraben.«
»Diese Stadt hat doch einen fest ansässigen Vampir, oder nicht?«, fragte Mark Stonebrook plötzlich. Seine Stimme war fast identisch mit der seiner Schwester. Bei einem solchen Muskelprotz erwartete man einen tiefen Bass, und selbst eine dunkle Altstimme wie Marnies klang sonderbar aus seiner Kehle. Aber eigentlich lag bei Mark Stonebrooks Erscheinung genauso gut die Vermutung nahe, dass er nur grunzen und knurren konnte.
»Ja, Bill Compton wohnt hier«, sagte Sam. »Aber er ist nicht da.«
»Nach Peru verreist, hab' ich gehört«, fügte ich hinzu.
»Oh, ja. Von Bill Compton habe ich schon gehört. Wo wohnt er?«, fragte Hallow und versuchte, ihre Aufregung zu unterdrücken.
»Tja, er wohnt bei mir in der Nähe, hinter dem alten Friedhof«, sagte ich, weil mir gar nichts anderes übrig blieb. Wenn die beiden jemand anderen fragten und eine andere Antwort erhielten, wussten sie gleich, dass ich etwas (oder in diesem Fall, jemanden) zu verbergen hatte. »In der Nähe der Hummingbird Road.« Ich beschrieb ihnen den Weg, aber nicht sehr präzise, und hoffte, sie würden sich irgendwo da draußen verfahren und in einem Nest wie Hotshot landen.
»Nun, wir werden mal bei Comptons Haus vorbeifahren. Vielleicht wollte Eric ihn ja besuchen«, sagte Hallow. Sie sah ihren Bruder Mark an, die beiden nickten uns zu und verließen umgehend die Bar. Wie das
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