Der Vampir der mich liebte
Eric, der stocksteif dastand.
Ein großer Wolf kam auf mich zu, der größte, dem ich je begegnet war. Werwölfe waren wohl immer besonders groß, vermutete ich; so viele hatte ich ja bislang auch noch nicht gesehen. Da ich in Louisiana wohnte, hatte ich überhaupt noch nie einen normalen Wolf zu Gesicht bekommen. Dieser Werwolf war fast gänzlich schwarz, was doch bestimmt ungewöhnlich war. Das Fell der übrigen Wölfe schimmerte eher silbergrau, außer bei einem, der kleiner war und ein rötliches Fell hatte.
Mit seinen langen weißen Zähnen schnappte der Werwolf nach meinem Ärmel und zog daran. Ich erhob mich sofort und ging hinüber zu dem Platz, wo die anderen Wölfe herumliefen. Die meisten hielten sich am Rande des Lichtkegels auf, deshalb war mir bisher entgangen, wie viele es waren. Überall auf dem Boden war Blut, und mitten in der sich ausbreitenden Lache lag eine junge dunkelhaarige Frau. Sie war nackt.
Und sie war ganz offensichtlich schwer verletzt.
»Hol mein Auto«, sagte ich zu Eric in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Ich warf ihm meinen Schlüsselbund zu, und er erhob sich erneut in die Lüfte. Mit den Resten meines Verstandes, die noch erreichbar waren, hoffte ich, dass er sich ans Autofahren erinnerte. Auch wenn er nichts mehr über seine persönliche Geschichte wusste, die Fähigkeiten des modernen Lebens hatte er bislang ja einwandfrei beherrscht.
Ich versuchte, nicht über das arme verletzte junge Mädchen, das direkt vor mir lag, nachzudenken. Die Wölfe umkreisten sie mit klagendem Jaulen. Und dann hob der große schwarze Werwolf seinen Kopf zum dunklen Himmel empor und stieß erneut ein Heulen aus. Dies schien so eine Art Signal zu sein, denn alle anderen stimmten jetzt mit ein. Ich schaute mich nach Dean um, der unter diesen Wölfen ein Außenseiter war, und hoffte, dass ihm keine Gefahr drohte. Ich hatte keine Ahnung, wie viel menschliche Anteile diesen Geschöpfen erhalten blieben, wenn sie sich verwandelten; und ich wollte nicht, dass ihm etwas zustieß. Er saß auf der kleinen Veranda, die Augen auf mich gerichtet.
Ich war das einzige Lebewesen mit frei beweglichen Daumen, und mir wurde plötzlich klar, dass mir das eine ganze Menge Verantwortung auferlegte.
Was sollte ich zuerst überprüfen? Die Atmung. Ja, sie atmete! Ihr Puls war zu spüren. Ich war zwar kein Sanitäter, aber normal schien ihr Pulsschlag nicht zu sein - was ja auch kein Wunder war. Ihre Haut fühlte sich heiß an, vielleicht noch von der Verwandlung zurück in einen Menschen. Ich sah nirgends mehr frisches Blut hervorquellen und hoffte, dass keine lebenswichtige Arterie verletzt war.
Sehr vorsichtig schob ich eine Hand unter den Kopf des jungen Mädchens und fuhr ihr durch das verschmutzte Haar, um zu sehen, ob ihre Kopfhaut schwere Wunden aufwies. Nein.
Irgendwann während dieser Untersuchung begann ich am ganzen Körper zu zittern. Ihre Verletzungen waren schrecklich. Alles, was ich von ihr sehen konnte, wirkte geschunden, gequetscht, gebrochen. Sie öffnete die Augen. Ein Beben durchlief sie. Decken - sie musste unbedingt warm gehalten werden. Ich sah mich um. Alle Werwölfe waren immer noch Werwölfe.
»Es wäre eine große Hilfe, wenn ein oder zwei von euch sich zurückverwandeln würden«, sagte ich zu ihnen. »Ich muss sie mit meinem Auto ins Krankenhaus fahren, und sie braucht Decken aus dem Haus.«
Einer der Werwölfe, ein silbergrauer, legte sich auf die Seite - ein Mann also, okay -, und wieder vernahm ich dies zähe, klebrige Geräusch. Dunst umhüllte die sich windende Gestalt, und als er sich wieder aufgelöst hatte, lag Colonel Flood zusammengekauert an der Stelle des Werwolfs. Er war natürlich nackt, aber ich beschloss, diesmal meine natürliche Scham zu überwinden. Ein oder zwei Minuten lang musste er noch still daliegen, und es bedeutete offensichtlich eine große Anstrengung für ihn, sich aufzusetzen.
Er kroch hinüber zu dem jungen Mädchen. »Maria-Star«, sagte er mit heiserer Stimme. Er beugte sich über sie und beschnupperte sie, was ziemlich verrückt wirkte, weil er ja schon wieder menschliche Gestalt angenommen hatte. Er stöhnte auf.
Dann wandte er seinen Kopf mir zu und sah mich an. »Wo?«, fragte er, und ich verstand, dass er die Decken meinte.
»Im Haus, erster Stock. Gleich bei der Treppe ist ein Schlafzimmer. Dort steht am Fuß des Betts eine Truhe mit Decken. Bringen Sie zwei davon mit.«
Schwankend erhob er sich, anscheinend war er wegen der
Weitere Kostenlose Bücher