Der Vampir der mich liebte
einen Weg durch die überfüllte Bar bis zu mir gebahnt. Weil sein Hemd nicht zugeknöpft war, fand ich mich gegen seine warme Brust gedrückt, und das tat mir sehr gut. Die krause schwarze Behaarung roch schwach nach Hund, stimmt schon. Dennoch war es ein großer Trost für mich, dass er mich umarmte und liebevoll festhielt. Es war ein wunderbares Gefühl.
»Wer sind Sie?«, fragte Alcide Claudine. Mein Ohr lag an seiner Brust, und ich hörte seine Stimme innen und außen. Eine seltsame Erfahrung.
»Ich bin Claudine, die Elfe«, erwiderte die schöne große Frau. »Schauen Sie!«
Ich musste mich umdrehen, um zu sehen, was sie tat. Sie hatte ihr Haar weggeschoben, so dass jetzt ihre Ohren frei waren - die eine grazile spitze Form aufwiesen.
»Eine Elfe«, wiederholte Alcide. Er klang so erstaunt, wie ich mich fühlte.
»Wie süß«, sagte einer der jüngeren Werwölfe, ein Typ mit stachelig aufgestellten Haaren, der vielleicht neunzehn war. Er war fasziniert von der Wendung der Ereignisse und blickte in die Runde der Werwölfe an seinem Tisch, wie um seine Begeisterung mit ihnen zu teilen. »Eine echte Elfe?«
»Für eine Weile jedenfalls«, sagte Claudine. »Früher oder später schlage ich den einen oder den anderen Weg ein.« Keiner verstand, wovon sie sprach, außer dem Colonel vielleicht.
»Da läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen, so süß bist du«, sagte der junge Werwolf, der mit ausgebeulten Jeans und zerschlissenem T - Shirt noch den modischen Anspruch seiner stacheligen Frisur unterstrich. Er war barfuß, obwohl es im Merlotte's kalt war, denn der Thermostat war schon für die Nacht herunterreguliert. Er trug auch Ringe an den Zehen.
»Oh, danke!« Claudine lächelte ihn an. Sie schnippte mit den Fingern, und plötzlich war die gleiche Art Dunst um sie wie um die Werwölfe, wenn sie sich verwandelten. Es war der Dunstschleier undurchdringlicher Zauberei. Als die Luft sich wieder klärte, trug Claudine ein weißes, mit Pailletten besetztes Abendkleid.
»Süß«, wiederholte der Jüngling ganz benommen, und Claudine sonnte sich in seiner Bewunderung. Von den Vampiren hielt sie einen gewissen Abstand, wie ich bemerkte.
»Claudine, jetzt hast du genug angegeben. Können wir endlich von etwas anderem sprechen als von dir?« Colonel Flood klang so ermattet, wie ich mich fühlte.
»Natürlich«, sagte Claudine in einem angemessen fügsamen Ton. »Fang an.«
»Das Wichtigste zuerst. Miss Stackhouse, wie geht es Maria-Star?«
»Sie hat die Fahrt ins Krankenhaus von Clarice überlebt. Von dort wollen sie sie mit dem Hubschrauber nach Shreveport verlegen, ins Schumpert-Krankenhaus. Inzwischen ist sie vielleicht schon auf dem Weg dorthin. Die Ärztin äußerte sich ziemlich optimistisch über ihre Genesungschancen.«
Die Werwölfe sahen einander an, und die meisten bekundeten stürmisch ihre Erleichterung. Eine Frau von ungefähr dreißig führte sogar einen kleinen Freudentanz auf. Die Vampire, die mittlerweile alle vollkommen auf die Elfe fixiert waren, reagierten überhaupt nicht.
»Was haben Sie den Leuten in der Notaufnahme erzählt?«, fragte Colonel Flood. »Ich muss ihren Eltern die offizielle Sprachregelung mitteilen.«
»Der Polizei habe ich erzählt, ich hätte sie am Straßenrand aufgelesen und nirgends ein Anzeichen für einen Autounfall oder so was entdeckt. Und ich habe gesagt, sie hätte im Schotter des Seitenstreifens gelegen. Dann wundern die sich nicht, wenn sie nirgends plattgedrücktes Gras finden, obwohl eigentlich welches zu finden sein müsste... Ich hoffe, Maria-Star hat alles verstanden, sie war ziemlich betäubt von Schmerzmitteln, als ich mit ihr sprach.«
»Sehr gut mitgedacht«, sagte Colonel Flood. »Danke, Miss Stackhouse. Unser Rudel steht in Ihrer Schuld.«
Ich winkte ab. »Wie kam es, dass Sie genau zum richtigen Zeitpunkt bei Bills Haus waren?«
»Emilio und Sid verfolgten die Spur der Hexen bis zum richtigen Ort.« Emilio musste der kleine dunkle Mann mit den großen braunen Augen sein. In unserer Gegend gab es einen wachsenden Zustrom mexikanischer Einwanderer, und Emilio war ganz offensichtlich einer von ihnen. Der junge Mann mit den stacheligen Haaren winkte mir flüchtig zu, er war vermutlich Sid. »Nach Einbruch der Dunkelheit begannen wir das Gebäude zu überwachen, in dem Hallow und ihr Hexenzirkel sich verschanzt haben. Was nicht ganz leicht war, in der Gegend wohnen hauptsächlich Schwarze.« Ein afroamerikanisches Zwillingspaar, beides Mädchen,
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