Der Vater des Attentäters (German Edition)
ein anhaltendes Verschrecktsein, achtete auf Anzeichen eines auffälligen Verhaltens, das auf eine dauerhafte Verstörung deuten konnte. Durch das Prisma von Daniels Leben betrachtet, konnte ich nicht umhin, jedes wütende Wort der beiden zu hinterfragen, jede schlechte Laune, jede negative Handlung. Ich wollte sie unbedingt beschützen, nicht ein einziges Warnzeichen übersehen, wie ich es bei Danny übersehen hatte.
Stundenlang debattierte ich mit Fran, was wir tun konnten, um den möglichen Schaden zu minimieren. Ich schlug vor, die Jungen zu Hause zu lassen, um sie nicht immer wieder der Gefängnisatmosphäre auszusetzen.
Aber Fran war anderer Meinung. Sie fand, die Jungen sollten ihren Halbbruder sehen. Sie sollten verstehen lernen, dass Handlungen Folgen hatten und übles Verhalten bestraft wurde. Also fuhren wir auch weiter als Familie zu ihm, hörten auf der Fahrt im Auto Radio und redeten selbst nur wenig.
An den Nachmittagen, an denen mir Fran Zeit für mich selbst zugestand, fuhr ich zum Golfplatz und schlug auf der Driving Range zwei Stunden lang Bälle. Das Monotone dieses Trainings, die gleichmäßige, mechanische Wiederholung der Schläge, hatte etwas Tröstendes. Es tat gut, sich in diese Art von Körperlichkeit zu flüchten, in etwas, das keine Überlegung, aber echte Konzentration erforderte. Wenn der erste Eimer Bälle leer war, kaufte ich einen zweiten. Um mich herum trainierten Baseballkappen tragende Männer mit Hybridschlägern, um besonders große Weiten zu erzielen, Frauen nahmen Unterricht bei Profis und kicherten über Zweideutigkeiten. Ich richtete die Füße aus, schob die Hüften vor und ging in Position. Mit jedem Ball, den ich schlug, beförderte ich einen weiteren grüblerischen Gedanken ins Gestrüpp. Ich legte den Ball aufs Tee und richtete den Schlägerkopf aus. Ich versuchte locker zu bleiben und meinen Kopf zu leeren. Der Schläger sollte sich von selbst heben, der linke Arm gestreckt bleiben, ohne dass ich daran dachte, ihn gestreckt zu halten.
Hinterher fuhr ich in die Berge und suchte mir einen Aussichtspunkt. Ich parkte den Wagen und stellte mich zu den Touristen, die den Blick in die Ferne gerichtet hielten. Die majestätische Größe der Berge und das Fahren auf den engen, kurvigen Straßen mit der dünnen, metallenen Leitplanke packte mich jedesmal neu. Erst waren diese Ausflüge eine reine Form der Selbsterhaltung, eine Möglichkeit, mein panisches Bedürfnis nach Bewegung zu befriedigen, doch nach und nach begann ich meine Abstecher zu genießen, begann es zu genießen, den Wagen an den Straßenrand zu steuern und ins Dickicht hinabzupinkeln.
Werktags stand ich in einem Vorlesungssaal voller Medizinstudenten und sprach über Erkrankungen des Nervensystems. Ich trug kurzärmelige Hemden mit geknöpftem Kragen und Hosen im Westernstil. Meine Hosengröße war von 36 auf die 32 meiner Studentenzeit geschrumpft. Ich behielt mein Haar kurz, machte jeden Morgen hundert Situps und ein Dutzend Klimmzüge. Ich hatte zu joggen begonnen, stand noch vor dem Morgengrauen auf und fuhr zum nahen staatlichen Park. Mir gefiel das Pochen meines Herzens, das tiefe Ein- und Ausatmen, und manchmal kam ich mit rotem Gesicht nach Hause, die Wangen von Zweigen zerkratzt.
«Es gibt keine unwichtigen Einzelheiten», erklärte ich meinen Studenten, «nur unwichtige Ärzte.»
Ich konnte keine Filme oder Fernsehsendungen ansehen, in denen Soldaten dem sicheren Tod ins Auge blickten, um ihren verletzten Kameraden zu retten, ohne dass sich ein Kloß in meiner Kehle bildete. Ich konnte keine Buddy-Filme ansehen, in denen einer der beiden Hauptdarsteller an einer ihn langsam dahinraffenden Krankheit starb. Wenn es um Vergebung und Treue ging, schlich ich mich nicht selten hinunter ins Bad, da ich die Tränen nicht zurückhalten konnte. Genauso war es bei Filmen, in denen der Held um jeden Preis zu seinem Wort stand, die Schwachen beschützte und die Hinfälligen gerettet wurden. Mein Sohn saß in einem Bundesgefängnis und wartete auf seine Hinrichtung. Ich konnte ihm nicht helfen und versuchte herauszufinden, wie ich damit leben sollte.
Und so richtete ich also meine Füße aus und erprobte mein Eisen. Ich trainierte die kurzen Distanzen, lobbte und chippte. Ich joggte durch braun werdendes Brombeergesträuch, sprang über Baumwurzeln und abgebrochene Äste. Ich fuhr über die grünlich braunen Nebenstraßen Colorados, vorbei an Ranches und Farmen, an Holsteinern und Reitern. Ich grillte Steaks
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