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Der Vater des Attentäters (German Edition)

Der Vater des Attentäters (German Edition)

Titel: Der Vater des Attentäters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Hawley
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und Gewalt.
    Zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben begann ich zu beten.
    Nachts, wenn alle schliefen, wanderte ich wie ein Geist durchs Haus. Ich betrachtete meine schlafenden Söhne. Sie lagen ausgebreitet wie Windmühlen, die in der Drehung innehielten. Wally hatte Maribel, die mexikanische Sirene, bereits vergessen und sich in eine blonde Zwölfjährige mit Brüsten verguckt, in die, wie ich argwöhnte, auch alle anderen Jungen in seinem Alter verliebt waren. Alex hatte Football entdeckt und verbrachte Stunden damit, hinten im Garten das «Spiral»-Werfen zu üben.
    Beide waren einmal Babys gewesen, mollig und klein, und ich hatte ihnen nachts die Windeln gewechselt. Wir gaben ihnen ihr Fläschchen und lasen ihnen vor, bis sie einschliefen. Ich erinnerte mich besonders an ein Buch, als ich die beiden so schlafend betrachte. Es hieß Ich liebe dich, Stinkerchen , und eine Mutter sagt darin zu ihrem Sohn, dass sie ihn liebhabe, und er antwortet: «Aber, Mama, was, wenn ich ein großer, gruseliger Affe wäre?» Die Mutter sagt: «Wenn du ein riesiger Affe wärst, würde ich dir einen Bananenkuchen backen und sagen: ‹Ich hab dich lieb, mein großer, gruseliger Affe.›»
    «Aber, Mama», sagt der Junge darauf, «was, wenn ich ein einäugiges Ungeheuer wäre?»
    Uns wurde bei unseren Besuchen im Gefängnis nicht erlaubt, Danny zu berühren. Am Ende eines jeden Gesprächs, wenn der Wärter kam, um ihn zu holen, blies er uns einen Kuss zu, und wir erwiderten seine Geste, dann sahen wir zu, wie er durch die Eisentür ging und verschwand.
    Wally schienen die Besuche nichts auszumachen, aber Alex entwickelte nächtliche Ängste. Er fing wieder an, bei uns im Bett zu schlafen, so wie er es mit drei Jahren getan hatte.
    «Vielleicht solltest du Danny eine Weile nicht besuchen», sagte ich eines Morgens zu ihm. Wir waren als Erste aufgestanden, er saß an der Kücheninsel und aß ein Müsli. Ich stand ihm gegenüber und rührte Milch in meinen Kaffee.
    «Doch», sagte er. «Ich will ihn besuchen.»
    «Vielleicht solltest du ihn nur eine kleine Weile nicht sehen», sagte ich, «oder vielleicht sollten wir alle eine Pause einlegen. Es war wirklich ein schweres Jahr, das auch für einen Erwachsenen viel war. Ich denke, wir brauchen alle ein Pause.»
    Er überlegte.
    «Aber was, wenn sie ihn töten?»
    Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Er meinte die Hinrichtung. Ich dachte an die kummervollen Momente meiner Kindheit, den Tod meines Vaters und die Leere, die er in meinem Herzen hinterlassen hatte. Ich war mit zur Beerdigung gegangen, hatte neben dem Grab gestanden und zugesehen, wie Verwandte und Freunde Erde auf seinen Sarg warfen. Das war alles so unwirklich gewesen. Die Trauer kam erst später, das wirkliche Begreifen des Todes und seiner Endgültigkeit. Ich sah Alex an. Er und Wally wussten Bescheid über das Todesurteil gegen Danny. Sie wussten, er saß dort im Gefängnis und wartete darauf zu sterben. War es nicht so, dass ich ihnen eine Beerdigung auf Raten zumutete, indem ich sie alle zwei Wochen zu Danny mitnahm? Der Tod meines Vaters war plötzlich gekommen, Daniels Tod dagegen stand im Kalender, war am Horizont zu sehen und rückte Woche um Woche näher.
    Bei dem Gedanken zog sich mir der Magen zusammen.
    Ich legte Alex die Hand auf den Rücken, der immer noch so klein und zart war.
    «Sie können ihn nicht einfach so töten», sagte ich. «Sie müssen ein Datum festlegen, und dann kann man erst mal Einspruch einlegen. Okay? Wir haben Zeit. Es ist in Ordnung, wenn wir uns eine kleine Pause verordnen, um auszuruhen.»
    Er nickte. Ich legte die Arme um ihn und fühlte mich hilflos. Sein Haar roch nach Schweiß und Kindershampoo. Die Liebe, die ich in diesem Moment verspürte, war so tief und machte mich schwindelig.
    Am folgenden Abend, als alle schliefen, setzte ich mich draußen auf die Terrasse, ruhelos, aufgewühlt. Seit Daniels Verhaftung waren zehn Monate vergangen, ich hatte meine Familie entwurzelt, meine Kleider weggegeben, mir das Haar abgeschnitten, ein neues Leben in einer neuen Stadt angefangen und glaubte immer noch, ich könnte ihn retten. Um welchen Preis?
    Ich saß hinterm Haus und zitterte in der kühlen Luft. In Wahrheit hatte ich mein Leben zwar tektonisch verschoben, aber nichts hatte sich wirklich geändert. Die Unterschiede waren kaum mehr als kosmetisch. Es war dumm, anderes zu glauben. Ich mochte alle Zeugnisse meiner Recherche-Besessenheit weggeschafft haben – sie bestimmte trotzdem

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