Der Vater des Attentäters (German Edition)
nach drei, nachdem er von einem berühmten Hollywoodstar vorgestellt worden war, betrat er unter rauschendem Applaus die Bühne.
Er wurde sechsundvierzig Jahre alt.
Laut meiner Uhr war es 23.15 Uhr. Seit fast einer halben Stunde saß ich hier allein und wartete. Ich holte mein Handy heraus und wählte. Murray antwortete beim zweiten Klingeln.
«Murray, hier ist Paul.»
«Mein Gott», sagte er, «ich habe es in den Nachrichten gesehen»
«Hören Sie zu, Sie müssen für mich in L.A. einen Anwalt finden. Für Danny.»
«Es ist absurd», sagte Murray. «Es gibt so viele Republikaner, die man erschießen könnte. Warum diesen Mann?»
Murray hatte mich in zwei Kunstfehlerprozessen vertreten. Seine Kanzlei betreute mein Testament und kümmerte sich um meine Immobiliengeschäfte. Murray war einundfünfzig, silbergrau und frisch geschieden. Seitdem trug er Rollkragenpullover und Stiefel zu seinen Anzügen, fuhr einen Porsche und war hinter Frauen her, die seine Töchter hätten sein können.
«Er braucht einen Anwalt», sagte ich. «Er ist angeschossen worden, und ich bin nicht sicher, ob er behandelt wird.»
«Ich kann ein paar Anrufe machen, aber so ein Fall …»
«Der Secret Service hat mich geholt. Ich sitze in einem Bürohochhaus in Stamford. In einem Raum mit Waschbecken. Was denken Sie, was das zu bedeuten hat?»
«Sagen Sie kein Wort mehr. Ich springe ins Auto. Ich habe den Mantel schon an.»
«Ich weiß die Adresse nicht. Es ist irgendwo in der Nähe der Green Street.»
«Ich kenne jemanden, den ich fragen kann. Ich bin in fünfundvierzig Minuten bei Ihnen.»
«Ich werde noch Alverson anrufen», sagte ich.
Im Hörer Stille, er schien zu überlegen. «An seiner Stelle würde ich mich aus der Sache heraushalten. Rufen Sie Ken Sunshine an. Sie brauchen einen Kontaktmann zur Presse.»
«Nein.»
«Junge, hören Sie mir zu. Ihr Sohn hat gerade den beliebtesten Mann Amerikas erschossen.»
«Er ist unschuldig.»
«Vor Gericht vielleicht, aber nicht in der Presse. Im Moment ist er Freiwild. Sie werden für Monate von Reportern verfolgt werden, vielleicht für Jahre. Pressekonferenzen werden stattfinden, und man wird Ihnen die Schuld an allem geben. Sie brauchen jemanden, der Sie berät, und wenn Danny ohne Todesspritze aus dieser Sache herauskommen soll, brauchen wir vor allem mitfühlende Geschworene.»
Ich dachte darüber nach. Stellte mir die Übertragungswagen vor, die monatelang auf dem Rasen vor unserem Haus kampieren würden; endlose Polizeiverhöre; die Morddrohungen und Hassbriefe. Es war eine furchtbare Vorstellung
«Besorgen Sie ihm einen Anwalt», sagte ich.
Ich beendete das Gespräch und rief zu Hause an. Fran war schnell am Apparat.
«Paul», sagte sie. «Bist du in Ordnung?»
«Mir geht es gut. Was ist mit den Kindern?»
«Sie sind oben und linsen durch die Jalousien. Draußen vorm Haus stehen Reporter aus Spanien.»
«Aus Spanien?»
«Von überall, CNN , NBC , die BBC . Da sind so viele Lichter, dass es aussieht wie neun Uhr morgens.»
«Bleib im Haus. Sprich mit niemandem ein Wort. Ich habe Murray angerufen. Er ist unterwegs.»
«Im Fernsehen sagen sie, dass Danny von einem Polizisten angeschossen wurde. Auf dem Teppich im Zuschauerraum ist Blut zu sehen.»
«Er wurde im Bein getroffen. Ich versuche das zu klären.» Ich hörte ihr angstvolles Atmen.
«Ellen hat angerufen», sagte sie. «Sie will, dass du dich bei ihr meldest. Schließlich geht es um euer Kind.»
«Jetzt nicht. Ich habe keine Zeit.»
«Auch sonst ruft ständig jemand an.»
«Leute, die wir kennen?»
«Manche von ihnen. Andere nicht. Es ist nicht gerade nett, was sie zu sagen haben.»
«Geh nicht mehr ans Telefon. Ich schicke dir eine SMS , wenn ich etwas Neues erfahre.»
«Ich liebe dich.»
«Ich liebe dich auch.»
Ich legte auf. Unter den Adressen meines Handys fand ich die Nummer von Dean Alverson. Dean war seit fast zehn Jahren mein Patient, er litt unter rheumatischer Arthritis. Seine Frau und Fran hatten sich angefreundet, und wir trafen uns gelegentlich mit ihnen.
Unter Clinton war Dean einer der ranghöchsten Beamten im Außenministerium gewesen, nach einer langen, erfolgreichen diplomatischen Laufbahn nun aber längst im Ruhestand. Dennoch, wenn es jemanden gab, der mir helfen konnte, Kontakt zu meinem Sohn zu bekommen, war er es.
Er hob sofort den Hörer ab. «Paul», sagte er. «Ich kann leider nicht mit dir sprechen.»
«Er ist mein Sohn, Dean. Ich muss wissen, ob er außer
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