Der Venuspakt
täte, um ihre Schwester zu retten!»
Kieran schaute Nuriyas Schwester prüfend in die Augen und las Zustim-
mung darin. Selena war ganz offensichtlich stolz auf ihren Geliebten. Der
Vampir streckte Erik seine Hand entgegen und sagte: «Vielen Dank! Ich neh-
me dein Angebot gerne an!»
«Ich glaube, ich weiß, wo Senthil das Mädchen gefangen hält!»
«Du kennst sein Versteck?» Kierans Stimme war nicht anzumerken, dass
er sich ärgerte, Tesfayas Fähigkeiten falsch eingeschätzt zu haben. Offenbar
verfügte sie über genügend magisches Talent, um das Siegel, das er über ihrem
Zimmer angebracht hatte, unbemerkt zu lösen. Eine derartige Nachlässigkeit
durfte Kieran sich nicht noch einmal erlauben, wenn er Nuriya retten wollte.
Sie lächelte zufrieden, als hätte sie seine Gedanken gehört. «Ich war schon
dort. Senthil hat die Burg ausgezeichnet gesichert und zu seinem Hauptquar-
tier ausgebaut. Die Sicarier werden dort trainiert. Außer Nebel, Schafen und
einem eisigen Wind gibt es in dieser Gegend wenig, was die Konzentration der
Rekruten stören könnte.» Ihr schauderte bei dem Gedanken an die einsame
Landschaft weit im Norden Schottlands. Es war der Vampirin, die ihre Jugend
in den Weiten Afrikas verbracht hatte, unbegreiflich, wie man sich in einer
solch unwirtlichen Gegend niederlassen konnte.
Das Klingeln eines Telefons unterbrach sie und alle blickten überrascht zu
Sin, der eilig ein Handy aus der Innentasche seines langen Ledermantels zog
und sich mit einem kurzen «Ja?» meldete.
Während er dem Anrufer lauschte, verdüsterte sich seine Miene. Schließ-
lich drückte er ärgerlich einen Knopf und ließ das Telefon wieder in der Ta-
sche verschwinden. Mit den Worten: «Kieran, du weißt, wo du mich finden
kannst!» war er verschwunden.
«Du hast versäumt, mir deine Nummer zu geben!», knurrte der Vengador
und fragte sich, seit wann seinesgleichen mit Mobiltelefonen ausgestattet
durch die Welt zogen.
Dann schaute er zu Tesfaya. «Kannst du mir den Weg zu dem Versteck be-
schreiben?»
«Nein, aber ich werde euch dorthin führen!»
Kieran überlegte. Es war ein großes Risiko, der ehemaligen Partnerin Sent-
hils zu vertrauen. Sehr leicht konnte das auch eine Falle sein. Aber noch im-
mer fand er keine Spur von Betrug in ihren Worten und Donates bestätigte
seinen Eindruck, indem er kaum sichtbar nickte. Die Alternative, nämlich
die schottischen Highlands selbst nach Spuren vampirischer Präsenz abzusu-
chen, wäre viel zu zeitaufwändig gewesen.
Endlich sagte er: «Ich danke dir, Tesfaya. Dein Angebot ehrt dich. Bleibt nur
noch die Frage zu klären, wie Erik ohne Energieverlust rasch dorthin gelangt.
Der Werwolf lächelte: «Darüber mach dir keine Gedanken!» Er küsste Se-
lena zum Abschied sanft und öffnete dann mit einer beiläufigen Handbewe-
gung ein Portal. «Nach euch!», forderte Erik die erstaunten Vampire auf und
folgte ihnen in die Zwischenwelt.
«Wow!», entfuhr es Angelina. «Hättest du gedacht, dass Werwesen diese Fä-
higkeiten haben?»
Donates fuhr sich durch sein langes Haar. «Bei diesem hier schon!» Er zwin-
kerte Selena zu: «Du hast da einen ganz ordentlichen Fang gemacht – lass ihn
dir nicht entgehen!»
Das Feenkind lachte. «Das ist mir inzwischen auch klar geworden. Und
weißt du was?» Vertraulich beugte sie sich vor. «Mögen die Götter demjenigen
Gnade erweisen, der es wagt, Erik auch nur ein Haar zu krümmen – ich werde
es ganz gewiss nicht tun!»
Kapitel
Nuriya lag in völliger Dunkelheit in ihrem Verlies. Ohne irgendeine, noch so
winzige Lichtquelle half ihr auch die neu gewonnene vampirische Fähigkeit,
des Nachts sehen zu können, nichts. Allerdings hörte sie deutlich die Beinchen
eines Käfers in ihrer Nähe über den sandigen Boden kratzen und irgendwo
weiter hinten Wasser tropfen. Das brachte sie auf eine Idee. Im Rücken spür-
te sie kalten, behauenen Stein. Aber wie war der Rest ihrer Zelle beschaffen?
Vielleicht befand sich irgendwo ein Ausgang? Die Vampirin fühlte den Boden
nach Steinchen ab, um sie zu werfen und mit Hilfe des Echos die ungefähren
Ausmaße des Raum herauszufinden. Bald hatte sie eine Hand voll gesammelt.
Der erste Stein flog zu kurz und landete im Sand. Der zweite prallte gegen
eine Wand und Nuriya schätzte, dass diese drei Meter entfernt war. Die ande-
ren Steinchen gaben ebenfalls Auskunft und bald konnte sie sich in etwa ori-
entieren. Ihre Zelle war nicht besonders groß,
Weitere Kostenlose Bücher