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Der Venuspakt

Titel: Der Venuspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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beobachte-
te fasziniert, wie Anveas Miene sich von grausamer Wut in trauriges Selbst-
mitleid wandelte.
«Sie haben jetzt diese schreckliche Technik. Telefone, Fernsehen Video! Und
niemand erzählt mehr die Wahrheit über ihre Kriege. Die Sterblichen tun ja
geradezu so, als gäbe es im Krieg weder Blutvergießen noch Tote oder Leid.»
Empört wedelte sie mit ihrer fleischigen Hand.
«Das ist nicht schön!», gab Sin zu.
«Und da habe ich mich daran erinnert, dass in diesem Jahr das Venusbünd-
nis ansteht.» Sie schnaufte verächtlich bei diesem Wort und funkelte ihn an.
Ganz offensichtlich dachte sie an seine Schwester. «Ich fand die Idee, ein we-
nig Spannung in die Sache zu bringen, ganz verlockend. So ein Frieden ist doch
langweilig. Weißt du ...», sie senkte ihre Stimme zu einem vertraulichen Flüs-
tern und rückte etwas näher, «dieser Senthil hasst alle Feen!»«Tatsächlich?»
Sin beugte sich jetzt ebenfalls vor und war neugierig, welche Geheimnisse sie
ihm offenbaren würde. «Oh, ja. Und das schon seit fast 2000 Jahren!»
Sin war überrascht, er hatte nicht gewusst, dass Senthil so alt war. Eine ge-
    fährliche Nachlässigkeit! Ehrlich interessiert schaute er Anvea an und warte-
te, dass sie mit ihrer Erzählung fortfuhr.
Die Fee lächelte zufrieden. Sie hatte nun seine volle Aufmerksamkeit.
Sorgfältig ordnete sie ihr klassisches Gewand neu, trank aus einem riesigen
Pokal und erzählte schließlich mit einem koketten Augenaufschlag weiter.
«Als Senthil ein junger Mann und noch sterblich war, begegnete er eines Ta-
ges einer hübschen Feentochter. Er war der älteste Sohn eines bedeutenden
Stammesfürsten und das Mädchen nur das angenommene Findelkind einer
armen Familie. Zweifellos hatten diese Leute das Bedürfnis, den Göttern für
ihre sieben Söhne zu danken und brachten es deshalb nicht übers Herz, das
arme ausgesetzte Baby einfach seinem Schicksal zu überlassen, wie das jeder
andere getan hätte.» Gerührt wischte sie sich eine kleine Träne aus dem Au-
genwinkel. Anvea mochte grausam sein, aber sie selbst war Mutter und hatte
für Kinder eine Schwäche. Die Fee bemerkte, dass Sins Gedanken abschweif-
ten, und beeilte sich fortzufahren. «Senthil verliebte sich in die hübsche junge
Frau und hielt zum Entsetzen seiner Eltern um ihre Hand an.
Ihre Familie, besonders ihre Brüder, drängten sie zu der Verbindung. Aber
das Mädchen war bereits eines Nachts ihrem Seelenpartner begegnet und
kannte keine andere Liebe als die seine. Weil sie Senthils Hand zurückwies,
geriet dieser in Wut und nahm sich mit Gewalt, worauf er glaubte, ein Recht
zu haben. Er schlug das Mädchen anschließend halb tot und ließ sie in dem
kleinen Wäldchen zurück, in das er sie zum Stelldichein gelockt hatte. Dort
fanden ihre Feenverwandten sie sterbend und schworen dem Fürstensohn
ewige Rache.
Ihr heimlicher Verehrer war ein sehr junger Vampir und als er in der dar-
auf folgenden Nacht vom Tod seiner einzigen Liebe erfuhr, forderte er ihren
Mörder heraus, tötete ihn und ging am nächsten Morgen ins Licht. Allerdings
nicht ohne Senthil dabei ein ganz besonderes ›Geschenk‹ zu hinterlassen: Un-
sterblichkeit.»
Anvea schaute auf. Ein Schatten schien über ihr Gesicht zu huschen und
Sin hatte plötzlich den Verdacht, dass sie am Fortgang der Ereignisse nicht
ganz unbeteiligt gewesen war. Ihre Stimme verriet jedoch nichts, als sie fort-
fuhr: «Die Familie der geschändeten Fee schwor, dass Senthil niemals eine
Seelenpartnerin finden würde. Sie töteten seine sterblichen Verwandten und
streuten die Erinnerung an sein Volk in alle vier Winde.»
    Sin empfand beinahe Mitleid mit Senthil. Das Dasein eines Vampirs war
von Einsamkeit geprägt. Aus diesem Grund fühlten sich die meisten der er-
schaffenen Vampire den Nachkommen ihrer Familien auf besondere Weise
verbunden und hielten nicht selten ihre schützende Hand über sie. Die Rache
des Feenvolkes, ihm die familiäre und kulturelle Identität zu nehmen, war
wirklich grausam gewesen.
Dann entsann sich Sin wieder seiner Mission und sagte: «Das hast du wun-
derbar erzählt! Aber willst du tatsächlich einen Krieg zwischen den Welten
anzetteln, damit dieser Unwürdige seine Rache hat?»
«Natürlich nicht!» Anvea blickte sich misstrauisch um, dann flüsterte sie:
«Das würde meine Mutter mir nie verzeihen!»
Sin unterdrückte ein Lächeln. Er kannte Anveas Mutter gut genug, um zu
wissen, dass es in der

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