Der Venuspakt
Transit – aber die Götter schien das nicht zu inte-
ressieren.
Kein Sterblicher konnte sich an das letzte kosmische Ereignis dieser Art
erinnern, Asher jedoch sehr wohl. Und wie jedes Mal standen auch jetzt die
Vorzeichen auf Sturm. Er überlegte, ob Kieran ihn deshalb hierher bestellt
hatte. So kurz vor dem Termin drehten einige der männlichen Vampire schier
durch. Zum ersten Mal schien auch er gefährdet zu sein, den Verstand zu ver-
lieren. Es war wohl Venus selbst, die ihn anfällig für den besonderen Charme
dieses Feenkindes machte, denn Geld und Macht besaß er wahrlich genug.
Die Frauen ließen sich an der Bar nieder und bestellten munter schwatzend
ihre Getränke. Kurz darauf betrat eine Gruppe von Lykanthropen das Lokal.
Werwölfe traf man selten alleine an. Asher, der wie alle Alpha-Vampire ein
ausgesprochener Einzelgänger war, fand die lärmende Bande gut gelaunter
junger Leute äußerst unangenehm. Zu allem Überfluss lächelte das Feenkind
beim Anblick der Neuankömmlinge so glücklich, dass er gerade noch ein
Knurren unterdrücken konnte. Aus schmalen Augen beobachtete er missbil-
ligend, wie sie sich in die Arme eines hoch gewachsenen Blonden stürzte, der
aussah, als wäre mit ihm nicht zu spaßen.
Asher hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht, aber er konnte hier un-
möglich eine Auseinandersetzung provozieren. Stattdessen konzentrierte er
sich auf sein zur Neige gehendes Getränk. Dabei entging ihm der forschende
Blick der rothaarigen Frau.
Auf ihrem Weg zu dem beliebten Szene-Treffpunkt, in dem sie sich mit
Erik verabredet hatten, verspürte Nuriya heute schon zum zweiten Mal die-
ses merkwürdige Kribbeln unterhalb ihrer Nasenwurzel und konnte nur mit
Mühe ein Niesen unterdrücken. Selena schaute sie besorgt an: «Du hättest
doch deine Jacke anziehen sollen!»
«Damit ich sie den ganzen Abend herumschleppen muss? Ich finde es heute
ziemlich warm. Nein, ich glaube eher, mein Heuschnupfen meldet sich wie-
der zurück.»
«Dagegen habe ich ein wunderbares Mittel. Erinnere mich nachher daran,
es dir zu geben!»
«Hoffentlich wirkt es anders als letztes Mal, als ich noch drei Tage nach deiner
Behandlung grüne Ohren hatte und mich nirgendwo sehen lassen konnte.»
«Sie waren nicht grün!», protestierte Selena.
«Oh, doch, das waren sie – und spitz obendrein!»
«Ein Anfängerfehler! Ich habe inzwischen mit Estelle geübt und bin viel
besser geworden! Wirklich, ich werde dich nicht verhexen!», schmollte Se-
lena und Nuriya musste lachen: «In Ordnung. Ich probiere dein Mittelchen!
Aber jetzt Schluss mit Magie. Wir sind da.
Gemeinsam betraten sie das ›Refugium‹ und hielten nach Erik Ausschau.
Als ihre Schwester ihn nirgends entdecken konnte, schlug Nuriya vor, an der
Theke zu warten.
Sie fühlte sich ein wenig unwohl, während sie versuchte, sich trotz ihrer
flachen Absätze einigermaßen elegant vorwärts zu bewegen. Dabei hoffte sie,
dass die interessierten Blicke ihrer Schwester galten und nicht ihr selbst. «Ich
hätte vielleicht doch die Jacke mitnehmen sollen ...», murmelte sie und zog
ihr geliehenes, bauchfreies T-Shirt ein kleines Stück weiter herunter. Es war
zu eng und eigentlich auch zu kurz für ihren Geschmack, aber zu Hause hatte
sie sich von Selena überzeugen lassen, dass dies die perfekte Ergänzung zu ih-
rer weiten Hose mit den aufgesetzten Taschen sei und ihre schmale Taille aufs
beste zur Geltung bringen würde. Ihren nicht eben kleinen Busen offenbar
auch, stellte sich nun heraus, da bereits der dritte Mann einen längeren Blick
riskierte. Nicht, dass sie besonderen Wert auf diese Art von Aufmerksamkeit
gelegt hätte.
Selena winkte nach dem Barkeeper, der sich bemühte, ihre Bestellung so
schnell wie möglich auszuführen.
Nuriya wusste, dass Selena viel schüchterner war als Estelle, ihre Zwillings-
schwester. Wie schaffte sie es nur, trotzdem so perfekt zu wirken? Ihr selbst
war bereits warm geworden; sie spürte, wie die ersten Strähnen sich schon
wieder vorwitzig über ihre Schultern kringelten, und das Kribbeln machte sie
ganz nervös.
«Entspann dich, Schwesterlein!» Selenas kühle Hand auf ihrem Arm übte
sofort eine beruhigende Wirkung aus. Sie war glücklich, dass Nuriya mitge-
kommen war und freute sich schon darauf, sie endlich ihrem Freund Erik vor-
stellen zu können.
«Keine Magie!», warnte Nuriya lächelnd. Aber sie lehnte sich folgsam zu-
rück und nahm einen Schluck vom Martini, den
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