Der Venuspakt
und in der Luft lag ein ange-
nehmer Duft frischer Sauberkeit. Sie lebte!
Aber ganz tief in einer kleinen Kammer ihrer Seele flüsterte ihr eine Stim-
me zu, dass sie es nicht geschafft, dass sie ihren letzten Atemzug getan hatte.
Und dass das Leben nie wieder sein würde wie zuvor.
Widerstrebend öffnete Nuriya ihre Augen und richtete sich diesmal behut-
sam auf. Das Zimmer hatte sich nicht verändert. Erleichtert blickte sie sich
um. Irgendetwas war seltsam, doch so sehr sie überlegte, sie kam nicht dar-
auf. Die spärliche Beleuchtung war es nicht. Gab es in Krankenhäusern nicht
immer eine Notbeleuchtung? Doch dieser Raum wirkte so gar nicht wie ein
Krankenzimmer. Wo war sie? Erschöpft ließ sie sich wieder in die Kissen sin-
ken. «Zu anstrengend, diese Gedanken», befand sie und glitt wenig später in
die sichere Ruhe schläfriger Dunkelheit zurück. Sie spürte, wie sich jemand über sie beugte.
«Sie atmet!» Die Stimme klang erleichtert.
«Natürlich tut sie das!»
«Warum erwacht sie nicht?»
«Wie kann sie mitten am Tag erwachen?» Die Stimme lachte kehlig. «Kier-
an, hör auf, so nervös auf und ab zu laufen. Sie ist ein Feenkind, wie hättest du
sie sterben lassen können?»
Stille.
«Was habe ich dir angetan! Lebe! Lebe für mich!»
Gleichmäßig tropfte eine dunkle Flüssigkeit durch den transparenten
Schlauch. Blut. Das zumindest erschien logisch. Wenn jemand mit einem
Messer angegriffen wurde, dann war es wahrscheinlich, dass er dabei viel Blut
verlor. Der Beutel schien neu zu sein. Er war fast voll. Wo auch immer sie war,
man sorgte für sie. Nuriya schloss erleichtert ihre Augen.
«Müsste sie nicht allmählich aufwachen?»
«Es ist doch nichts schief gelaufen?» Zwei Schatten beugten sich über Nu-
riyas Lager.
«Das würde Kieran töten! So habe ich ihn noch nie erlebt!»
«Verständlich, wenn man sein Schicksal bedenkt.»
«Sei still! Nicht hier! Sie könnte uns hören.»
«Hallo?» Nuriya beschloss, der Ungewissheit ein Ende zu machen.
«Willkommen, Feenkind!» Sie öffnete vorsichtig die Augen. So rasch hätte
sie nicht mit einer Antwort gerechnet.
«Was ist geschehen?»
«Kleines, jemand hat versucht, dich zu töten!» Im kühlen Gesicht der Frau
an ihrem Bett las sie nur Freundlichkeit.
«Ich habe das nicht geträumt?»
«Nein. Und auch wenn du in den nächsten Tagen das eine oder andere Mal
an deinem Verstand zweifeln möchtest: Es ist wahr! Eine neue Zeit ist für dich
angebrochen. Aber darüber sprechen wir später.» Die Fremde tätschelte ihre
Hand.
«Deiner Schwester geht es gut – und nun schlaf!», beantwortete sie Nuriyas
ungestellte Frage.
Die Fremde erneuerte den Beutel Blut mit professioneller Sicherheit und
verschwand anschließend so überraschend, wie sie erschienen war.
Nuriya folgte ihrem Rat. Kaum waren ihre Augen geschlossen, begann der
Traum ...
Zuerst folgte sie auf sanften Pfoten der Beute durch die Wälder. Doch rasch
gesellte sich ein weiterer Herzschlag zu dem ihren und der Jäger an ihrer Seite
war ein alter Gefährte. Diesmal hatte er von Anfang an ein Gesicht: Kieran.
Er griff nach ihrer Hand und Seite an Seite stoben sie durch das Unterholz.
Weniger, um Wild zu stellen, wie Nuriya erstaunt bemerkte, als des gemeinsa-
men Erlebens willen. Verwirrt blieb sie stehen. Der Mann tat es ihr gleich und
lächelte sie aufmunternd an.
Während die Welt sich Schwindel erregend um die beiden drehte, fanden
sie Halt aneinander. Behutsam begann Kieran, mit seinen Händen die Kontu-
ren ihres Gesichts zu erforschen. Mit dem Daumen fuhr er zärtlich über ihren
Mund, der sich sogleich erwartungsvoll öffnete. Kieran zog sie, bestärkt durch
diese Reaktion, dichter an sich heran und überlegte noch, ob er es wagen
könnte, sie zu küssen, als er in ihren Augen bereits die Antwort las.
Erfreut gab er seinem Verlangen nach und kostete ihre weichen Lippen. We-
nig später hatten sich ihre Zungen gefunden und begannen ein freches Spiel.
Längst erinnerten die spitzen Eckzähne ihn schmerzhaft an seine wahre Na-
tur und mit einem Stöhnen zwang er sich zur Disziplin.
Sie aber schien dies als Provokation zu empfinden und öffnete Knopf für
Knopf Kierans Hemd. Als ihre Fingernägel blutige Spuren auf seiner Brust
hinterließen, war es um seine Selbstbeherrschung geschehen. Mit fiebrigen
Bewegungen bemühte er sich, ihr Kleid aufzuknöpfen, bis sie völlig nackt vor
ihm stand. Bewundernd betrachtete er ihren herrlichen Körper
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