Der Venuspakt
Es war offensichtlich, dass Kieran in dieser
Stimmung keinen männlichen Vampir in Nuriyas Nähe dulden würde.
Angelina glitt in Kierans Schlafzimmer und beugte sich über das Feenkind.
Nach kurzem Zögern legte sie der Bewusstlosen beide Hände auf die Schläfen.
Sofort spürte sie die Furcht und Verwirrung des Mädchens.
«Was denkst du, wie lange es dauern wird, bis sie erwacht?», fragte Kieran,
beunruhigt von Angelinas Gesichtsausdruck.
Die schüttelte ihren Kopf und warnte: Nicht hier! Sie kann uns möglicherweise hören! Dann fuhr sie laut fort: «Das Mädchen ist stark. Sie wird es schaffen!
Wenn du möchtest, werde ich in ein paar Stunden wiederkommen, um nach
ihr zu sehen.»
Unhörbar für die Kranke fügte sie hinzu: Ich hatte geglaubt, die Fähigkeit, ihre Magie vor uns zu verbergen, hätte sie dem Amulett zu verdanken. Aber ich habe mich
geirrt. Selbst wenn ich sie berühre, kann ich ihre Feenherkunft nur sehr schwach spü-
ren.
Kieran nickte zustimmend und geleitete Angelina zur Tür, nachdem diese
der Ohnmächtigen das Venus-Amulett behutsam um den Hals gelegt hatte.
Wieder allein mit Nuriya wechselte er die leere Blutkonserve, die an einem
Metallgestell hing, gegen eine frische aus. Er hatte sich für diese Methode der
Versorgung entschieden, denn würde er versuchen, allein ihren Verlust auszu-
gleichen, müsste er eine extreme Schwächung seiner eigenen Energie in Kauf
nehmen. Das aber wollte Kieran nicht riskieren. Gerade jetzt brauchte er 100
Prozent jeder einzelnen, ihm zur Verfügung stehenden Fähigkeiten, um für
ihre Sicherheit zu garantieren.
Einen Toast auf die vampirische Blutbank der Winterfelds , dachte er zynisch und
ließ sich mit seinem gut gefüllten Glas schließlich in den Sessel neben Nuri-
yas Bett sinken. Mit geschlossenen Augen genoss Kieran die Kraft des heran-
nahenden Morgens.
Der neue Tag weckte Erik aus seinem magischen Schlaf. Unruhig warf er
sich auf seinem Lager hin und her, bis die Tür geöffnet wurde und Angelina
hereinschaute.
«Guten Morgen, Erik!»
«Wo ist Selena?»
«Sie schläft nebenan.»
Erik sprang auf, eilte zu der Tür, auf die Angelina gewiesen hatte, und riss
sie auf. Auch ohne die Fähigkeit, sie lesen zu können, hätte die Vampirin ihm
deutlich angesehen, wie seine Gedanken rasten. Er wusste nicht, wo und wie
er hierher gekommen war. Doch im Moment ging es ihm ausschließlich um
das Feenkind.
Als er sie sah, dämmerte die Erinnerung in seinem Gesicht, und voller Angst
beugte er sich über die Geliebte. Erst als er sich vergewissert hatte, dass Selen-
as Wunde gut verbunden war und sie friedlich schlummerte, drehte er sich
um und lächelte charmant: «Guten Morgen, mein unbekannter Engel!»
Angelina kicherte. «Lass das bloß meinen Mann nicht hören! Donates ist
sehr eifersüchtig!»
«Findest du?» Donates war ihr gefolgt und legte nun besitzergreifend sei-
nen Arm um ihre Schultern.
«Ja, mon cher, das finde ich», lächelte sie und beobachtete dabei, wie Erik
die Gelegenheit nutzte, seine Blöße zu bedecken.
Donates warf ihm ein Bündel sauberer Kleidung zu und grollte: «Nebenan
ist ein Bad. Zieh dich an, wir müssen reden!»
Angelina grinste: «Süß, dieser Werwolf, nicht wahr?» Donates sah aus, als
wollte er ihr den Hals umdrehen und sie beeilte sich, ihn zu beruhigen: «Lie-
bes, entspann dich! Du weißt ganz genau, dass ich mich nur für dich interes-
siere. Es gibt keine Grund, den armen Erik anzufeinden!»
«Diese Kerle sind alle hinter dir her», knurrte Donates, musste dabei jedoch
schon lachen und zog die Geliebte in seine Arme.
Mit wenig mehr am Leib als einem frechen Grinsen, das feuchte Haar frot-
tierend, kam Erik schließlich aus der Dusche und unterbrach die hitzige Be-
gegnung der beiden Vampire. Höflich und vor allem Donates zuliebe drehte
Angelina sich um, während der junge Werwolf seine geborgte Kleidung über-
streifte.
«Was ist geschehen?», fragte er über die Schulter.
Sie berichteten ihm von den Ereignissen der vergangenen Nacht. Was Nu-
riyas Rettung betraf, nahmen sie Erik das Versprechen ab, Stillschweigen zu
bewahren.
«Also ist sie die Auserwählte und das erste Siegel ist gebrochen. Drei, sagt
ihr, gibt es. Was nun?», fragte Erik und sog begierig den Duft von Selenas Fe-
enblut ein, der immer noch in der Luft hing. Die Vollmondnacht war nur noch
wenige Tage entfernt.
«Sie wird sich wieder erholen!»
«Das meine ich nicht. Was passiert, wenn sie keine
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