Der Venuspakt
hat, kann ich euch auch
nicht sagen. Ich mache mir deshalb ebenso große Sorgen wie ihr. Besonders
um meine Schwester Estelle, die von alldem überhaupt noch nichts weiß.
Dass ihr mich nicht spüren könnt, liegt nicht an euch – ich erhalte ein we-
nig Unterstützung.»
«Aber wie ...?», hob Donates erstaunt an.
«Das würde mich auch interessieren!» Die Luft schimmerte und Kieran
stand wie ein dunkler Krieger im Raum. Seine Stimme jagte kleine, aufregen-
de Schauer durch Nuriyas Körper.
Zu blöd, dass sie schon wieder niesen musste. Ärgerlich nahm sie das ange-
botene Taschentuch aus Kierans Hand. Dann hob sie widerspenstig ihr Kinn.
«Das bleibt mein Geheimnis!»
Ein Lächeln schien Kierans Mundwinkel zu umspielen. Doch sie hatte sich
wohl geirrt, denn völlig emotionslos sagte er: «Wie du willst! Um deine Schwes-
ter musst du dir keine Sorgen machen. Asher wird ein Auge auf sie haben.»
In diesem Moment kehrten Selena und Erik zurück.
«Ich bringe Lena jetzt nach Hause und werde bei ihr bleiben. Morgen Abend
habe ich allerdings dringende Familienangelegenheiten zu erledigen und
könnte Unterstützung gebrauchen.»
«Wir kümmern uns darum!» Kieran nickte.
«Wartet! Ich komme mit euch!» Nuriya wollte sich den beiden anschließen.
Kieran verstellte ihr den Weg. «Du bleibst hier!», befahl er.
«Wie bitte? Das glaube ich nicht!» Nuriya versuchte vergeblich, an ihm
vorbeizugelangen. Schließlich starrte sie empört hinauf in sein arrogantes
Gesicht. Diesmal hatte sie sich nicht geirrt. Er grinste! Sie hätte am liebsten
wütend mit dem Fuß aufgestampft oder ihm einen schmerzhaften Tritt ans
Schienenbein versetzt.
Angelina fand, dass es Zeit wurde einzugreifen. Mit ruhiger Stimme sagte
sie: «Nuriya, bitte, wir sind überzeugt, dass der Angriff dir galt. Nirgendwo
bist du sicherer als in Kierans Haus. Niemand gelangt ohne Einladung hier
hinein.»
«Ganz davon zu schweigen, dass es auch niemand wagen würde!», knurrte
Donates.
Nuriya hatte ihren Gastgeber also richtig eingeschätzt. Sogar seinesgleichen
hielten ihn für gefährlich! Vorsichtig trat sie einige Schritte zurück.
«Du bist nicht sehr hilfreich, Donates!» Kierans Stimme klang schneidend.
Dann tat er etwas völlig Unerwartetes. Er schnappte sich Nuriya, warf sie über
die Schulter und begann mit großen Schritten die Treppe hinabzustürmen.
«Neandertaler!», schimpfte sie erschrocken und gewann gerade noch recht-
zeitig ihre Fassung zurück, um nicht wütend auf seinen Rücken zu trommeln.
Wie entwürdigend!
Ihre Freunde starrten mit offenem Mund hinter den beiden her.
«Es besteht Hoffnung!», grinste Angelina schließlich und schob die erstaun-
te Selena zur Tür. «Mach dir keine Sorgen. Hunde die bellen, beißen nicht!»
Dann fing sie hysterisch zu kichern an, zwinkerte Erik zu und rief über die
Schulter: «Wir sehen uns!»
Donates rollte mit den Augen. «Du bist albern, mein Engel!» Lachend
schmiegte sie sich an ihren Geliebten. «Lass uns gehen. Wir werden vorerst
nicht gebraucht!»
Kieran spürte, wie die Vampire sein Haus verließen, und eine vertraute
Sehnsucht streifte sein Herz. Die beiden strahlten ein so tiefes Einvernehmen
aus, wie es nur Seelenpartnern möglich war.
«Lass mich runter, du Höhlenmensch!», riss ihn Nuriyas erboste Stimme
aus seinen Gedanken. Sie war es leid, wie ein Sack Kartoffeln über Kierans
Schulter zu hängen, während der offenbar vergessen hatte, dass es sie über-
haupt gab.
Mit einem tiefen Seufzer stellte Kieran sie schließlich behutsam zurück auf
ihre Füße. So nahe vor ihm stehend, vergaß Nuriya alle Beschimpfungen, die
gerade noch auf ihrer Zunge gelegen hatten.
Atemlos schaute sie zu ihrem Entführer auf. Ihre Lippe zitterte dabei leicht
vor Empörung und das war mehr, als Kieran verkraften konnte. Ohne nachzu-
denken, zog er sie an sich und tat, was er schon die ganze Zeit tun wollte. Er
küsste sie.
Überrascht erstarrte Nuriya. Aber ganz allmählich schmolz etwas in ihr. Sie
ließ sich weich gegen ihn sinken und öffnete ihre Lippen, um seinen Kuss zu
erwidern. Ihr Blut schien kleine aufgeregte Wellen zu schlagen und die Welt
um sie herum versank ins Bedeutungslose.
Umso größer war der Schock, als sie sich plötzlich fortgestoßen fühlte und
Kieran vor ihr zurückwich. Im Gegensatz zu ihr schien er nichts bei dem fan-
tastischen Kuss empfunden zu haben. Mit kalter Stimme informierte er sie,
dass sie sich völlig frei bewegen
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