Der Venuspakt
Transformation.
Doch bis es so weit war, würde er seinen Job weitermachen, und es gab Ge-
rüchte, denen er nachgehen sollte. Hinter vorgehaltener Hand flüsterte man,
dass die dunkle Allianz gegen die Erneuerung des Venuspakts erstarkt war
und es konkrete Pläne gab, den sensiblen Frieden zu stören.
Der Vengador war nicht überrascht, als einer seiner Informanten in diesem
Zusammenhang Senthils Namen nannte. Erstaunt war er jedoch, dass auch
eine Vertreterin der Feeninteressen verdächtigt wurde, doppeltes Spiel zu
treiben: Órla, die hiesige Repräsentantin des Rats und Inhaberin des Hellfire-
Clubs. Nuriya war wahrlich in die Höhle des Löwen geraten, denn auch Sent-
hil befand sich in der Stadt. Angeblich, um hier Geschäfte zu tätigen.
Die Feenwelt dagegen schien den Atem anzuhalten und gespannt die Ereig-
nisse aus sicherem Abstand zu beobachten. Auch das bereitete Kieran Sorge
und er fragte sich, was sie im Schilde führten. Sie mochten sich zwar ›Vertreter
des Lichts‹ nennen, aber das hieß keineswegs, dass ihre Seelen rein und frei
von Bosheit waren. Im Gegenteil, viele Feen galten als ausgesprochen arglistig
und hatten große Freude am Missgeschick anderer.
Erfreut zog Nuriya am folgenden Abend ein langes, raffiniert geschnittenes
Leinenkleid in schmeichelnden Grüntönen aus dem Schrank. Wer auch im-
mer diese Garderobe hier zurückgelassen hatte, sie schuldete der Unbekann-
ten Dank für ihren guten Geschmack.
Eine schüchterne Stimme in ihrer Seele wünschte sich, Kieran mochte sie
auch heute zu einem gemeinsamen Ausflug entführen. Deshalb hatte sie ein
Kleid gewählt, von dem sie hoffte, dass seine Farbe das Grün ihrer Augen noch
intensiver leuchten ließ.
Nachlässig steckte sie ihr Haar auf. Egal wie sehr sie ihre Frisur zu bändi-
gen versuchte, die seidigen Locken befreiten sich im Nu wieder und gaben
ihr das Aussehen einer Windsbraut. Und neuerdings gefiel ihr das sogar. Sie
fühlte sich genau so, als sei sie in einen Sturm geraten, von einer mächtigen
Böe hin- und hergeschleudert und schließlich zerzaust und atemlos zurück-
gelassen worden, bevor der nächste Windstoß sie wieder in eine völlig andere
Richtung schleuderte.
Es wurde Zeit, dass sie die Kontrolle über ihre Weiterreise zurückgewann.
Oben im Wohnbereich war niemand zu sehen. Gedankenverloren grub Nu-
riya ihre Zehen in den dicken, flauschigen Teppich, hob ihr Kleid ein wenig an
und tänzelte zu den weit geöffneten, hohen Fenstern.
Der Abend war, wie erhofft, ungewöhnlich mild für Anfang Mai, und Nuri-
ya lächelte erfreut. Sie genoss das Gefühl der sanften Brise, die warm über ihre
Haut strich. Nie zuvor waren ihre Sinne so geschärft gewesen wie in diesem
Moment. Die Geräusche der Stadt drangen zu ihr herauf. Eine Katze miaute,
ein Kind weinte sich leise in den Schlaf und irgendwo raschelte wertvolle Sei-
de, als eine Frau ihr Kleid für die Oper überstreifte.
«Eine herrliche Nacht!»
Sie machte vor Schreck einen Satz und wurde von starken Armen festge-
halten.
«Teufel!»
«Aber nein – zu viel der Ehre!» Kieran klang amüsiert. «Ich sehe, du hast
dich bereits passend gekleidet. Wir machen einen Ausflug aufs Land!»
Es gab so viel Unbekanntes in ihrem neuen Dasein. Würde der bedrohliche
Vampir bereit sein, wenigstens einige dieser Geheimnisse für sie zu lüften?
Nuriya nahm ihren Mut zusammen. «Ich komme mit. Aber nur, wenn du mei-
ne Fragen beantwortest!»
Erschrocken über ihre Frechheit hielt sie den Blick auf seine Schuhspitzen
geheftet und wartete atemlos auf seine Antwort.
«Mylady!»
Neugierig schaute Nuriya ihn an. Kieran verbeugte sich mit undurchsichti-
ger Miene und reichte ihr seinen Arm. Nur ein Muskel an seinem Mundwin-
kel schien zu zucken.
Sie lachte über den altmodischen Charme dieser Geste. «Also gut. Lass uns
gehen!»
Würde er sie wieder küssen? Als sie an seine Zärtlichkeiten dachte, wurde
ihr schwindelig. Unwillkürlich griff sie nach seiner großen, warmen Hand,
spürte sofort den inzwischen vertrauten nebligen Wirbel und schloss vor-
sichtshalber die Augen.
Als sie wieder festen Boden unter den Füßen fühlte, erkannte sie überrascht
eine märchenhafte Landschaft, die, in silbernes Mondlicht getaucht, völlig
irreal wirkte. Andächtig machte sie ein paar Schritte, verharrte kurz in der
Bewegung und warf dann glücklich lachend die Arme in die Luft. Auf bloßen
Sohlen tanzte die Feentochter über die nächtliche
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