Der Venuspakt
bestraft! Im Übrigen tut es auch eine
Blutkonserve, wiewohl, ...», jetzt grinste Angelina, «das Trinken von einem
willigen Opfer seinen ganz besonderen Reiz hat. Doch das wirst du selbst bald
herausfinden!»
Sie erhob sich und streckte die Hand nach Nuriya aus. «Genug für heute! Du
solltest dich ausruhen.»
Nuriya fühlte sich auf einmal erschöpft, ihre Augenlider wurden schwer.
Misstrauisch blickte sie Angelina an. Die lachte: «Ich bin Heilerin. Was du
gerade spürst, ist in der Tat meine Schuld. Aber sei unbesorgt, es ist nicht zu
deinem Schaden. Morgen wird es dir schon viel besser gehen!»
Nuriyas Worte klangen bereits undeutlich, als sie sich in der Tür noch
einmal nach ihrer Schwester umdrehte: «Du hast das alles gewusst, nicht
wahr?»
Selena schaute verlegen zu Boden und nickte: «Erik hat mir das meiste
schon erzählt.»
Das Letzte, was Nuriya in dieser Nacht wahrnahm, war die sanfte Stimme
der Heilerin in ihrem Kopf: Deine Schwester hat ihr eigenes Schicksal zu meistern. Vertraue deinen Gefühlen!
Am nächsten Abend erwachte sie tatsächlich erholt und sehr unterneh-
mungslustig. Nuriya spürte ihre Schwester in den oberen Räumen. Selena
wirkte nervös und ärgerlich. Draußen vor dem Haus schien eine Auseinander-
setzung stattzufinden. Geh weg! , piepste jemand aufgeregt. Warum? Das ist mein Platz! Geh du doch!
Aber ich war zuerst hier ...!
Der Rest des Streits ging in schrillem Gezwitscher und wildem Flügelschla-
gen unter, und Nuriya wurde plötzlich klar, dass sie Zeugin eines Konflikts
zwischen zwei Amseln geworden war.
Tierstimmen? Oh, Himmel! Was kommt noch?
Verwirrt floh sie unter die Dusche und streifte anschließend ein leich-
tes Sommerkleid über, das sie im Schrank gefunden hatte. Vor dem Spiegel
schlang sie die langen Haare zu einem festen Knoten zusammen. Wieder kam
es ihr so vor, als hätte ein heimlicher Maskenbildner bereits sein Werk getan.
Sogar die Wimpern schienen in den letzten Stunden länger geworden zu sein.
Wie ein dichter Vorhang legten sie sich über die cremeweiße Haut, als Nuriya
ihre Lider senkte. Das wirbelnde Grün ihrer Augen verursachte einen leichten
Schwindel, wenn sie zu lange in den Spiegel blickte. Diese Verwandlung hatte
ihren Preis und Nuriya fürchtete sich vor der Abrechnung. Ninsun?
Was kann ich für dich tun, Liebes?
Ich möchte, dass du mir hilfst, meine Präsenz zu verschleiern – so wie du es im
Hellfire getan hast.
Du willst sie beeindrucken! Ein Kichern perlte in Nuriyas Kopf.
Beeindrucken? Nein, aber ich muss wissen, was mit mir geschieht. Nuriya glaubte
beinahe hören zu können, wie Ninsun das Für und Wider abwog. Dann ent-
schied ihr Schutzgeist:
Einverstanden! Aber bald wirst du diesen einfachen Trick auch alleine beherr-
schen.
Im selben Augenblick spürte sie, wie ihre gesamte Erscheinung gewisser-
maßen neutralisiert wurde. Ein wenig fühlte es sich an, als würde sie in einem
Lift zu schnell in die Tiefe rasen, dann schwand der Druck in ihren Ohren und
Nuriya machte sich auf den Weg.
Behutsam öffnete sie ihre Zimmertür. Den Weg zur Treppe fand sie trotz der
Dunkelheit problemlos. Ihre Augen waren offenbar nach der Transformation
ebenfalls viel besser geworden.
Gerade wollte sie ihren Fuß lautlos auf die erste Stufe setzen, als ihre Nase
zu kribbeln begann und sie unvermittelt das Gefühl hatte, nicht mehr allein
zu sein. Nuriya erstarrte in der Bewegung und lauschte. Nichts. Auch als sie
sich umschaute, war niemand zu sehen.
«Guten Abend!»
Ihr Herz machte vor Schreck einen kleine Hopser. Kieran!
«Was lungerst du hier in der Dunkelheit herum?», fragte sie und bemühte
sich dabei um einen ärgerlichen Ton in ihrer Stimme.
«Ich habe auf dich gewartet!» Und mit einem verschwörerischen Lächeln,
das ihre Knie weich werden ließ, griff der Vampir nach Nuriyas Hand. «Komm!
Lass uns aufbrechen, ehe die anderen bemerken, dass du schon wach bist!»
Zögernd reichte sie ihm die Rechte.
«Es ist Zeit für deine erste Jagd.»
«Ist es wirklich wahr?» Angstvoll blickte sie ihn an. Für einen Moment
glaubte sie, Bedauern und Schmerz in seinem Gesicht zu erkennen, doch dann
waren die dunklen, markanten Züge wieder so kühl und unlesbar, wie zuvor.
«Du kennst die Antwort.»
Nuriya nickte beklommen.
«Angelina hat dir bereits gesagt, dass wir nicht töten müssen, um uns zu er-
nähren. Wenn du es willst, empfindet dein Spender Zufriedenheit oder sogar
Glück. Wichtig ist es, dass die
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